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Die Lasterplane als Kraftwerk

Dr. Jonas Sundqvist, Gruppenleiter Dünnschichttechnologien, zeigt Protoypen textiler Solarzellen. Foto: Fraunhofer IKTS

Dr. Jonas Sundqvist, Gruppenleiter Dünnschichttechnologien, zeigt Protoypen textiler Solarzellen. Foto: Fraunhofer IKTS

Fraunhofer Dresden entwickelt textile Solarzellen

Dresden, 23. August 2019. Spezielle Lkw-Planen könnten künftig Strom aus Licht erzeugen und damit ihre Batterien nachladen oder Kühlsysteme antreiben. Möglich machen sollen dies textile Solarzellen, die Fraunhofer-Ingenieure vom „Institut für Keramische Technologien und Systeme“ (IKTS) in Dresden entwickeln haben.

Glasfaserstoff mit Dünnschicht-Technik zum Stromsammler gemacht

Die Experten haben dafür Stoffplanen mit Glasfasern verwendet. Diese Textilien haben sie mit Transferdruck-Methoden gleichmäßig eingeebnet. Darauf setzen sie eine kaum zehn Mikrometer (Tausendstel Millimeter) dünne Funktionsschicht, die für die Wandlung von Sonnenlicht in Strom zuständig ist. Zum Schluss laminierten sie eine Schutzschicht auf die Solarzellen. Die elektrischen Kontakte übernehmen leitfähige Polymere im Planenstoff.

Textilien müssen 200 Grad wegstecken

„Über verschiedene Beschichtungsverfahren können wir Solarzellen direkt auf technischen Textilien herstellen“, betonte Dr. Lars Rebenklau, der am IKTS die Gruppe für Systemintegration leitet. „Das jedoch ist alles andere als leicht“, ergänzte Dr. Jonas Sundqvist, der Gruppenleiter für Dünnschichttechnologien. „Schließlich sind die Anlagen in den textilverarbeitenden Unternehmen mit fünf bis sechs Metern Stoffbreite und Stofflängen von 1000 Metern riesig groß. Dazu kommt: Die Textilien müssen während der Beschichtung Temperaturen von etwa 200 Grad Celsius überstehen.“

Elektro-Laster statt Diesel-Lkw sollen in Zukunft die Feinverteilung von Gütern in den Innenstädten übernehmen. Grafik: Heiko Weckbrodt

Grafik: Heiko Weckbrodt

Energie-Ausbeute noch gering

Bisher ist die Energieausbeute der textilen Solarzellen gering. „Ihre Effizienz liegt momentan bei 0,1 bis 0,3 Prozent“, räumt Rebenklau ein. Auch sind die Kosten des Verfahrens noch zu hoch. Die IKTS-Forscher sind aber zuversichtlich, den Wirkungsgrad auf über fünf Prozent steigern zu können. Das ist zwar immer noch wenig zu den 20 Prozent Energieausbeute, die eine klassische Silizium-Solarzelle erreicht, oder zu den elf Prozent der organischen Solarzellen, die ebenfalls in Dresden entwickelt worden sind. Aber die Wissenschaftler sehen in ihren textilen Stromerzeugern keinen Ersatz für die etablierten Technologien, sondern eher eine Ergänzung – überall dort eben, wo die schweren und starren Silizium-Solarmodule nicht hinpassen.

„Unser Vorteil ist, dass die Textilien leicht sind und ganz andere Bau- und Sicherheitnormen erfüllen müssten in Vergleich mit einen Silizium-Wafer-Technologie“, betonte Jonas Sundqvist.

IKTS: Solartextilien sind in etwa 5 Jahren marktreif

„Wenn alles funktioniert wie erhofft, könnte die textile Solarzelle in etwa fünf Jahren auf den Markt kommen“, teilte das IKTS mit. „Dann wäre das ursprüngliche Ziel des Projekts Phototex erreicht: Neue Anregungen für den Textilstandort Deutschland zu finden und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industriebranche zu steigern.“

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Bald auch Solarhüte?

„Gebäudefronten könnte zur Stromerzeugung beitragen, indem sie nicht wie bisher verputzt, sondern mit stromerzeugenden Abspanntextilien verkleidet werden“, skizzierte Dr. Sundqvist weitere mögliche Anwendungen. „Oder Markisen, Sonnenrollos, Zälte, Dachbekleidung…“

Und wer weiß, vielleicht lässt sich diese Technologie ja künftig auch für Hüte, Anoraks und andere Klamotten einsetzen? Dann wären Smartphone-Besitzer womöglich ein altes Lade-Problem los…

Beteiligt sind am Phototex-Projekt neben dem IKTS auch das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (Enas), das Sächsische Textilforschungsinstitut sowie die Firmen Erfal, Pongs Technical Textiles, Paul Rauschert und Gilles Planen.

Autor: hw

Quelle: Fraunhofer IKTS

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt