Dresden verliert Rolle als Leitstandort im Konzernverbund
New York/Dresden, 9. Januar 2012: Der US-Auftragsfertiger „Globalfoundries“ (GF) wird im Bundesstaat New York neben seiner Chipfabrik 8 ein knapp zwei Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro) teures Forschungszentrum für neue Halbleitertechnologien errichten. Das kündigten Globalfoundries und der New Yorker Gouverneur Andrew M. Cuomo heute an. Damit verliert Dresden seine Rolle als Leitstandort im Unternehmensverbund.
1000 neue Jobs geplant
In Summe addieren sich damit die Investitionen, die GF bisher an seinem noch relativ jungen Standort im US-Bundesstaat New York getätigt hat und noch plant, auf über acht Milliarden Dollar (6,1 Milliarden Euro). Baubeginn für das 46.000 Quadratmeter große „Technology Development Center“ (TDC) nahe der Stadt New York soll noch Anfangs dieses Jahres sein, die Fertigstellung ist für Ende 2014 avisiert.
Dort sollen dann rund 500 Ingenieure, Materialwissenschaftler und andere Spezialisten dann zum Beispiel neue 3D-Chipstapel-Technologien und Fotomasken für die nächste Chip-Belichtungsgeneration, die Halbleiter mit „Extremen Ultraviolett“-Strahlen (EUV) erzeugt, entwickeln und in die benachbarte Fab 8 in die Produktionsreife überführen. Weitere zusätzliche 500 Jobs sollen in diesem Zuge in der Fab 8 entstehen.
EUV-Masken und 3D-Chipstapel. GF will Technologieentwicklung beschleunigen
„Der Schwerpunkt unserer Industrie verlagert sich vom PC hin zu mobiler Kommunikation“, erläuterte GF-Konzernchef Ajit Manocha die Entscheidung. „Wir sehen das wachsende Interesse unserer Kunden, schneller zu kleineren Strukturgrößen übergehen zu können. Um diese Entwicklung zu unterstützen, bauen wir Fab 8 zum führenden Technologiestandort für Globalfoundries aus. Die Unterstützung des Bundesstaats New York hat den Weg für diese Investition geebnet.“
New Yorker Gouverneur sieht seine Nanotech-Politik bestätigt
Der New Yorker Gouverneur Cuomo sieht damit seine Wirtschaftsförderpolitik bestätigt: „Diese wichtige Erweiterung zeigt, dass unsere Investitionen in die Nanotechnologieforschung im Bundesstaat New York die erwarteten Früchte trägt“, schätzte er ein. „New York ist zum weltweiten Zentrum für moderne Halbleiterforschung geworden, und das Technology Development Center wird dazu beitragen, dass diese Innovationen, die in Zusammenarbeit mit unseren Forschungseinrichtungen entwickelt wurden, auch in New York gefertigt werden.“
Erst im vergangenen Jahr konnte Cuomo die Ansiedlung des „Global 450“-Konsortiums in seinem Bundesstaat verkünden. Im Rahmen dieses Projektes wollen IBM, Intel, Samsung, TSMC und GF rund 4,4 Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro) in die Entwicklung serienreifer Fabriken stecken, die Chips nicht mehr auf 300, sondern auf 450 Millimeter großen Siliziumscheiben (Wafer) produzieren.
Bei all diesen Leitentscheidungen hatte Europa das Nachsehen: Auch hier wird zwar eine EU-Initiative für die stärkere Förderung von Schlüsseltechnologien (KET-Initiative) diskutiert, weil die Kommission inzwischen erkannt hat, dass Forschungsförderprogramme allein nicht ausreichen, um Hochtechnologie-Jobs in Europa zu halten und zu vermehren. Aber größere Investitionen sind dadurch bisher noch nicht zu Stande gekommen.
Die hiesige GF-Sprecherin Karin Raths betonte allerdings, dass Dresden weiter eine wichtige Rolle für den Konzern spielen werde, das es hier eine bereits eine stabile Chipproduktion in der Strukturgröße 28 Nanometer (Millionstel Millimeter) gebe, für die auf Jahre eine große Kundennachfrage zu erwarten sei. Auch werde die Technologieinvestition in den USA dem gesamten Unternehmen nützen, auch dem deutschem Standort.
3850 Mitarbeiter in Dresden – Unternehmen GF stellt auch hier weiter ein
In Dresden betreibt GF eine Mega-Fab mit derzeit rund 3500 festen und etwa 350 Leiharbeitern. Rechnet man ständig präsente Mitarbeiter von Drittfirmen hinzu, gehen im Dresdner Werk täglich bis zu 5000 Menschen ein und aus. Auch weiterhin sucht GF Dresden Ingenieure und Techniker. Zudem hatten GF und Toppan erst kürzlich weitere 100 Millionen Euro Investitionen in das Dresdner Chipmaskenzentrum AMTC bekannt gegeben, das unter anderem auch EUV-Masken entwickeln soll – aber eben in einer viel geringeren Größenordnung als künftig in den USA. „Wenn Europa etwas vergleichbares wie das TDC haben will, ist das letztlich eine Entscheidung der Politiker“, schätzte Raths mit Blick auf die aktive Förderpolitik der New Yorker ein. Heiko Weckbrodt
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