„National 5G Energy Hub“ in Dresden gegründet
Dresden, 19. Juli 2018. „Die Energiewende funktioniert nicht ohne Kommunikation“, ist Mobilfunk-Experte Prof. Frank Fitzek von der Technischen Universität Dresden (TUD) überzeugt. Denn statt großer Kraftwerke auf der einen und Standardverbraucher auf der anderen Seite führt die deutsche Wende hin zu sogenannten „erneuerbaren Energien“ zu einer Dezentralisierung des Energiesektors – vielen kleinen Erzeugern und Verbrauchern, die heute mehr schlecht auf recht aufeinander abgestimmt sind. Deshalb haben Fitzek sowie weitere Forscher und Industriepartner heute in Dresden das mit viereinhalb Millionen Euro dotierte „National 5G Energy Hub“ (n5geh) gegründet.
Gebäude-Energietechnik und Erzeuger per Mobilfunk vernetzen
Gemeinsam wollen sie den Energiesektor und vor allem die Gebäude-Energietechnik durch den Mobilfunk der 5. Generation (5G) vernetzen und auf eine neue technologische Stufe heben. Auch die Stromrechnungen in Wohnhäusern und Büros könnten dadurch letztlich schrumpfen. Auf Dresden fiel die Standortwahl, weil die hiesige Unis führend in den Forschungsfeldern 5G und energiesysteme ist. Außerdem ist in Dresden-Johannstadt ohnehin ein Smart-City-Modellversuch geplant, in dem Energiesysteme vernetzt werden.
Telekom und Ericsson mit im Boot
Wissenschaftler der TUD und der „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule“ (RWTH) Aachen leiten nun den neuen– frei übersetzt – „nationalen Forschungsknoten für den 5G-Einsatz im Energiesektor“. Mit an Bord sind auch Technologie- und Energieunternehmen wie Ericsson, die Deutsche Telekom, Eon, Techem sowie die Stadt Dresden. Sie wollen Solaranlagen, Klein-Kraftwerke, Wärmepumpen, Heizungen, Kühlschränke und all die anderen kleinen und großen Energieerzeuger und -verbraucher intelligent vernetzen: durch spezielle Computerprogramme, Rechnerwolken-Dienste (Clouds), sparsame 5G-Sender, neuzuentwickelnde Regler (Aktuatoren) und Sensoren sowie innovative Verschlüsselungstechniken. In den so gesponnenen 5G-Netzen sollen die Maschinen dann im Hintergrund selbstständig aushandeln, welche Energieart gerade wo produziert und gebraucht wird. Dies könnte viele Angebotsspitzen und andere heutige Begleitprobleme der Energiewende etwas abfedern.
4,5 Millionen Euro für die Phase 1
Geplant sind drei Phasen ab heute bis zum Jahr 2024. Einen wesentlichen Teil der 4,5 Millionen Euro, die die Forscher in der ersten Phase bis 2020 verwenden können, rückt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) heraus. Den Rest finanzieren die Industriepartner.
Konzerne hoffen auf halbe Billion Euro Zusatzumsätze durch 5G
Denn die Wirtschaft erhofft sich viel vom 5G-Funk. Konkret gesagt: über 530 Milliarden Euro. Auf diese Summe hat eine Ericsson-Studie die zusätzlichen Umsätze beziffert, die sich weltweit durch neue 5G-Anwendungen bis 2026 erzielen lassen. Dies würde gegenüber den bisherigen Mobilfunk-Umsätzen einem Zuwachs um 36 Prozent entsprechen. Dies stachelt den Forschungswillen der Konzerne an – und die Bereitschaft, in Kooperationen wie mit der TUD und RWTH auch Geld hineinzupumpen.
Drahtlose Basis fürs Internet der Dinge
Denn 5G wird nicht nur einfach dazu gut sein, Videos zackiger aufs Smartphone zu laden: Einerseits wird der neue Mobilfunk mindestens zehnmal schneller sein als der heutige LTE-Datentransfer auf dem Handy („Long Term Evolution“). Er soll aber auch sehr flexibel und reaktionsschnell sein und neben Menschen auch Millionen Geräte im „Internet der Dinge“ miteinander vernetzen – je nach Bedarf langsam und superbillig oder extrem schnell, aber mit mehr Stromverbrauch. Als besonders gewinnträchtige Einsatzfelder sehen die Autoren der Ericsson-Studie vor allem autonome Autos, vernetzte Fabrikroboter, den Energiesektor, Sicherheitsanwendungen, die Medizintechnik sowie eine neue Stufe des Lernens und Spielens in „Virtuellen Realitäten“ (VR).
Asien und Nordamerika starten 5G zuerst
Diese Applikationen werden wahrscheinlich schrittweise und nicht schlagartig starten. Die ersten 5G-Netze fahren voraussichtlich bereits in diesem Jahr in Korea, Japan und anderen asiatischen Staaten sowie in Nordamerika hoch – allerdings in einer nicht ausstandardisierten Variante. Westeuropa folgt wahrscheinlich 2019, die Deutsche Telekom 2020. Erste deutsche 5G-Testnetze sind aber bereits online gegangen, unter anderem in Dresden und Hamburg. „Wenn sie den Finger befeuchten und in die Dresdner Luft halten, spüren Sie schon die ersten 5G-Wellen“, scherzte Fitzek. „Wir haben zwar noch nicht die richtigen Frequenzen, aber die bekommen wir 2019.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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