
Wenn sich ein Ausfall anbahnt, warnt die KI und fordert eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) an. Hier eine Statusampel an einer Anlage in der Chipfabrik von Globalfoundries Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt
Analysten gehen von Milliardenmarkt durch „Predictive Maintenance“ aus
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Dresden, 13. Juli 2021. Durch die vorausschauende Wartung („Predictive Maintenance“) seiner Chipproduktions-Anlagen spart Globalfoundries Dresden jährlich mehrere Hunderttausend Euro ein, Tendenz: steigend. Dabei setzen die Ingenieure moderne Sensortechnik, Künstliche Intelligenz (KI) und andere „Industrie 4.0“-Technologien ein. Das haben die zuständigen Ingenieure Alex Preusse, Matthias Schaller und Sven Beyer von Globalfoundries auf Anfrage mitgeteilt.
Video (hw): Das Wafer- Transportsystem bei Globalfoundries Dresden:
Teile im Chipwerk werden ausgetauscht, wenn die Künstliche Intelligenz drohende Ausfälle erahnt
Die vorausschauende Wartung verwendet Globalfoundries beispielsweise, um den richtigen Reparatur-Zeitpunkt an seinen Ionenkanonen („Implantern“) für die Chipproduktion zu finden. Dadurch spart das Unternehmen im Vergleich zur Wartung nach einem starren Zeitplan Geld, da noch gut funktionierende Teile nicht zu früh ausgetauscht werden, aber auch sich anbahnende größere Schäden frühzeitig erkannt werden. Zum Einsatz kommt „Predictive Maintenance“ zudem für das automatische Transportsystem in Europas größter Chipfabrik. Dieses System ist unter der Reinraumdecke installiert. Ähnlich wie eine riesige Werkbahn befördert es in schienengeführten Boxen die Siliziumscheiben („Wafer“) von einer Maschine zur anderen.
Entwicklerschwarm spannt KI für Ventil-Wartung ein
Globalfoundries hatte diese neuen Wartungs-Technologien gemeinsam mit Partnern aus Dresden zunächst auf sein Reinstwasser-Versorgungssystem übertragen. Koordiniert vom „Smart Systems Hub“ entwickelte ein kleines Team aus Experten von Globalfoundries, der KI-Firma „Coderitter“, des Halbleiterkonzerns „Infineon“, des Sensorunternehmens „Sensry“ und der Telekom-Tochter „T-Systems Multimedia Solutions“ binnen drei Monaten eine Künstliche Intelligenz, die die Ventile und Pumpen im Reinstwasserkreislauf der Chipfabrik mit moderner Sensorelektronik abhorcht, Anomalien erkennt und vor Ausfällen warnt. Bisher hatten erfahrene Mitarbeiter diese Ventile manuell überwacht. Als „Augen, Ohren und Nerven“ der KI setzte das Team die universelle Sensorplattform „Ganymed“ ein, die zuvor in einem anderen Dresdner Gemeinschaftsprojekt entstanden war. Ausgestattet mit neun Risc-Prozessorkernen, zahlreichen Schnittstellen und Sensoren kann dieses System viele KI-Aufgaben bereits vor Ort in einer „nahen Rechnerwolke“ („Edge Cloud“) erledigen, ohne dass die Sensordaten das Werkgelände verlassen und zu einem der großen Rechenzentren in Übersee gesendet werden müssten.

Auch für die Wafer-Transport-Eisenbahn in der Chipfabrik setzt Globalfoundries Dresden vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) ein. Foto: Heiko Weckbrodt
Marktforscher erwarten für 2025 über zehn Milliarden Euro Umsatz durch „Predictive Maintenance“
Auch andere Halbleiterunternehmen in Dresden wollen in wachsendem Maße auf vorausschauende Wartung setzen, darunter Bosch und Infineon. Viele Technologie-Analysten rechnen angesichts der erheblichen Einsparpotenziale und Zuverlässigkeitsgewinne weltweit mit einem starken Wachstum dieser „Industrie 4.0“-Technologie. Die Experten von „Markets and Markets“ beispielsweise prognostizieren, dass sich der globale Markt für „Predictive Maintenance“ von derzeit rund 3,4 Milliarden Euro bis 2025 auf etwa zehn Milliarden verdreifachen wird. Die Analysten von „Valuates Reports“ gehen sogar von noch höheren Umsätzen und Wachstumsraten aus: Sie schätzen die aktuellen Umsätze mit „vorausschauender Wartung“ bereits jetzt auf umgerechnet zirka sechs Milliarden Euro und rechnen in dieser Dekade mit jährlichen Wachstumsraten um die 29 Prozent.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Globalfoundries (Vor-Ort-Besuch), Sensry, Oiger-Archiv, Markets and Markets, Allied Market Research, Silicon Saxony, Smart Systems Hub
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