Forschung, News, Wirtschaft
Schreibe einen Kommentar

Dresdner Photonikinstitut will Chip-Reinraum für 45 Millionen Euro aufrüsten

Eine Fraunhofer-Mitarbeiterin kontrolliert im Reinraum des Dresdner Photonik-Institut, der für 45 Millionen Euro modernisiert werden soll. Abb.: IPMS

Eine Fraunhofer-Mitarbeiterin kontrolliert im Reinraum des Dresdner Photonik-Institut, der für 45 Millionen Euro modernisiert werden soll. Abb.: IPMS

IPMS hofft auf EU-Geld für Umstieg auf 200-mm-Scheiben

Dresden, 19. November 2012. ). Die Dresdner Fraunhofer-Photoniker planen millionenschwere Investitionen, um ihre Forschungskraft zu stärken und für Industriepartner attraktiv zu bleiben. So bemüht sich das „Institut für Photonische Mikrosysteme“ (IPMS) um öffentliche Fördermittel, um seinen Mikroelektronik-Reinraum in Dresden-Klotzsche für 45 Millionen Euro von 150 auf 200 Millimeter große Siliziumscheiben (Wafer) umzustellen. Das kündigte Institutsdirektor Prof. Hubert Lakner an. Auch will er weitere Räume in den früheren ZMD-Gebäuden übernehmen, um 20 weitere Wissenschaftler anheuern zu können. Auf der Agenda stehen innovative Forschungsprojekte, darunter der Plan, mit optischen Mikrosystemen Computerchips künftig ohne Masken herzustellen.

IPMS-Direktor Hubert Lakner. Abb.: FHG

IPMS-Direktor Hubert Lakner. Abb.: FHG

„Ein Großteil unserer Partner in der Wirtschaft arbeitet mit 200-Millimeter-Wafern“, erklärte Lakner. „Wir würden durch diese Umrüstung unsere Kundenkompatibilität verbessern. Außerdem werden kaum noch neue Technologien für 150-mm-Anlagen angeboten – mit einer 200-Millimeter-Linie bleiben wir wettbewerbsfähig.“

Lakner hofft dabei auf die Unterstützung des Landes Sachsen und Geld aus dem „Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung“ (EFRE). Außerdem könnte das Institut die neuen Schlüsseltechnologie-Programme („Key Enabling Technologies“) anzapfen, mit denen Brüssel künftig auch Pilotanlagen für wegweisende Mikroelektronik-Vorhaben fördern will.

Fokus richtet sich auf Mikrosysteme

Neben dieser aufwendigen Reinraum-Investition, die wohl frühestens ab 2014 starten kann, sind andere Ausbauschritte bereits festgezurrt. So wird sich nach der Abspaltung der Organikelektronik-Forschung in das Comedd-Zentrum und der Übernahme des Nanoelektronikzentrums CNT der Institutsfokus verschieben: Die Photoniker in Klotzsche setzen auf den Wachstumsmarkt der „Mikroelektromechanischen Systeme“ (MEMS). Solche „eierlegenden Wollmilchsäue“ im Miniaturformat sind weltweit zunehmend gefragt: MEMS beherbergen sowohl digitale Mikroelektronik wie auch analoge und mechanische Bauelemente und werden zum Beispiel im iPad und iPhone als Mikrokompasse oder Miniatur-Beschleunigungssensoren eingesetzt.

Die Spiegel-Mikrosysteme des IPMS bestehen aus Dutzenden, oft sogar Hunderten Mini-Reflektoren, die einzeln ausgerichtet werden können. So könnten beispielsweise die Belichtungsstrahlen in der Chipproduktion oder die Datensignale in Glasfasernetzen gelenkt werden. Abb.: IPMS

Die Spiegel-Mikrosysteme des IPMS bestehen aus Dutzenden, oft sogar Hunderten Mini-Reflektoren, die einzeln ausgerichtet werden können. So könnten beispielsweise die Belichtungsstrahlen in der Chipproduktion oder die Datensignale in Glasfasernetzen gelenkt werden. Abb.: IPMS

Das IPMS ist vor allem auf eine ganz besondere MEMS-Art spezialisiert: Elektronikchips mit mikroskopisch kleinen Spiegeln. Diese Technik ist zum Beispiel einsetzbar, um Computertelefone mit integrierten Projektoren zu versehen: Statt sich die Augen auf den winzigen Smartphone-Bildschirmen zu verderben, könnten Nutzer damit Bilder, Präsentationen und Videos großformatig auf eine Wand projizieren. Dies sei indes noch Zukunftsmusik, betonte Lakner: Viel näher liegt der Einsatz der IPMS-Mikrosysteme in der Industrie, in Autos, in der Lebensmittelüberwachung, Medizin und für superschnelle Glasfaser-Datennetze.

Maskenlose Chipbelichtung durch Mikrospiegel

Eine für Elektronikwerke besonders interessante Anwendung soll ein neues Forschungsprojekt ausloten: Um die Baupläne für Computerschaltkreise in Silizium zu brennen, benutzen Chipwerke heutzutage spezielle Masken, die Schicht für Schicht per Belichtung („Lithografie“) erzeugen. Das IPMS versucht nun, stattdessen die Spiegel-Mikrosysteme aus Dresden einzuspannen – der Umweg über Chipmasken könnte so für einige Elektronik-Arten überflüssig werden.

Institut vergrößert sich auf altem ZMD-Campus

Um diese und weitere Ideen anzugehen, will Lakner weitere Forscher engagieren – 2013 soll die Mitarbeiterzahl um 20 auf dann 220 Beschäftigte steigen. Dafür mietet das IPMS demnächst weitere 200 Quadratmeter Büroflächen auf der anderen Seite der Maria-Reiche-Straße an – im Haus 7 auf dem alten ZMD-Campus. Zuvor hatte die Fraunhofergesellschaft bereits das benachbarte ZMD-Haus 5 übernommen und saniert. Und nebenan hat die Stadt ihr Nanocenter als Gewerbepark für Elektronikfirmen eingerichtet. „Aber wir platzen schon wieder aus allen Nähten“, betonte Lakner.

Die Reinraumfabrik des Instituts ist für Prototypen und Kleinserien ausgelegt. Abb.: IPMS

Die Reinraumfabrik des Instituts ist für Prototypen und Kleinserien ausgelegt. Abb.: IPMS

Auch der finanzielle Spielraum vergrößert sich: Umfasste das Jahresbudget des IPMS im Jahr 2005 erst knapp 15 Millionen Euro, werden es im kommenden Jahr wohl über 30 Millionen Euro sein – wenn man das Nanoelektronikzentrum CNT einrechnet, für das Lakner inzwischen gemeinsam mit Industriepartnern „zur Notsicherung“ rund neun Millionen Euro für 2013 eingeworben hat. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Schreibe einen Kommentar