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U-235: Belgier als furchtlose U-Boot-Chaoten

Belgische Partisanen im deutschen U-Boot auf dem Weg gen USA. Szenenfoto: Eurovideo

Belgische Partisanen im deutschen U-Boot auf dem Weg gen USA. Szenenfoto: Eurovideo

Weltkriegs-Thriller schreibt Geschichte um: Atombombe war eigentlich flämisch

Belgien wird außerhalb der belgischen Landesgrenzen oft nur mit Waffeln, Schokolade, dem EU-Sitz und als alter Zankapfel benachbarter Großmächte wahrgenommen. Das ist natürlich ungerecht und daran will Regisseur Sven Huybrechts etwas ändern: Im U-Boot-Thriller „U 235“, der nun fürs deutsche Heimkino erschienen ist, hat er Belgien eine weit aktivere Rolle für den Ausgang des II. Weltkriegs zugewiesen als bisher bekannt.

Werbevideo (Eurovideo):

Die Story: Belgische Partisanen sorgen für US-Atombombe

Einer Gruppe belgischer Widerstandskämpfer reicht es nicht mehr, Nazis im Gros zu massakrieren und deutschen Generälen die Köpfe wegzusprengen. Sie schippern zum Kongo und bemannen und befrauen das erbeutete deutsche U-Boot“U-235″ – die Kennung ist eine Anspielung auf waffenfähiges Uran. Damit wollen sie eine Uranladung aus der belgischen Kolonie zu US-Präsident Franklin D. Roosevelt zu bringen, damit der daraus Atombomben gegen die Nazis bauen kann. Angeleitet vom gefangenen deutschen Käptn Franz Jäger (Thure Riefenstein) bricht der Chaotenhaufen um Anführer Stan (Koen de Bouw) und dessen Tochter Nadine (Ella-June Henrard) auf, um das Boot durch die feindlichen Reihen durch den Atlantik zu navigieren. Und natürlich gibt es dabei das volle Genre-Programm: Erzböse Nazis, Torpedo-Gefechte, Zerstörer, Wassereinbrüche, rotes Licht, berstende Nieten…

Nadine (Ella-June Henrard) ist mit Filip (Joren Seldeslachts) aus dem Partisanentrupp liiert. Szenenfoto: Eurovideo

Nadine (Ella-June Henrard) ist mit Filip (Joren Seldeslachts) aus dem Partisanentrupp liiert. Szenenfoto: Eurovideo

Wenig glaubwürdig im Detail, dafür viele Klischees

All dies ist leider wenig glaubwürdig inszeniert, dafür recht blutig. Was bei Quentin Tarantino noch als bewusst kalkulierte und bis in den Exzess gesteigerte Übertreibung durchgeht, wirkt hier arg klischeehaft. Da setzen die Flamen beispielsweise 1941 Bazookas ein, die die Amerikaner erst ein Jahr später erfinden. Da taucht der Chefwiderständler – ein klassisches Land-Ei – in 180 Metern Tiefe problemlos ums U-Boot herum, statt durch den Wasserdruck zerquetscht zu werden. Und mit einem VIIer U-Boot, vollgepackt mit schwerem Uran, über dem Atlantik zu kommen, war zwar nicht unmöglich, aber wenig wahrscheinlich. Und dass dieses Boot, stark beschädigt und antriebslos auf dem Meeresgrund liegend, allein durch bloßes Drehen von ein paar Ventilen – wohl um „anzublasen“ – wieder auftaucht, gehört eher ins Reich der Sagen und Mythen.

Fazit: Alles schon mal gesehen

All dies mag man noch als unwichtige Detail-Rechthaberei abtun. Aber auch Drehbuch und das Spiel der Akteure wirken eher laienhaft und holzschnittartig. Zu den Ausnahmen gehört da die flämische Schauspielerin Ella-June Henrard, aber auch sie vermag nicht, das Ruder dieses eher mittelmäßigen Films herumzureißen. Und Martin Semmelrogge („Das Boot“) wirkt als durchgeknallter SS-Offizier eher wie eine Karikatur seiner selbst. Neues vermag „U 235“ dem Genre des U-Boot-Thrillers nicht wirklich hinzuzufügen. Hat man alles schon gesehen.

Bluray-Hülle von "U-235". Abb.: Eurovideo

Bluray-Hülle von „U-235“. Abb.: Eurovideo

Kurzüberblick:

  • Titel: „U 235“
  • Originaltitel: „Torpedo“
  • Genre: Kriegsfilm
  • Produktionsland und -jahr: Belgien 2019
  • Länge: 103 Minuten (Bluray)
  • Regie: Sven Huybrechts
  • Darsteller: Ella-June Henrard, Koen De Bouw, Thure Riefenstein, Martin Semmelrogge u. a.
  • Boni: Werbevideo
  • Deutsche Veröffentlichung: Eurovideo, Oktober 2020
  • Preis: Videostrom: 13,60 Euro, Bluray 12 Euro, DVD acht Euro

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt