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Erfurt bekommt eine Bundes-Transferagentur

Auch der Teddybär will mit VR-Brillen und Headsets videotelefonieren. Foto (freigestellt): Heiko Weckbrodt

Die Transferagentur soll von Erfurt aus den Einsatz sozialer wie technologischer Innovationen fördern. Foto (freigestellt): Heiko Weckbrodt

Agentur soll Überführung technologischer und sozialer Innovationen in Praxis erleichtern

Berlin/Erfurt, 21. Dezember 2023. Um technologische und soziale Innovationen künftig schneller in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Praxis zu überführen, will Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in Erfurt eine „Deutsche Agentur für Transfer und Innovation“ (Dati) einrichten. Diese Standort-Entscheidung hat die Ministerin heute bekannt gegeben.

Ministerin verweist auf „Einbettung in eine starke und dynamische Wissenschaftsregion“

Stark-Watzinger sieht in ihrer neuen Bundes-Transferagentur „ein zentrales Instrument, um mehr gute Ideen in die Anwendung und damit in die Unternehmen und zu den Menschen zu bringen“. Ausschlaggebend für den Standort Erfurt sei „vor allem die Einbettung in eine starke und dynamische Wissenschaftsregion mit zentraler Lage in Deutschland“ gewesen.

Über 75 km erstreckt sich die Quanten-Faser-Teststrecke zwischen Jena und Erfurt. Visualisierung: Fraunhofer-IOF

Beispiel für die Innovationslandschaft in Thüringen: Über 75 km erstreckt sich eine Quanten-Faser-Teststrecke zwischen Jena und Erfurt. Visualisierung: Fraunhofer-IOF

Die bisherige Forschungslandschaft in Erfurt

Bisher war Erfurt nicht unbedingt in der Spitzengruppe deutscher Forschungsstandorte in Erscheinung getreten. In der thüringischen Hauptstadt befindet sich eine Universität, eine medizinische Hochschule, ein Fraunhofer-Zentrum für Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin, zwei Fachhochschulen und die Forschungseinrichtung für Mikrosensorik GmbH Erfurt (CiS). Zudem ist Erfurt ein wichtiger Standort der Mikroelektronik-Gruppe X-Fab und die chinesische Catl-Gruppe baut am Erfurter Kreuz eine Akku-Fabrik. Ansonsten gilt in Thüringen eigentlich Jena als der technologisch und forschungsseitig wichtigere Standort. Womöglich hat bei der Standort-Entscheidung aber auch der regionalpolitische Wunsch eine Rolle gespielt, einen neuen Leuchtturm in einem Bundesland zu schaffen, das abgesehen von den Wachstumskernen Jena und Erfurt eher als strukturschwach gilt.

Thüringens Hauptstadt setzte sich unter 68 Kandidaten durch

Allerdings betont Dr. Stefan Groß-Selbeck – der Vorsitzende der Findungskommission – dass sich das von ihm geleitete Gremium viel Mühe bei der Standortwahl gegeben habe: „Kriteriengeleitet und durch Abwägung einer breiten Basis von Daten und Fakten zu über 68 Städten und Regionen, haben wir in einem mehrstufigen Verfahren Standorte ausgewählt, die alle exzellente Voraussetzungen für die zu gründende Agentur bieten.

Ampel hatte mehr Bundeseinrichtungen im Osten versprochen

Die Ansiedlung der Bundeseinrichtung sei ein Signal der Anerkennung für die Erfolge Thüringens als aufstrebende Technologie- und Wirtschaftsregion, kommentierte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die Entscheidung. Dass dabei strukturpolitische Erwägungen eine Rolle spielten, deutet indes auch der Bundes-Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) an: „Die Entscheidung, die Dati in Erfurt anzusiedeln, ist ein Beweis für die Kraft dieser Innovationsregion und ein weiterer Schritt auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland. Die Bundesregierung setzt damit auch ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag um, neue Bundeseinrichtungen vorrangig in Ostdeutschland anzusiedeln.“

Agentur soll Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit stärken

Die neue Transferagentur soll jedenfalls bundesweit den Praxiseinsatz technologischer und sozialer Innovationen fördern. Sie werde „Forschungsergebnisse durch einen effektiven Ideen-, Wissens- und Technologietransfer in die wirtschaftliche und/oder gesellschaftliche Anwendung bringen, in der Breite des Landes neue Innovationspotenziale heben und so Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit insgesamt stärken“, wünscht sich die Bundesforschungsministerin.

Viertelmilliarde für Aufbauphase vorgesehen

Die Transferagentur ist nicht das erste Querschnitts-Instrument dieser Art, das in jüngster Zeit in Ostdeutschland angesiedelt wurde: Zuvor hatte der Bund bereits eine Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig sowie eine Cyberagentur in Halle etabliert. Diese Agenturen schreiben eigene Wettbewerbe für ausgewählte innovative Schwerpunktthemen aus und können auch Fördergelder verteilen. Laut den ursprünglichen Plänen vor der Haushaltskrise sollte die Dati zunächst rund eine Viertelmilliarde Euro für die Aufbauphase und ab 2026 dann 250 Millionen Euro pro Jahr bekommen. Als konkreter Standort sei die „ICE-City Ost“ in der Nähe zum Erfurter Hauptbahnhof vorgesehen, teilte das Thüringische Wirtschaftsministerium mit.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: BMBF, IHK Erfurt, Oiger-Archiv, Wikipedia, jmwiarda.de, Thüringisches Wirtschaftsministerium

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt