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Verlust ganzer Industrie durch dauerhaft hohe Energiepreise absehbar

Aluminium-Guss in einem norwegischen Hydro-Werk. Foto: Hydro

Werden sich energiehungrige Alu-Firmen in Deutschland angesichts dauerhaft hoher Energiepreise halten können? Hier eine Aufnahme von einem Alu-Gusswerk in Norwegen, wo Wasserkraft für billigen Strom sorgt. Foto: Hydro

Dresdner Ifo-Forscher hält Wasserstoff-Weg für eine Sackgasse

Dresden, 27. Februar 2024. Die Energiepreise in Deutschland werden voraussichtlich dauerhaft hoch bleiben und damit ist auch damit zu rechnen, dass einige energieintensive Industrien aus der Bundesrepublik verschwinden. Das hat Wirtschaftsforscher Prof. Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden prognostiziert.

Nach Wegfall von Kernkraft und Kohle bleiben „Erneuerbare“ und Einsparungen als Optionen

Treffen könnte dies beispielsweise Glashütten, Aluminium-Hersteller, aber auch Teile der Chemieindustrie. Wie die ebenfalls energiehungrigen Chipfabriken mit den hohen deutschen Energiepreisen zurecht kommen, bleibt ebenfalls abzuwarten. „Für das Weltklima ist freilich nichts gewonnen, wenn diese Produktion künftig woanders mit Kohlestrom oder dergleichen stattfindet“, meint Ragnitz. Für die Bundesrepublik sind inzwischen energiepolitisch recht wenige Optionen übrig. „Da Kernkraft politisch nicht durchsetzbar ist, bleibt wohl nur der starke Ausbau eneuerbarer Energien als Weg übrig“, meint Ragnitz. Sinnvoll sei es zudem, auf mehr Energie-Effizienz in der Wirtschaft zu setzen.

Wasserstoff-Weg könnte als Sackgasse enden

Die Orientierung mancher Bundespolitiker auf eine Wasserstoff-Wirtschaft hält der Ökonom indes für eine Sackgasse. Und diese Prognose ist nachvollziehbar: Der Energieverbrauch im Land dürfte weiter wachsen, durch den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle stehen aber weniger Quellen zur Verfügung. Selbst bei einem massiven Ausbau von Solar- und Windparks sowie Elektrolyseuren steht nicht genug überschüssiger Strom kontinuierlich zur Verfügung, um ausreichend Wasserstoff schadstofffrei zu gewinnen. Und allein schon der Bedarf von Chemie und anderen Branchen an Wasserstoff als Ausgangsmaterial für Fabrikprozesse ist immens. Darüber hinaus auch genug ökologisch gewonnenen Wasserstoff als Erdgas-Ersatz in Kraftwerken und als Treibstoff für Fahrzeuge bereitzustellen, dürfte auf absehbare Zeit kaum gelingen.

Und der Import von Wasserstoff oder Wasserstoff-Derivaten aus anderen Ländern, den beispielsweise der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck anzuleiern versucht, könnte womöglich auch recht rasch an seine Grenzen stoßen: Einerseits dürfte der Transport dieses Energieträgers nach Deutschland aufwendig, teuer und wenig effizient ausfallen. Anderseits könnte manches erhofftes Lieferland auch wieder ausfallen.

Beispiel Ecuador: Stromausfälle an der Tagesordnung, H2-Export rückt in weite Ferne

Ein Beispiel: Ecuador gewinnt laut Bundeswirtschaftsministerium etwa 86 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Die Regierung in dem südamerikanischen Land liebäugelt daher mit dem Aufbau einer eigenen Wasserstoff-Industrie mit deutscher Hilfe, um damit einen wichtiges Exportgut zu erzeugen. Doch ein Großteil seiner vermeintlich „erneuerbaren“ Energie gewinnt Ecuador durch Wasserkraftwerke – und die stehen seit geraumer Zeit immer öfter wegen ausgetrockneter Flüsse still. Daher sind in vielen Gegenden des Landes und selbst in der Hauptstadt Quito mittlerweile Stromausfälle an der Tagesordnung. An den Dauerbetrieb von Mega- oder gar Gigawatt-Elektrolyseuren beziehungsweise den Massenexport von Wasserstoff ist daher gegenwärtig kaum zu denken.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Ifo Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt