Deutscher Automobil-Zulieferer setzt in seinem neuen Chipwerk in Sachsen auf „Industrie 4.0“-Technologien
Dresden, 7. Oktober 2019. In der neuen Bosch-Chipfabrik im Dresdner Norden hat nun die Innen-Ausrüstung mit millionenteuren Hightech-Anlagen begonnen. Und wenn das Werk Ende 2021 mit der Pilot-Produktion von Auto-Schaltkreisen beginnt, wird es Maßstäbe setzen: Erstens ist die Milliarden-Fabrik die teuerste Einzelinvestition in der Geschichte des deutschen Elektronikunternehmens. Zweitens stellt Bosch dort erstmals anwenderspezifische Schaltkreise (Asic) massenhaft auf 300 Millimeter großen Silizium-Scheiben (Wafer) her. Drittens wächst das Werk in einem rekordverdächtigen Tempo – Bosch-Mobilitätschef Harald Kröger zeigte sich heute bei einem Besuch in Sachsen sehr beeindruckt von der Dresdner Effizienz.
5G-Funk, KI und Digitale Zwillinge sollen mehr aus der Fabrik herauskitzeln
Und viertes setzt der Konzern hier auf wegweisende „Industrie 4.0“-Technologien: Die Ingenieure rüsten das Werk mit 5G-Mobilfunknetzen und „Künstlicher Intelligenz“ (KI) aus, verwenden dort außerdem „Digitale Zwillinge“ und andere Hochautomatisierungs-Techniken. „Hier entsteht eine höchstautomatisierte Ingenieurs-Fabrik“, schätzte der künftige Fabrikchef Otto Graf ein. Er will die 5G-Netze beispielsweise später verwenden, um seine Maschinen fernwarten zu lassen. Und KI-Rechner sollen die riesigen Datenmassen („Big Data“) analysieren, die in modernen Chipwerken entstehen, um mehr Produktivität aus seiner Fabrik herauszukitzeln.
Weniger Jobs als früher und hohe Subventionen
Die Kehrseite dieser „Industrie 4.0“-Trends liegt auf der Hand: Beschäftigte solch eine Mikroelektronik-„Megafab“ früher typischerweise 3000 bis 5000 Menschen, hat Bosch für Dresden „nur“ rund 700 Arbeitsplätze versprochen, von denen bisher rund 200 besetzt sind. In den hochautomatisierten Chipfabriken von heute entstehen insofern weniger Jobs als früher. Von daher gibt es immer wieder Diskussionen über die hohen Subventionen, für die sich die sächsische Regierung seit Jahren in der Mikroelektronik einsetzt. Bosch zum Beispiel wurde zum „Besonders wichtigen Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse“ (englisch: IPCEI) erklärt und bekommt daher voraussichtlich etwa 30 Prozent seiner Milliarden-Investition in Dresden als staatliche Subventionen über verschiedene Kanäle zurückgezahlt.
Ohne Hochautomatisierung wäre Europas Mikroelektronik längst tot
Allerdings unterstreichen nicht nur Bosch, sondern auch Infineon, Globalfoundries und andere Unternehmen mit Chipfabriken in Europa immer wieder: Ohne Hochautomatisierung wäre die Mikroelektronik im Hochlohnland Deutschland schon längst weg vom Fenster, hätten die USA, Japan, Taiwan, China & Co. die Europäer ganz vom Markt verdrängt, zumindest in der Massenproduktion.
Bosch-Geschäftsführer: „Wir sind hier happy“
Auch sind die hiesigen Mikroelektronik-Manager nicht müde zu betonen, dass Chipfabriken die gesamte regionale Wirtschaft ringsum mitziehen und als Multiplikatoren für zusätzliche Umsätze und Jobs im Umfeld dienen. Zudem schaffen Chipfabriken besonders hochqualifizierte – und damit gut bezahlte – Jobs. Diese Arbeitsmarkt-Effekte funktionieren freilich nur, wenn die Unis und anderen Ausbildungseinrichtungen am Standort genug Hochqualifizierte hervorbringen. Und gerade dies wiederum sei ja einer der Gründe gewesen, warum sich die Konzernspitze letztlich doch nicht für Singapur, Grenoble oder den US-Bundesstaat New York entschieden habe, um die neue Superfabrik zu bauen, sondern eben für Sachsen, unterstrich Kröger: „Wir haben Dresden auch ausgewählt, weil wir erwartet haben, hier gute Mitarbeiter zu finden. Und diese Erwartung hat sich bisher mehr als erfüllt. Wir sind hier happy.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche, Bosch, Oiger-Archiv
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