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Millionen-Kapitalzuschuss für KI-Firma „Novum“ in Dresden

Gehäuse-Entwurf für den Diagnose-Wechselrichter, der lebensverlängernd für Brennstoffzellen und Akkus arbeiten soll. Abb.: NOVUM

Gehäuse-Entwurf für einen Diagnose-Wechselrichter, der lebensverlängernd für Brennstoffzellen und Akkus arbeiten soll. Abb.: Novum

Geräte aus Sachsen sollen 2. Leben für Elektroauto-Akkus abklären

Dresden, 22. Oktober 2020. Die Risikokapitalgeber „Dr. Hettich Beteiligungen“ und der High-Tech Gründerfonds (HTGF) beteiligen sich mit einem Millionenbetrag an der Batterie-KI-Firma „Novum Engineering“ aus Dresden. Das hat der HTGF heute mitgeteilt, ohne allerdings die genaue Beteiligungssumme zu nennen. Laut Novum haben beide Anteilseigner bisher insgesamt rund 3,5 Millionen Euro in das Dresdner Unternehmen investiert.

Künstliche Intelligenz analysiert Verschleiß und Ladezustand der Batterien

Ingenieure aus den Sektoren „Hochtemperatur- Brennstoffzellen“ (SOFC) und „Automatisierungs-Technik“ hatten „Novum“ im Jahr 2014 gegründet. Neben Auftragsentwicklungen konzentrierte sich das Unternehmen mehr und mehr auf „künstliche Intelligenz“ (KI) und neuronale Netze für Energiesysteme. Die Novum-Geräte können mit speziellen Diagnoseverfahren zum Beispiel die Lebensdauer von Brennstoffzellen oder von Großbatterien verlängern.

Hat eigentlich Soziologie studiert, leitet jetzt aber ein Unternehmen voller Ingenieure: Geschäftsführerin Mandy Schipke erzählt auf der Messe "Karrierestart", wie das Dresdner Technologie-Startup "NOVUM" innerhalb eines Jahres nach der Gründung rentabel wurde. Foto: NOVUM

Hat eigentlich Soziologie studiert, leitet jetzt aber ein Unternehmen voller Ingenieure: Novum-Geschäftsführerin Mandy Schipke. Foto: NOVUM

Sekundenschneller Test auch dort, wo kein Netz anliegt

Mit dem neuen Millionenzuschuss wollen die Dresdner ihre Diagnosegeräte weiter verbessern. Einerseits lassen sich damit dann Großspeicher besser überwachen und optimieren. Anderseits soll neue Novum-Geräte binnen Sekunden und auch ohne aufwendige Datenverbindungen den Verschleißzustand von Elektroauto-Akkus überprüfen können, informierte Novum-Chefin Mandy Schipke. „Wir werden künftig auch eine Offline-Lösung anbieten, die Datenlücken selbstständig kompensiert.“ Dies ist zum Beispiel wichtig, wenn diese Akkumulatoren nach ihrem „ersten Leben“ als Auto-Energiespeicher noch ein „zweites Leben“ als Baustein in Stromnetz-Großspeichern führen sollen.

Das Novum-Team umfasst Batterieexperten, Big-Data-Analysten. KI-Spezialisten und andere Fachmänner und -frauen. Foto: Novum

Das Novum-Team umfasst Batterieexperten, Big-Data-Analysten. KI-Spezialisten und andere Fachmänner und -frauen. Foto: Novum

Dieses Konzept dürfte in wenigen Jahren eine weit größere Rolle als bisher spielen – dann nämlich, wenn die ersten Modelle der aktuellen Elektroauto-Offensive von VW & Co. ausgemustert werden oder die Hauptbatterien gewechselt werden müssen. Dann wird ein großes Angebot noch relativ leistungsstarker Lithium-Ionen-Altakkus auf den Markt kommen – die entweder entsorgt oder wiederverwendet werden können.

„Wenn man neuronale Netze zum Batteriemonitoring nutzt, musste man bislang immer online arbeiten und sensible Daten in eine Cloud schicken“, erklärte Mandy Schipke. „Gerade bei kritischer Infrastruktur wie Batteriegroßspeichern ist das aber nicht immer möglich. Die Kapitalspritze dient uns nun dazu, Batteriemonitoring auch offline nutzbar zu machen. Dazu wird eine kleine Hardwareplatine auf die Batterien gesteckt und diese bestimmt mittels automatisierten Mess- und Auswerteverfahren lokal den Batteriezustand.“

Der "Module Observer" von Novum wird auf einzelne Module von Großbatterien gesteckt und bestimmt dann den Zustand der Batterie. Er soll mit dem frischen Kapital weiterentwickelt werden. Foto: Novum

Der „Module Observer“ von Novum wird auf einzelne Module von Großbatterien gesteckt und bestimmt dann den Zustand der Batterie. Er soll mit dem frischen Kapital weiterentwickelt werden. Foto: Novum

 „Die meisten Batteriegroßspeicher bleiben unter ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten“

„Die Bestimmung von Lade- und Verschleißzustand bei Batterien ist aktuell in vielen Fällen noch eine Herausforderung“, haben die HTGF-Manager eingeschätzt. „Die meisten Batteriegroßspeicher arbeiten deshalb mit erheblichen Kapazitätsreserven und bleiben daher unter ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten zurück.“ Das Dresdner Batterietechnologie-Unternehmen Novum könne da mit künstlicher Intelligenz Abhilfe schaffen.

Die Anlage ist auf zwei Container verteilt. Foto: Heiko Weckbrodt

Stromnetz-Großbatterien wie hier in Dresden könnten künftig mit ausgemusterten Elektroauto-Akkus ausgestattet werden. Foto: Heiko Weckbrodt

Risikokapitalisten sehen großes Potenzial

Auch Risikokapitalist Andreas Hettich verspricht sich viel von den neuronalen Netzen der Dresdner: „Mit dem neuen Kapital wird aus dem patentierten Offline-Messverfahren von Novum nun ein Produkt, das neben bestehenden Großspeichern auch der Automobilindustrie zu Gute kommt“, betonte der Chef von „Dr. Hettich Beteiligungen“. „Zusätzlich zur Kapazität kann bei der Restwertermittlung jetzt auch berücksichtigt werden, für welchen Einsatzweck sich ausgediente Fahrzeugbatterien noch eignen und wie lange sie halten werden.“

Über Novum

Die Startmannschaft hatte unter anderem im Mobilitäts-Inkubator in der gläsernen VW-Manufaktur Dresden seine Geschäftskonzepte weiterentwickelt. Inzwischen umfasst das Novum-Team 17 Batterieexperten, Big-Data-Analysten. KI-Spezialisten und andere Fachmänner und -frauen. Hauptsitz und Entwicklungszentrum residieren in der Dresdner „Yenidze“. Die Produktion der Geräte übernehmen Auftragsfertiger (Foundries). Das Unternehmen hat mittlerweile vier Hauptgeschäftsfelder:

  • Wirtschaftlichkeitssteigerung von Batteriegroßsspeichern (z. B. für Stadtwerke oder Energieversorger)
  • Batteriezustandsbestimmung von Autobatterien / schnellere Ladevorgänge an normalen Ladesäulen und Restwert-Bestimmungausgedienter E-Fahrzeugbatterien
  • Effizienzsteigerung von Solarbatteriespeichern
  • Optimierung allgemeiner batteriebetriebener Geräte

„Im Bereich Großbatterien ist unsere Technologie dabei grade besonders gefragt“, erklärte Novum-Chefin Schipke. „Denn wir können durch neuronale Netze die nutzbare Batteriekapazität deutlich erhöhen und vollautomatisch Batterien so betreiben, dass sie möglichst lange halten.“ Neben KI-Technologien setze das Unternehmen auch die sogenannte „Impedanzspektroskopie“ ein, die es ursprünglich für die Lebenszeit-Verlängerung von Brennstoffzellen entwickelt hatte.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: HTGF, Novum, Oiger-Archiv

Zum Weiterlesen:

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Sachsen steckt zu wenig Ressourcen in KI-Aufholjagd

Lebensverlängernder Autopilot für Brennstoffzellen

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt