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Kreative Lösungen für Autospalte gefragt

Produktions-Neustart für die Elektrogolfs in der gläsernen Volkswagen-Manufaktur Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Deutsche Automobilhersteller wie VW investieren bereits viel Mühe, um die Spaltmaße an ihren Fahrzeugen klein zu halten. Künftig soll diese Qualitätskontrolle noch stärker automatisiert werden. Foto: Heiko Weckbrodt

Zeiss hat 2000 Euro für Schwarmteams ausgeschrieben, die binnen 3 Tagen eine automatische Qualitätskontrolle konzipieren

Dresden, 9. April 2022. Kaum etwas ist ärgerlicher für den Käufer eines Autos, wenn er sich für deutsche Qualitätsarbeit entschieden hat und dafür auch etwas mehr Geld auf den Tisch gelegt hat – und dann hängen womöglich beim neuen Wagen die Türen leicht schief und die Heckklappe sieht aus, als ob sie von einem ganz anderen Fahrzeug notdürftig ummontiert wurde. Deshalb legen hiesige Autohersteller auch so großen Wert auf genau definierte, millimeter-schmale Spalte zwischen allen Bauteilen, damit das Fahrzeug gleich auf den ersten Blick Wertigkeit ausstrahlt.

Um diese Qualitätskontrolle schon in der Fabrik stärker als bisher zu automatisieren, hat das Dresdner Unternehmen „Zeiss Digital Innovation“ für Hightech-Tüftler nun eine Herausforderung – neudeutsch „Challenge“ genannt ausgeschrieben: Binnen drei Tagen soll ein spontan gebildetes Team in einem sogenannten „Thin[gk]athon“ eine Lösung und einen Demonstrator für die „Spalt-Bündigkeitsmessung im Karosseriebau“ entwickeln. Das hat der „Smart Systems Hub“ Dresden mitgeteilt, der solche Schwarm-Entwicklungsprojekte bereits seit geraumer Zeit organisiert.

System soll Daten in die Cloud schleusen

Ziel ist ein System, das Spaltmaße an Fahrzeugen automatisch per Kamera und andere Sensoren erfasst und dann über gängige Schnittstellen an eine Rechnerwolke („Cloud“) für die Analyse weiterleitet. „An diese Plattform sollen sich auch weitere Maschinen und Anlagen mindestens aus derselben, bestenfalls aber auch anderen Produktionslinien mit geringem Aufwand anbinden lassen“, heißt es in der Herausforderung.

Smart Systems Hub organisiert die Hochtechnologie-Herausforderungen

Auf die Teilnehmer warten Preisgelder in Höhe von insgesamt 2.000 Euro, von denen die Hälfte für das Sieger-Kollektiv reserviert ist, und vor allem drei Tage kreativer „Arbeit in kleinen, agilen Teams und Wissenstransfer durch Coaches“, wirbt Thin[gk]athon-Organisator Markus Reich. Willkommen sind professionelle Software-Entwickler, freischaffende Kreative, Ingenieure wie auch ambitionierte Nerds und alle anderen, die für solche Hochtechnologie-Herausforderungen brennen. Auch kreative Designer sowie Konzept- und Methodendenker seien gefragt, betonen die Hub-Organisatoren.

„Schnellboot inmitten der Tanker“

Mit „Thin[gk]athons“, digitalen Produktfabriken und ähnlichen Formaten wollen Hub-Chef Michael Kaiser und sein Team die oft recht kleinteilige Hightech-Landschaft in Sachsen auf neue Art und Weise für komplexe Produktentwicklungen vernetzen, die man sonst gemeinhin nur großen Konzern-Forschungsabteilungen zutraut. Tatsächlich könne das „Silicon Saxony“ mit solchen spontanen und schwarm-orientierten Konzepten oft sogar flexibler und rascher auf neue technologische Herausforderungen reagieren als die Großunternehmen, ist Kaiser überzeugt. Er vergleicht den Hub daher gerne mit einem „Schnellboot inmitten von großen, schwerfälligen Tankern“.

Bei den Schwarmerfindern geht es eher locker zu. Hier ein Team auf Zeit, das beim 3. Thingkathon des "Smart System Hub" Dresden neue digitale Konzepte für die Fernwartung von Pumpen in Wasserwerken und für andere kritische Infrastrukturen entwickelt. Foto: Smart Systems Hub Dresden

Bei den Schwarmerfindern geht es eher locker zu. In dieser Archivaufnahme ist ein Team zu sehen, das beim 3. Thingkathon des „Smart System Hub“ Dresden neue digitale Konzepte für die Fernwartung von Pumpen in Wasserwerken und für andere kritische Infrastrukturen entwickelte. Foto: Smart Systems Hub Dresden

Konzept hat sich bereits mehrfach bewährt

Bei früheren „Thin[gk]athons“ und „Digital Product Factories“ hatten Schwarmteams aus verschiedenen Unternehmen und Freischaffende beispielsweise Lösungen entwickelt, um mit Technologien des „Internets der Dinge“ (IoT) Fertigungsstaus in der Produktion zu vermeiden, um kritische Infrastrukturen wie die Pumpen der Wasser- und Abwasserzweckverbände fernzusteuern oder um Reinstwasserventile in Chipfabriken vorausschauend zu warten.

Globalfoundries Dresden setzt vorausschauende Wartung für Reinwasser-Ventile ein. Foto: Globalfoundries

Globalfoundries Dresden setzt vorausschauende Wartung für Reinwasser-Ventile ein. Das Konzept wurde bei einem Thin[gk]athon des Smart Systems Hubs Dresden im Grundsatz entwickelt. Foto: Globalfoundries

-> Weitere Informationen und die Anmeldemaske zum nächsten Thin[gk]athons vom 2. bis zum 5. Mai 2022 gibt es hier im Netz.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: SSH IoT Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt