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„Vernichtung“: Journalist und Hackerin decken Everest-Verschwörung auf

Noomi Rapace als beinharte Hackerin Lisbeth Salander in der schwedischen Verfilmung von "Verblendung", des 1. Teils der Millennium-Reihe. Foto: Warner

Verkörperte wie keine andere die ambivalente, beinharte Hackerin: Noomi Rapace als Lisbeth Salander in der schwedischen Verfilmung der Millennium-Reihe. Foto: Warner

David Lagercrantz veröffentlicht letzten Milennium-Krimi mit Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander

Ein alter, vernarbter Mann mit einer seltsam würdevollen Aura bettelt in Stockholm. Irgendwie scheint er gar nicht hierher zu passen. Und dann fängt der Obdachlose an, schwerwiegende Beschuldigungen gegen Promis auszustoßen. Trug etwa der schwedische Außenminister in seiner Jugend womöglich schwere Schuld an einer Himalaja-Expedition, die damals in einem Fiasko endete? Der Journalist Mikael Blomkvist beginnt tiefer zu graben. Dafür bittet er Super-Hackerin Lisbeth Salander um Hilfe, die eigentlich gerade damit beschäftigt ist, ihre böse Schwester in Moskau ein für alle Mal loszuwerden. Und es kommt, wie es in „Millennium“-Krimis kommen muss: Durch ihre Recherchen decken Mikael und Lisbeth üble Seilschaften in den höchsten Ebenen auf – und bringen sich damit bald in Lebensgefahr. „Vernichtung“ heißt dieser neueste und voraussichtlich letzte Titel der skandinavischen Erfolgsreihe.

Russische Alt-Agenten, Bettler und verblendete Himalaja-Touristen

Bekanntermaßen waren nicht alle Millennium-Fans begeistert, als David Lagercrantz nach Stieg Larssons frühem Tode 2004 dessen Thriller weiterschrieb: Ihnen fehlte der politische Impetus von Larsson und vielleicht fehlte den Lagercrantz-Büchern tatsächlich auch etwas die sogartige Wirkung der ersten Bücher mit Salander und Blomkvist. Aber für das Finale dreht der Schwede noch einmal richtig auf: „Vernichtung“ ist spannend, politisch ambitioniert, arbeitet mit den Grauschattierungen im Leben seiner Akteure und hat auch seine stilistischen Stärken. Gelegentlich gleitet Lagercrantz auch in die etwas klischeehafte Welteinteilung ab, die schon Stieg Larsson so eigen war, aber das mag an dieser Stelle verziehen sein.

Video: Gruß von an die deutschen Leser (Randomhouse):

Dabei arbeitet der Schriftsteller Lagercrantz, der auch Journalist ist, viel aus dem Zeitgeschehen und aus kritischen gesellschaftlichen Diskussionen seiner Heimat ein: Wie tief viele Schweden den Russen und deren Geheimdienst-Operationen misstrauen. Wie Männer Frauen behandeln. Oder die Kritik an dem verhängnisvollen Massentourismus im Himalaja und am Kolonialherren-Gehabe, das viele Europäer bis heute in allen Weltgegenden zur Schau stellen.

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Fazit: Spannend bis zuletzt – und die Hoffnung auf eine Fortsetzung bleibt

Keine Frage: Wer „Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“, „Verschwörung“ und „Verfolgung“ verschlungen hat, muss „Vernichtung“ einfach lesen: Welcher Krimifreund will sich auch nur ein Abenteuer der beiden Einzelgänger, die doch immer wieder als Team jedes Geheimnis zu lüften verstehen, entgehen lassen? Und so mag „Vernichtung“ als fesselnder Abschluss für die „Millennium“-Reihe durchgehen. Aber machen wir uns nichts vor: Echte Fans hoffen natürlich trotzdem auf neues Futter von der Salander-Blomkvist-Connection und erinnern sich daran, dass Larsson seinerzeit von zehn Büchern gesprochen hatte…

David Lagercrantz: "Vernichtung", Cover: Heyne-Verlag

David Lagercrantz: „Vernichtung“, Cover: Heyne-Verlag

Kurzübersicht:

  • Titel: „Vernichtung“
  • Schwedisches Original: „Hon som måste dö“ / Millennium 6
  • Autor: David Lagercrantz
  • Genre: Polit- und Hacker-Thriller
  • Umfang: 432 Seiten
  • ISBN: 978-3-453-27100-5
  • ASIN: B07QM6JKT3
  • Preis: 22 Euro (Papier) bzw. 18 Euro (E-Buch)
  • Übersetzerin: Susanne Dahmann
  • Verlag: Heyne (deutsche Ausgabe)
  • Erscheinungsland und -ort: Schweden 2019
  • Eine Leseprobe gibt es hier

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt