Bücherkiste, zAufi

Krimi „Verderben“: Hackerin Lisbeth sticht im hohen Norden ins Wespennest

Umschlag des Krimis "Verderben" von Karin Smirnoff. Repro: Heyne-Verlag

Umschlag des Krimis „Verderben“ von Karin Smirnoff. Repro: Heyne-Verlag

Karin Smirnoff setzt nun Stieg Larsssons Thriller-Reihe „Millennium“ fort

Was viele Fans von Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist gehofft haben, ist nun eingetreten: Das ungleiche Paar ermittelt wieder. Diesmal zerschlagen die unnahbare Hackerin und der gealterte Investigativ-Journalist im hohen Norden von Schweden einen mafiösen Filz aus Gangstern, Kommunalpolitikern, Windkraft-Unternehmern und Motorrad-Banditen. Hatte nach dem frühen Tod von Stieg Larsson zunächst David Lagercrantz die x-bändige „Millennium“-Trilogie fortgesetzt, hat nun die schwedische Autorin Karin Smirnoff in die Tasten gegriffen. Ihr „Verderben“ ist nun übersetzt in Deutschland erschienen.

Die Story: Windpark-Mafia setzt die Samen unter Druck

Nachdem sie sich jahrelang nicht mehr gesehen haben, stolpern sich Lisbeth und Mikael plötzlich in Gaskas nahe der schwedisch-finnischen Grenze über den Weg: Das Jugendamt hat die Hackerin, die nun selbst Unternehmerin geworden ist, in den hohen Norden zitiert, weil sie sich um ihre Nichte Slava kümmern soll. Die ist mitten hinein in dunkle Machenschaften geraten, in die auch der örtliche Bürgermeister Henry Salo verstrickt ist – und der wiederum will gerade Mikeals Tochter heiraten, weshalb nun eben auch der „Millennium“-Journalist in der Provinz Norrbotten aufschlägt. Bald treffen die beiden nicht nur aufeinander, sondern auch auf alte, wenngleich wenig erfreuliche Bekannte aus Lisbeths dunkler Vergangenheit, die mit höchst brutalen Methoden über die Köpfe der einheimischen Samen einen großen Windpark in Norrbotten durchdrücken wollen.

Noomi Rapace als beinharte Hackerin Lisbeth Salander in der schwedischen Verfilmung von "Verblendung", des 1. Teils der Millennium-Reihe. Foto: Warner

Noomi Rapace als Lisbeth Salander. Foto: Warner

„Es gibt noch anderes im Leben als Menschen. Primzahlen beispielsweise“

(Lisbeth Salander, Hackerin und Unternehmerin im „Millennium“-Universum)

Larssons politische Agenda aufgegriffen

Stilistisch lernt sich Smirnoff eng an den ursprünglichen Autor der „Millennium“-Krimireihe an. Was aber noch mehr auffällt: Stärker als Lagercrantz greift Smirnoff die politische Agenda und linke Weltsicht von Stig Larsson auf: Auf der einen Seite der Welttrennlinie die Unterdrückten dieser Erde, die Frauen, Einwanderer und Samen, auf der anderen Seite die mafiösen Unternehmer, korrupten Polizisten, nicht-linken Journalisten und fachistioden Politiker, die sich alle nicht viel nehmen. Ganz so spannend wie Stieg Larsson beziehungsweise dessen Lebensgefährtin Eva Gabrielsson vermag Smirnoff freilich nicht zu schreiben. Sie greift aber die etwas verschlüsselte Erzählweise der ersten Millinnium-Bücher auf, die vom Leser Aufmerksamkeit und Rätselfreude fordern, beispielsweise durch schnelle, teils sogar abrupt wechselnde Erzählperspektiven. Und die Akteurinnen und Akteure sind wieder etwas ruppiger, gratiger geworden, weniger rundgelutscht.

Fazit: Lisbeth-Fans rufen „Mehr!“

„Verderben“ ist eine gute und passende Fortsetzung der „Millennium“-Reihe, die zwar manchmal mit ihrem bekehrerischen Impetus etwas aufdringlich wirkt, aber zweifellos auch den Finger auf kritische gesellschaftliche Entwicklungen legt. Und: Wer einmal von Lisbeth, Mikael und ihrer Welt in Bann geschlagen wurde, wird auch diesen Nordland-Krimi begierig verschlingen – und nach „Mehr!“ rufen.

Kurzüberblick

  • Titel: „Verderben“
  • Schwedischer Titel: Havsörnens skrik (Der Schrei des Adlers)
  • Autorin: Karin Smirnoff
  • Ãœbersetzerin: Leena Flegler
  • Genre: Krimi
  • Verlag: Heyne
  • Deutsche VÖ: 23. August 2023
  • ISBN: 978-3-453-27432-7
  • Preis: 24 Euro
  • → Eine Leseprobe gibt es hier

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt