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Mikroelektronik-Engpässe dauern mindestens bis 2025

Die EU-Kommission plant ein europäisches Chip-Gesetz, um in der Mikroelektronik wieder etwas an Boden zu gewinnen. Foto: Christophe Licoppe für die EU-Kommission

Die EU-Kommission plant ein europäisches Chip-Gesetz, um in der Mikroelektronik wieder etwas an Boden zu gewinnen. Foto: Christophe Licoppe für die EU-Kommission

Industrie rechnet in EU-Chipumfrage mit doppelter Nachfrage im Jahr 2030

Brüssel/Dresden/Magdeburg, 6. August 2022. Trotz abflauender Konjunktur werden die Chip-Engpässe noch mindestens bis 2024 dauern – und die wirtschaftliche Erholung weiter ausbremsen. Das geht aus einer Chip-Umfrage der Europäischen Kommission hervor.

Die meisten Umsätze mit älteren Technologien – doch Sub-10-Nanometer-Chips dürfte steigen

Die befragten 141 Mikroelektronik-Hersteller und Käufer sind demnach überzeugt, dass sich die Schaltkreis-Nachfrage bis 2030 in Europa verdoppeln wird. Die größten Volumina nehmen immer noch Chips der älteren Produktgenerationen mit 65 bis 90 Nanometern ein. Allerdings erwartet die Industrie auch eine besonders stark wachsende Nachfrage im Segment der höchstintegrierten Halbleiter unterhalb von zehn Nanometern. Die beherrscht bisher in Europa kein einziger Mikroelektronik-Hersteller. Im „Silicon Saxony“ um Dresden herum dominieren beispielsweise Chiptechnologien der 28-nm-Klasse. Dies dürfte sich erst mit den Fabs ändern, die Intel in Magdeburg hochziehen will.

Arbeitskräfte, Kosten und Subventionen beeinflussen Standortsuche für neue Chipfabriken

Bei der Standort-Suche für neue Chipfabriken haben die befragten Unternehmen übrigens folgende Faktoren als besonders ausschlaggebend genannt: das Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften, die Betriebskosten, Infrastruktur, der Schutz geistigen Eigentums, die Bürokratie und die Subventionen in der jeweiligen Region.

Bosch-Chipfabrik Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Bosch-Chipfabrik Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Beispiel Bosch

Als sich beispielsweise Bosch für den Bau einer neuen Chipfabrik in Dresden und damit für die größte Einzelinvestition seiner Unternehmensgeschichte entschied, spielten ähnliche Faktoren eine Rolle: verfügbare Fachkräfte, die Sonderzuschüsse aus den Ipcei-Programmen, aber auch die bereits vorhandene Mikroelektronik-Infrastruktur und das starke Forschungsumfeld in der sächsischen Landeshauptstadt.

Die Visualisierung zeigt den Eingangsbereich der geplanten Intel-Doppelfabrik in Magdeburg. Grafik: Intel

Die Visualisierung zeigt den Eingangsbereich der geplanten Intel-Doppelfabrik in Magdeburg. Grafik: Intel

Beispiel Intel

Welche Faktoren genau in der Intel-Chefetage dazu führten, dass der US-Konzern seine nächsten europäischen Mega-Fabs in Magdeburg baut, hat das Unternehmen bis heute nicht genau mitgeteilt. Eine Rolle dürften dabei aber die hohen Subventionen gespielt haben, die anscheinend tatsächlich die von Intel gewünschten 40 Prozent der Investitionssumme erreichen, sowie die großen Chipfabrik-kompatiblen Flächen, die Sachsen-Anhalt rascher als etwa Sachsen anbieten konnte.

In Dresden gefertigter Wafer mit AMD-Vierkernprozessoren. Abb.: GF

Ein Dresden gefertigter Wafer mit AMD-Vierkernprozessoren. Abb.: GF

Beispiel AMD

Als sich in den 1990ern der kleinere Intel-Konkurrent AMD für den Bau einer großen Prozessor-Fabrik in Dresden entschied, gaben auch mehrere Faktoren den Ausschlag: Vor allem die erfahrenen Chipwerker aus der DDR-Mikroelektronik, die nach der Wende in Dresden neue Arbeit suchten, war seinerzeit ein besonders wichtiges Argument. „It’s all about people“, sagte damals AMD-Gründer Jerry Sanders. Allerdings gab es seinerzeit auch besonders hohe Subventionen für Ansiedlungen in Ostdeutschland.

Autor: hw

Quellen: EU-Kommission, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt