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Intel bietet Bau von acht Mega-Chipfabriken in Deutschland an

Impression aus der Chipproduktion im Intel-Werk Hillsboro. Foto: Intel

Impression aus der Chipproduktion im Intel-Werk Hillsboro. Foto: Intel

Auch Sachsen kommt als Standort in Frage – US-Konzern will aber 40 % Subventionen

Berlin/Dresden/Santa Clara, 1. Mai 2021. Intel-Chef Pat Gelsinger erwägt laut „Handelsblatt“-Bericht, mehrere Chipwerke der Mega-Fab-Klasse in Deutschland zu bauen. Auch Dresden steht laut „Handelsblatt“ als Standort zur Debatte. Allerdings fordere Gelsinger auch hohe Subventionen: Etwa 40 Prozent der Investitionskosten soll demnach die öffentliche Hand zuschießen, soll er am Rande einer Reise nach Berlin erklärt haben.

Intel-Chef Pat Gelsinger. Foto: Intel

Intel-Chef Pat Gelsinger. Foto: Intel

Intel-Chef Gelsinger stellt bis zu acht Großfabriken in Aussicht

Zur Debatte stehen demnach zunächst zwei Fabriken und binnen zehn Jahren dann weitere vier bis sechs weitere Chipwerke am gleichen Standort. Für jede Megafab kalkuliere der US-Konzernchef rund zehn Milliarden Dollar Kosten. Das würde bei acht Fabs in Summe 80 Milliarden Dollar und davon 32 Milliarden Dollar (26,6 Milliarden Euro) Beihilfen von EU, Bund und Land.

EU sieht auch Samsung und TSMC als mögliche Investoren

Laut dem Portal „EE News analog“ will Gelsinger über sein Angebot auch mit der EU-Kommission reden. Die hat aber auch Samsung und TSMC eingeladen, die mögliche Fab-Invesitionen in Europa zweifellos auch von hohen Beihilfe-Quoten abhängig machen werden.

IPCEI macht Subventionsquoten über 30 % möglich

Völlig unmöglich wären derart hohe Beihilfen nicht: „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) in der Mikroelektronik wurden und werden inzwischen durchaus mit Subventionsquoten von 30 Prozent und mehr realisiert. Zudem hatten sich xx europäische Staaten – darunter Deutschland – erst Anfang 2021 darauf verständigt, 145 Milliarden Euro aus den Corona-Wiederaufbautöpfen in ein Programm zu leiten, das Europas Rückstand in der Mikroelektronik mindern soll. Um einen Teil dieser Gelder bewerben sich unter anderem Infineon und Globalfoundries, die damit ihre Chip-Werke in Dresden ausbauen wollen. Sachsen hat bereits eine starke und traditionsreiche Chipindustrie, Forschungseinrichtungen, Fachkräfte und Zuliefer-Infrastrukturen, die auch für eine Intel-Ansiedlung nutzbar wären.

Eu-Kommisar Thierry Breton. Foto: Etienne Ansotte für die EU-Kommission

Eu-Kommisar Thierry Breton. Foto: Etienne Ansotte für die EU-Kommission

Heftiger Disput um Bretons Pläne für eine 2-nm-Eurofoundry

Heftige Diskussionen um die Prioritäten für die neuen Mikroelektronik-Subventionen hatte indes EU-Kommissar Thierry Breton ausgelöst, der dafür plädiert hat, mit zweistelligen Milliardenbeträge eine eigene Eurofoundry zu bauen, die Halbleiter der Generation zwei Nanometer herstellen und Branchenriesen wie TSMC und Samsung Paroli bieten kann. Der sächsische Hochtechnologie-Branchenverband „Silicon Saxony“ (Silsax) hatte diese allerdings beizeiten abgelehnt: Solch ein Projekt sei in dieser Dekade aus eigener europäischer Kraft gar nicht zu stemmen, argumentierte Silsax-Präsident Heinz-Martin Esser gegenüber dem Oiger. Zudem gebe es vorläufig nur wenig Bedarf für 2-nm-Chips in Europa. Besser sei es daher, mit den EU-Milliarden die bereits gewachsene Mikroelektronik-Industrie zu stärken. Noch drastischer äußerte sich im April 2021 die Denkfabrik „Stiftung neue Verantwortung“ aus Berlin: „Leider ist die Jagd nach der 2-nm-Fabrik ein vergebliches Unterfangen mit dem sehr realen Risiko, Milliarden von Euro an öffentlichen und privaten Geldern zu verschwenden“, warnte Analyst Jan-Peter Kleinhans.

Politico-Bericht: Europas Halbleiter-Bosse sehen Breton-Pläne kritisch

Und das sehen viele Halbleiter-Unternehmenschefs laut einem Bericht des Portals „Politico“ anscheinend ganz ähnlich. Die Konzernbosse kritisieren insbesondere Breton, der auf vollkommen unrealistischen Plänen beharre. Dabei verweisen sie auf ähnliche Argumente wie Silsax und die Berliner Denkfabrik.

Ein Intel-Ingenieur begutachtet eine Chip-Belichtungsmaske in der Fabrik in Santa Clara. Foto: Intel

Ein Intel-Ingenieur begutachtet eine Chip-Belichtungsmaske in der Fabrik in Santa Clara. Foto: Intel

Intel ist Selbsthersteller und Foundry gleichermaßen

Etwas anders wäre es allerdings, wenn Europa solch eine Riesenfabrik der neuesten Generation – für die es hier gar keine Erfahrungen gibt – nicht selbst zusammenzimmern und auslasten müsste, sondern ein US-Konzern wie Intel bauen und sich auf die üblichen Subventionen herunterhandeln ließe. Denn Intel baut einerseits Chips für den Eigenbedarf, will aber auch sein Geschäftsfeld als Auftragsfertiger („Foundry“) ausbauen. Europas Autohersteller und andere technologieorientierte Industrien würden damit Zugriff auf eine zusätzliche Quelle für besonders feinstrukturierte Chips jenseits von Taiwan und Südkorea bekommen, müsste sich aber nicht um die Auslastung solch eines Foundry-Großstandortes kümmern. Zudem ist Intel in Europa kein ganz neuer Investor: In Leixlip in Irland betreiben die US-Amerikaner bereits mehrere Chipfabriken. Auch waren sie in Deutschland zeitweise an Forschungszentren- und -firmen zum Beispiel in Dresden, Nürnberg, Duisburg, Regensburg und Ulm beteiligt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Handelsblatt, Politico, FAZ, EE News Analog, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt