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Nur noch 6 Großforschungszentren-Konzepte für Sachsen im Rennen

So luftig könnte das geplante Großforschungszentrum „Lausitz Art of Building“ (Lab) dank moderner Karbonbeton-Technologien aus Dresden wirken. Visualisierung: Henn Architekten

So luftig könnte das geplante Großforschungszentrum „Lausitz Art of Building“ (Lab) dank moderner Karbonbeton-Technologien aus Dresden wirken. Visualisierung: Henn Architekten

Chemie, Klima, Medizin, Astrophysik, Marsstationen und neue Bautechnologien in der engeren Wahl

Dresden/Berlin, 23. Juli 2021. Unter den rund 150 Ideenskizzen für zwei neue Großforschungszentren in der Lausitz und im Leipziger Raum hat eine Perspektivkommission nun die meisten ausgesiebt und sechs Vorschläge in die engere Wahl genommen. Das haben das Bundesforschungsministerium und die sächsische Staatskanzlei heute mitgeteilt.

Je 1,25 Milliarden Euro vor Augen

Die Einreicher bekommen nun eine halbe Million Euro und sechs Monate Zeit, um aus ihren Ideen überzeugende und realisierungsbereite Konzepte zu machen. Letztlich entscheiden Bund und Land danach, welche zwei Zentren tatsächlich gebaut werden – je eines in den Kohleausstiegs-Regionen Lausitz und Leipziger Umland. Der Bund hat bis einschließlich 2038 je 1,25 Milliarden Euro pro Zentrum versprochen.

Die Finalisten

In die engere Wahl gekommen sind nun die Konzepte „Chemresilienz – Forschungsfabrik im Mitteldeutschen Revier“ von Prof. Peter Seeberger aus Potsdam, das „Centre for Climate Action and Innovation – Research and Engineering” (CLAI_RE) von Prof. Georg Teutsch aus Leipzig, das „CMI – Center for Medicine Innovation“ von Prof. Jens Meiler aus Leipzig, ein „Deutsches Zentrum für Astrophysik“, das Prof. Günther Hasinger von der European Space Agency (ESA) aus Spanien vorgeschlagen hat, das „European Research Institute for Space Ressources” (Eris) von Prof. Carsten Drebenstedt aus Freiberg und das von Prof. Manfred Curbach von der TU Dresden eingereichte „Lab – Lausitz Art of Building”.

In der Wasser-, Energie- und Pflanzenfabrik der "Zukunftsfabrik Lausitz" sollen künftig modernste Technologien und Prinzipien der Kreislaufwirtschaft im Realmaßstab kombiniert und dabei vorhandene Kompetenzen und Infrastrukturen in der Lausitz genutzt werden Foto: Fraunhofer IKTS

Aus dem Rennen: Die Zukunftsfabrik für neue Wasser-, Energie- und Ernährungstechnologien für die Lausitz. Foto: Fraunhofer IKTS

Keine Chance mehr für Zukunftsfabrik, SIT und Nanoelektronik

Aus dem Rennen sind damit mehrere Vorschläge, die eigentlich als aussichtsreich galten. Dazu gehören zum Beispiel das von Prof. Karl Leo von der TU Dresden vorgeschlagene „Saxonian Institute of Technology“, die Wasser-Energie-Ernährungs-Fabrik des Fraunhofer-Keramikinstituts IKTS aus Dresden oder das Nanoelektronik-Großforschungszentrum, das Prof. Harald Kuhn vom Fraunhofer-Institut Enas gemeinsam mit der „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ vorgeschlagen hatten.

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

Entscheidend seien letztlich die Impulse für die Menschen vor Ort, betonte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): „Wir wollen und wir werden neue Perspektiven schaffen für die Kohleregionen“, versprach er. „Auch wenn die endgültige Entscheidung noch aussteht, ist schon heute klar, dass rund um die Großforschungszentren neue Perspektiven und gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen werden. Am Ende werden nicht nur die beiden sächsischen Regionen, sondern der Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland insgesamt davon profitieren.“ Der Bund geht von bis zu 1500 Arbeitsplätzen pro Zentrum aus. Erfahrungsgemäß dürften zusätzlich noch 1,5 bis drei Mal so viele im Umfeld entstehen.

Die Finalisten im Kurzporträt

Hier nun die Kurzbeschreibungen der Projekte, die in die engere gekommen sind (Quelle der Kurzporträts: BMBF):

Chemresilienz

(Prof. Peter Seeberger, Potsdam): Um die Versorgung wichtiger Industriezweige wie Gesundheit, Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Konsumgüter sicherzustellen, will „Chemresilienz – Forschungsfabrik im Mitteldeutschen Revier“ eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft chemischer Erzeugnisse etablieren. Nachwachsende Rohstoffe, kurze Transportwege sowie lokale, kostengünstige und nachhaltige Produktionsprozesse sollen die Resilienz der deutschen Chemiewirtschaft sicherstellen – bei gleichzeitiger Einhaltung höchster Arbeitsschutz- und Umweltstandards.

CLAI_RE

(Prof. Georg Teutsch, Leipzig): Das „Centre for Climate Action and Innovation – Research and Engineering” (CLAI_RE) will Klimadaten und -wissen bündeln. Auf dieser Basis sollen funktionale digitale Zwillinge von Ökosystemen geschaffen werden und Datenräume in ganz neuen Dimensionen entstehen. CLAI_RE will Handlungsoptionen für den Klimaschutz mit Fokus auf Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasser, Planung urbaner Räume, Energieversorgung, Gesundheit und Mobilität entwickeln.

CMI

(Prof. Jens Meiler, Leipzig): Die Initiatorinnen und Initiatoren des „CMI – Center for Medicine Innovation“ nehmen neue Technologien zur Digitalisierung und Individualisierung der Medizin in den Fokus. Durch die Vereinigung von Medizintechnik, Digitalisierung und Medikamentendesign soll ein Zentrum der biomedizinischen Forschung und personalisierten Medizin entstehen. Versorgungs- und Wertschöpfungsketten sollen zu einem Ökosystem vereint werden, das die Integration neuer Produkte in Versorgungsstrukturen erleichtert und beschleunigt.

Deutsches Zentrum für Astrophysik

(Prof. Günther Hasinger, European Space Agency Spanien): In Sachsen sollen die riesigen Datenströme zukünftiger Großteleskope gebündelt und verarbeitet werden. Gleichzeitig sollen in einem neuen Technologiezentrum u. a. Regelungstechniken für Observatorien entwickelt werden. Dabei bauen die Verantwortlichen auf die Erfahrung und das moderne Umfeld der Industrie in Sachsen auf. Zudem wird die Option verfolgt, in den Granitformationen der Lausitz ein Gravitationsteleskop zu bauen.

ERIS

(Prof. Carsten Drebenstedt, Freiberg): Das „European Research Institute for Space Ressources” – kurz ERIS – will wissenschaftliche und technologische Grundlagen für die Errichtung und den Betrieb von Weltraumstationen auf Mond und Mars erforschen. Auf dieser Basis will ERIS Lösungsansätze für gesellschaftlich relevante Herausforderungen auf der Erde entwickeln. Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können neue Methoden und Technologien einen Beitrag dazu leisten, Ressourcen im Weltraum und auf der Erde sicherer, effektiver und umweltschonender zu nutzen.

LAB

(Prof. Manfred Curbach, Dresden): Das „Lab – Lausitz Art of Building” adressiert einen Paradigmenwechsel im Bauwesen: neue, ressourceneffiziente und klimaneutrale Werkstoffe sowie modular geplante, hochflexible und lange nutzbare Bauwerke sollen den enormen Ressourcenverbrauch im Bauwesen mindern. Das Konzept integriert die modernsten Ansätze der Materialforschung, der Produktionstechnologien und der Digitaltechnologien, sodass sich die Lausitz als arbeitsplatzwirksame europäische Modellregion für nachhaltiges Planen und Bauen entwickeln kann.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: BMBF, SSK

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt