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Neues Fraunhofer-Zentrum für Produktion und neue Werkstoffe in Sachsen

Prof. Gianauerlio Cuniberti von der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Gianauerlio Cuniberti von der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Ingenieure möchten Exzellenz-Grundlagenforschung der TU Dresden in kommerzielle Produkte überführen

Dresden, 20. Juni 2018. In Dresden entsteht ein weiteres Fraunhofer-Leistungszentrum. Im Fokus steht dabei die Verbindung aus neuartigen Werkstoffen und digitalisierter Produktion. Die Ingenieure sollen dort unter anderem austesten, wie sich selbstwandelnde Materialien wirtschaftlich produzieren lassen – zum Beispiel Prothesen, die ein Patienten-Leben lang nachwachsen, oder unfalldämpfende Autokarosserien.

2,5 Millionen Euro pro Jahr avisiert

Dafür hat die Fraunhofer-Gesellschaft (FHG) nun ein bisher in Chemnitz konzentriertes Leistungszentrum für „Smart Production“ auf den Standort Dresden erweitert und zum Leistungszentrum „Smart Production and Materials“ umfirmiert. Die FHG wird das Zentrum mit einer Million Euro pro Jahr unterstützen. Das sächsische Wissenschaftsministerium gibt ab 2019 voraussichtlich jährlich 1,5 Millionen Euro dazu, wenn der Landtag zustimmt.

In der hochautomatisierten, vernetzten Fabrik der Zukunft (Industrie 4.0) handeln Maschinen, Roboter und Werkstücke die Fertigungsabläufe selbstständnig untereinander aus. Abb.: Silicon Germany AG

In der hochautomatisierten, vernetzten Fabrik der Zukunft (Industrie 4.0) handeln Maschinen, Roboter und Werkstücke die Fertigungsabläufe selbstständnig untereinander aus. Abb.: Silicon Germany AG

„Ideale Transferplattform“

Für das Exzellenz-Forschercluster „Dresden Center for Materiomics“ (DCM), das die TU Dresden beantragt hat, bilde „das Leistungszentrum die ideale Transferplattform für die Überführung der Grundlagenergebnisse über die angewandte Forschung in die regionalen Unternehmen“, schätzte die FHG ein. Beteiligt sind die TUs Dresden und Chemnitz sowie die Fraunhofer-Institute IWU, ENAS, IKTS und IWS in beiden Städten.

Prof. Cuniberti: „Wollen neue Ära der Werkstoffwissenschaft einläuten“

Große Hoffnungen verknüpft vor allem TU-Professor Gianaurelio Cuniberti vom Lehrstuhl für Materialwissenschaften und Nanotechnologie mit diesem Leistungszentrum: „Wenn wir den Zuschlag bekommen, wollen wir im DCM eine neue Ära der Werkstoffwissenschaft einläuten“, kündigte Prof. Cuniberti an. „Und die Ergebnisse unserer Grundlagenforschung kann dann das Leistungszentrum in kommerzielle Produkte transferieren.“ Er sei sehr froh, dass sich Fraunhofer mit dem erweiterten Leistungszentrum deutlich zum Werkstoffforschungs-Standort Dresden bekannt habe. Die Entscheidung, ob Dresden die Exzellenzmillionen für das DCM bekommt, wird für Ende September erwartet.

„Big Data“-Analysen und designte Werkstoffe

Im DCM wollen die Forscher vor allem Computeranalysen einsetzen, um ganz neuartige Materialien zu designen, die sich beispielsweise zeitlich gesteuert verändern: Implantate, die Kindern eingepflanzt werden, müssen dann nicht mehr alle Jubeljahre per OP ausgewechselt werden, sondern wachsen mit den Patienten mit. Ein anderes Beispiel sind Autobauteile, die bei einem Unfall binnen Sekundenbruchteilen automatisch ihre Steifigkeit verändern und so den Aufprall abfedern. „Im Leistungszentrum wollen wir dafür sorgen, dass solche exzellente Grundlagenforschung auch in der Industrie verwendet werden kann“, betonte Martin Kunath, der im Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) Dresden für die strategische Vermarkung und Verwertung von Entwicklungsergebnissen zuständig ist. Von daher erkläre sich auch die Kombination mit dem Chemnitzer Zentrum für „Smart Production“, das auf modernste Fertigungsprozesse spezialisiert ist: Das gemeinsame Transferzentrum soll jeweils Wege finden, die innovativen Werkstoffe auch wirtschaftlich verarbeiten zu können, und erste Demonstratoren fertigen.

Unschlagbares Dreieck Dresden-Chemnitz-Freiberg

„Letztlich steht dahinter eine Vision für Sachsen“, ergänzte Prof. Cuniberti: „Wir wollen ein unschlagbare Dreieck formen: Dresden konzentriert sich auf die Werkstoffforschung, Chemnitz auf die Produktionsverfahren und Freiberg um die Ressourcen-Gewinnung und das Recycling.“

Fraunhofer betreibt in Dresden bereits ein Mikroelektronik-Leistungszentrum.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt