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Verschwörung: Superhackerin Lisbeth trickst die NSA aus

Noomi Rapace als beinharte Hackerin Lisbeth Salander in der schwedischen Verfilmung von "Verblendung", des 1. Teils der Millennium-Reihe. Foto: Warner

Verkörperte wie keine andere die ambivalente, beinharte Hackerin: Noomi Rapace als Lisbeth Salander in der schwedischen Verfilmung von „Verblendung“, des 1. Teils der Millennium-Reihe. Im Buch „Verschwörung“ legt sich Lisbeth nun mit der NSA an. Foto: Warner

Autor Larssons schreibt „Millennium“-Reihe des verstorbenen Sieg Larsson weiter

Diesmal hat Schwedens Super-Hackerin Lisbeth Salander einen richtig großen Coup gelandet: Sie ist in die Computer der NSA eingedrungen, die sonst selbst heimlich in fremden Rechnersystemen herumschnüffelt, und hat eine hochbrisante Datei entwendet. Die nämlich beweist die Verstrickungen der US-Lauschbehörde mit einer russischen „Spider“-Bande, die sich auf kriminellen Industriespionage-Handel spezialisiert hat. Unglücklicherweise ist das Dokument so stark verschlüsselt, dass selbst Lisbeth den Code nicht knacken kann – bis ihr ein autistischer Junge über den Weg läuft, der selbst ins Visier der „Spiders“ geraten ist… Der geschulte Krimi-Freund ahnt es schon: Die Rede ist von „Verschwörung“, dem langerwarteten vierten Band von Stieg Larssons (1954-2004) „Millennium-Trilogie“.

Soziopathische Nerd-Frau und Investigativ-Reporter ermitteln wieder

Der basiert auf den Notizen, die der vor elf Jahren verstorbene Star-Autor über den Fortgang der Abenteuer der soziopathischen Hackerin Lisbeth Salander und des Journalisten Mikael Blomkvist vom „Millennium“-Magazin hinterlassen hatte. Was uns nämlich als Trilogie bekannt ist („Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“), war ursprünglich als zehnteilige Krimi-Reihe angelegt. Und weil die ersten drei Bücher so erfolgreich waren, hat Larssons Verlag schließlich nach langem Hin und Her dem schwedischen Schriftsteller David Lagercrantz den Auftrag erteilt, die Serie fortzusetzen. Und mit „Verschwörung“ liegt nun das erste Resultat vor.

Videointerview: David Lagercrantz
über die Millennium-Reihe (Random House):

Verschwörung der Nerds, Schlapphüte und Perverslinge

Das wirkt zunächst zwar nicht ganz so spannend wie die ursprünglichen Larsson-Krimis, nimmt in der zweiten Hälfte dann aber enorm an Fahrt auf. Und da rollt Lagercrantz alles aus, was die Zutaten eines packenden Thrillers ausmacht: verästelte Verschwörungen bis in die höchsten Kreise, perverse Verbrecherinnen, Nerds, Geheimdienstler, nackte Tatsachen, Künstliche Intelligenzien (KIs) und eine Renaissance der Zalatschenko-Bande, die Lisbeth, Mikael und der schwedischen Kripo schon in „Verdammnis“ und „Vergebung“ das Leben schwer gemacht hat. Was den Spannungsbogen anfänglich wohl so mindert, ist Lagercrantz’ Neigung, kommende Ereignisse anzuspoilern und stärker als Larsson die Akteurs-Perspektiven zu wechseln. Dadurch weiß der Leser meist mehr als die Protagonisten, während in den Originalbüchern der „Millenium“-Reihe gerade das Mitpuzzeln an den Rätseln, vor denen Mikael und Lisbeth standen, doch gerade viel vom Reiz dieser Krimis ausgemacht hatte.

Schatten aus Lisbeths Vergangenheit tauchen aus Versenkung auf

Andererseits greift der neue Autor einige offene Fäden der vorherigen Bücher auf und kombiniert sie mit hochaktuellen Themen wie der NSA-Schnüffelaffäre, den Diskussionen um Industriespionage und „Whistleblower“ à la Edward Snowden. Da wir hier nicht zuviel verraten wollen, können wir nicht ins Detail gehen, aber: Wir tauchen außerdem noch einmal tief in Lisbeths Vergangenheit und treffen alte Bekannte wieder, die vorher nur am Rande eine Rolle gespielt hatten.

Fazit: Wir wollen mehr!

David Lagercrantz kommt mit seiner „Verschwörung“ vielleicht nicht ganz an das fesselnde Moment der ursprünglichen „Millennium“-Bände heran, aber doch nahe. Und wer einmal einen Narren an Lisbeth gefressen hat, wird auch das neue Buch schnell verschlingen – und schreien: „Mehr! Mehr!“. Autor: Heiko Weckbrodt

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David Lagercrantz: „Verschwörung“, Thriller, schwedisches Original: Norstedts-Verlag 2015, deutsche Übersetzung: Ursel Allenstein, deutsche Ausgabe: Randomhouse / Heyne-Verlag München 2015, gebundene Ausgabe: 608 Seiten, 23 Euro, ISBN: 978-3-453-26962-0, eBuch: 19 Euro, ISBN: 978-3-641-15356-4, eine Leseprobe gibt es hier

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt