Forschung, Halbleiterindustrie, News, zAufi

Uni Dresden und Namlab wollen ihre Reinräume für Chipforschung verbinden

Blick in den Namlab-Reinraum. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick in den Namlab-Reinraum. Foto: Heiko Weckbrodt

Wissenschaftsminister: Starke Mikroelektronik-Forschung ist wichtiger Ansiedlungsgrund für Halbleiterkonzerne

Dresden, 13. Oktober 2023. Um die Grundlagenforschung an neuen Bauelementen und Materialien für die Nanoelektronik von morgen möchte der Halbleiter-Professor Thomas Mikolajick die Reinräume der TU Dresden und der Uni-Tochter „Namlab“ physisch miteinander verbinden. Nötig sei dafür der Bau einer neuen Reinraumbrücke zwischen beiden Halbleiter-Forschungseinrichtungen. Dann könnten mehr Prozessschritte in der Kette zum fertigen Chip an einem Ort erprobt werden, begründete Mikolajick einen entsprechenden Vorschlag an den sächsischen Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU).

Namlab-Chef Prof. Thomas Mikolajick. Foto: Heiko Weckbrodt

Namlab-Chef Prof. Thomas Mikolajick. Foto: Heiko Weckbrodt

Enge Kooperation beim Hafnium-Projekt führte zu neuer Speichertechnologie

Hintergrund: Thomas Mikolajick ist in Personalunion Namlab-Chef und Inhaber der TU-Professor für Nanoelektronik, gilt zudem auch international als Koryphäe in der Halbleiterforschung. Er betreut und nutzt daher ohnehin die Ausrüstungen in beiden Reinräumen. Und dass er damit etwas anzufangen weiß, hat der Professor bereits bewiesen. Sein bisher wohl größter „Coup“ war eine Entwicklung, die auf den früheren Namlab-Gründer „Qimonda“ zurückgeht: Der deutsche Speicherchip-Konzern hatte in Dresden vor seinem Ende an mehreren zukunftsweisenden Mikroelektronik-Technologien gearbeitet, darunter auch an superschnellen ferroelektrischen Speichern auf Hafniumbasis. Nach der Qimonda-Pleite führte die TU das Hafnium-Projekt fort. Unter der Regie von Prof. Mikolajick führten die Dresdner Forscher diesen Ansatz zur Praxisreife und gründeten 2016 mit „FMC“ ein Unternehmen aus, das diese Speichertechnologie kommerziell verwerten will.

Bis zur Chipkrise betrieb das Namlab viel Vorlaufforschung für Qimonda

Entstanden war das Namlab 2006 als Gemeinschaftsunternehmen der Infineon-Tochter „Qimonda“ und der TU Dresden. Das Labor fokussierte sich auf neue Materialien und Bauelelemente für die Speicherchips von morgen. Nachdem der letzte große europäische Speicher-Hersteller im Zuge der großen Chipkrise 2007-2009 pleite ging, übernahm die Dresdner Uni das Namlab als gemeinnützige GmbH.

Eine Namlab-Mitarbeiterin zeigt einen Wafer im Namlab-Testzentrum. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine Namlab-Mitarbeiterin zeigt einen Wafer im Namlab-Testzentrum. Foto: Heiko Weckbrodt

In TU-Regie stärker auf selbstwandelnde Elektronik und Leistungshalbleiter fokussiert

Die Speicherchip-Architekturen sind seither etwas in den Hintergrund getreten, dafür fokussiert sich das private Labor mit seinen 40 Beschäftigten zum Beispiel nun stärker auf rekonfigurierbare Elektronik, die sich im laufenden Betrieb auf Hardware-Ebene umwandeln kann. Für die Forschungen an neuen Kristallzucht-Verfahren für galliumnitrid-basierte Leistungselektronik gründete Mikolajick 2013 eigens eine Namlab-Außenstelle beim Wirtschaftspartner „Freiberger Compound Materials“ (FCM). Außerdem kooperieren die sächsischen Forscher auch eng mit Globalfoundries, Sony, den Großforschungszentren Leti und Imec in Frankreich und Belgien.

Das Namlab am Südende des Dresdner Uni-Campus. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Namlab am Südende des Dresdner Uni-Campus. Foto: Heiko Weckbrodt

Durch Forelab-Programm die Ausrüstungslücken geschlossen

Eine besondere Partnerschaft verbindet die Dresdner Mikroelektronik-Grundlagenforscher mit Fraunhofer – unter anderem über die „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ (FMD) und deren „Forelabs“ an deutschen Unis. In diesem Zuge konnten TU und Namlab zuletzt auch neue Ausrüstungen für die Testproduktion neuer Bauelemente und Chips anschaffen und komplettieren. Ein Teil dieser neuen Anlagen stammt übrigens von sächsischen Herstellern wie Scia Systems Chemnitz – ein Beispiel dafür, wie durch die Mikroelektronik-Leuchtturmpolitik in Sachsen nach und nach neue Wertschöpfungsketten gewachsen sind.

Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow vor dem Fraunhofer CNT 2.0. Foto: Heiko Weckbrodt

Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow. Foto: Heiko Weckbrodt

Wissenschaftsminister: Starke Forschungslandschaft war ein Grund für TSMC-Ansiedlung

Mittlerweile schaukeln sich die gegenseitigen Impulse aus Wissenschaft und Wirtschaft im Freistaat auch gegenseitig hoch: Durch die DDR-Mikroelektronik wie auch die Nachwende-Großansiedlungen von AMD, Infineon, Bosch & Co. sind die Aufträge an die hiesigen Halbleiter-Forschungsinstitute über die Jahre gewachsen. Anderseits ist dieses wissenschaftliche Ökosystem wiederum ein Nährboden für neue Investitionen: „Diese Forschungslandschaft ist einer der Gründe, warum sich auch richtig große Unternehmen für Sachsen entscheiden“, meint Wissenschaftsminister Gemkow nicht zuletzt mit Blick auf die jüngste Weichenstellung von TSMC, in Dresden für zehn Milliarden Euro eine Mega-Chipfabrik zu bauen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Auskünfte Mikolajick, Namlab, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt