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Europa hat die meisten Solaranlagen – „Groß-China“ produziert sie

Modulfertigung bei Solarworld - das Unternehmen mit Hauptproduktions-Standort in Freiberg gehört zu den wenigen deutschen Firmen, die wie später die Chinesen die ganze Wertschöpfungskette vom Silizium bis zum Endprodukt integriert haben. Abb.: Solarworld

Modulfertigung bei Solarworld – das Unternehmen mit Hauptproduktions-Standort in Freiberg gehört zu den wenigen deutschen Firmen, die wie später die Chinesen die ganze Wertschöpfungskette vom Silizium bis zum Endprodukt integriert haben. Abb.: Solarworld

Erstmals mehr Solar- als andere Kraftwerke installiert

Paris/Dresden, 8.8.2012: Die „Energiewende“ ist bereits im vollem Gange: In Europa wurden – in Energieleistung gerechnet – im Jahr 2011 erstmals mehr Solaranlagen installiert als traditionelle Energieerzeugungstechnik wie Öl-, Gas- oder Kernkraftwerke. Das geht aus einer Analyse des „European Photonics Industry Consortium“ (EPIC) in Paris hervor. In Summe kamen auf dem Kontinent im vergangenen Jahr 40,6 Gigawatt Energiekapazität hinzu. 41 Prozent davon war Solartechnik – gefolgt von Windkraft mit 24 Prozent.

Deutschland Spitzenreiter in SolarAnwendung, Produktion aber zu 74 % in China und Taiwan

Europa ist mit 63 Prozent der weltweit installierten Photovoltaik-Leistung auch der Hauptanwender von Solarenergie, wobei internationaler Spitzenreiter als einzelner Staat Deutschland mit insgesamt 27 Prozent der Solar-Leistung ist, dicht gefolgt von Italien.

Bisher kumulativ installierte Solaranlagen-Leistung weltweit - Deutschland bleibt vorn, allerdings nimmt die Nachfrage auch aus China zu. Abb.: EPIC

Bisher kumulativ installierte Solaranlagen-Leistung weltweit – Deutschland bleibt vorn, allerdings nimmt die Nachfrage auch aus China zu. Abb.: EPIC

Die Produktion der Solarzellen findet inzwischen hingegen größtenteils in den „beiden Chinas“ statt: Rechnet man Taiwan und die Volksrepublik China zusammen, kommen diese auf 74 Prozent Marktanteil – während der einstige Primus Europa auf unter sechs Prozent abgesackt ist.

Diese so unterschiedlichen Rankings spiegeln Entwicklungen, die sich bereits seit einigen Jahren angebahnt hatten: Die Einspeisevergütung in Deutschland und die neueren Solar-Förderprogramme der Italiener sorgten für einen Installations-Boom in Europa. Demgegenüber gerieten die deutschen Solarzell- und Modulhersteller immer mehr ins Hintertreffen: Die größtenteils in Mitteldeutschland angesiedelte Solarindustrie blieb – wenn man von wenigen Riesen mit langer Wertschöpfungskette wie Solarworld absieht – eher mittelständisch bis kleinteilig. Viele Unternehmen verpassten den Übergang zur großformatigen und hochautomatisierten Massenproduktion.

Förderung gekürzt, Dünnschicht-Solartechnik floppte

Hinzu kamen die vom Bund verordneten Vergütungskürzungen für ins Stromnetz eingespeiste Solarenergie, da diese Kosten (die letztlich Industrie- und Privat-Verbraucher zahlen) rasant gestiegen waren. Auch wollte sich die zunächst mit vielen Hoffnungen verknüpfte Dünnschicht-Solarzelltechnik, an denen in Sachsen unter anderem Firmen wie Sunfilm (Großröhrsdorf), „Von Ardenne Anlagentechnik“ (Dresden) und „Signet Solar“ (Mochau) arbeiteten, nicht so recht am Markt durchsetzen.

Die Folge waren Überkapazitäten vor allem der Solarfirmen, die sich sehr auf den Binnenmarkt konzentriert hatten – und eine bis heute anhaltende Pleitewelle. Jüngste Beispiele in Sachsen für dadurch angeschlagene Unternehmen sind beispielsweise „Roth und Rau“ (Anlagenbauer für Solarfariken) „Sunstrom“ (Solarinstallationen), „Sunfilm“ (Dünnschichtmodule) oder „Solarwatt“ (Solarmodul-Hersteller).

Technologierückstand rasch verkürzt: Chinesen setzten rasch auf Massenproduktion

2011 waren Solaranlagen erstmal die meistinstallierte Energieerzeugungstechnik in Europa. Insgesamt hatten "erneuerbare Energien" (also mit Windkraftwerke etc.) einen Anteil von 67 Prozent an der neu installierten Leistung. Abb.: EPIC

2011 waren Solaranlagen erstmal die meistinstallierte Energieerzeugungstechnik in Europa. Insgesamt hatten „erneuerbare Energien“ (also mit Windkraftwerke etc.) einen Anteil von 67 Prozent an der neu installierten Leistung. Abb.: EPIC

Demgegenüber holten die Chinesen ihren technologischen Rückstand – und anderem durch Anlagenimporte aus Europa und den USA – in den vergangenen Jahren rasch nahezu auf und zogen schnell sehr große Massenfabriken für Solarzellen und -module hoch.

Inwieweit man hier auch von unfairer Protektions- und Subventionspolitik der chinesischen Regierung sprechen kann, wie es die europäischen und amerikanischen Solaranbieter in ihren Wettbewerbsklagen tun, ist durchaus umstritten: Die chinesische Solarindustrie profitiert von billigen Krediten und Exportförderung, direkte Subventionen vom Staat fließen aber kaum. Zudem hat das „Erneuerbare Energien-Gesetz“ (EEG) in den vergangenen Jahren ja auch erst für einen Markt deutscher Hersteller gesorgt, was man durchaus als Subvention sehen kann.

Umsatzplus von 13,4 Prozent für Photovoltaik

Insgesamt setzte laut EPIC die Photovoltaik-Branche weltweit im vergangenen Jahr 93 Milliarden US-Dollar (75,2 Milliarden Euro) um. Das waren 13,4 Prozent mehr als 2010 und 150 Prozent mehr als 2009. Die installierte Solarstrom-Erzeugungsleistung stieg 2011 um 27,4 auf nun 68 Gigawatt kumulativ installierter Gesamtleistung.

Die weltweiten Überkapazitäten sind im Übrigen anscheinend gar nicht so groß wie oft herbeigeredet: Mit einer Solarmodul-Produktionskapazität in den Fabriken weltweit von 29,5 Gigawatt übersteigt diese die im Jahr 2011 installierte neue Solarleistung nur um 7,6 Prozent. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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