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Markt für Flussbatterien wächst

Redox-Flussbatterie-Technikum im Fraunhofer ICT. In den Tanks sind die Elektrolyte gebunkert. Foto: Fraunhofer ICT

Redox-Flussbatterie-Technikum im Fraunhofer ICT. In den Tanks sind die Elektrolyte gebunkert. Foto: Fraunhofer ICT

IDTechEx rechnet mit 30 % Umsatzplus pro Jahr für Redox-Flow-Batterien

Cambridge, 29. März 2020. Der Bedarf an großen Flüssigbatterien wird wegen des Kohleausstiegs und der Hinwendung zu Solar- und Windstrom in mehreren Ländern demnächst spürbar steigen. Das hat das englische Marktforschungs-Unternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge in seiner Analyse „Redox Flow Batteries 2020-2030: Forecasts, Challenges, Opportunities“ eingeschätzt. Demnach wächst der Markt für „Redox-Flow-Batterien“ (RFB), wie diese Akkus im Englischen genannt werden, in nächster Zeit um 30 Prozent pro Jahr.

Analysten: Nach 40 Jahren sind RFBs nun technologisch bereit für den Durchbruch

„Nach mehr als 40 Jahren Forschung und 20 Jahren Test- und Demonstrationsprojekten sind die Durchflussbatterien nun technologisch bereit, auf dem Energiespeichermarkt zu bestehen“, betonen die IDTechEx-Analysten. „Das hohe Sicherheitsniveau und die einfache Wiederverwertung jeder Komponente einer Durchflussbatterie machen diese Technologie in großen Anwendungen in einer künftigen Kreislaufwirtschaft sehr vielversprechend.“

Das Schema zeigt den Aufbau einer Flussbatterie, auch "Redox Flow Batterie" genannt: Blau und gelb sind die zwei getrennten Kreisläufe aus Tanks, Pumpen und Leitungen für die zwei Elektrolyt-Flüssigkeiten eingezeichnet. Aus den Tanks wandern sie in eine galvanische Zelle (Mitte), in der die Flüssigekiten durch eine Membran (dunkelgrün) getrennt werden. Durch die Membran wandern die Ladungsträger, dadurch können die Elektroden (schwarz) dort Strom abgreifen oder einspeisen. Grafik: Heiko Weckbrodt

Das Schema zeigt den Aufbau einer Flussbatterie, auch „Redox Flow Batterie“ genannt: Blau und gelb sind die zwei getrennten Kreisläufe aus Tanks, Pumpen und Leitungen für die zwei Elektrolyt-Flüssigkeiten eingezeichnet. Aus den Tanks wandern sie in eine galvanische Zelle (Mitte), in der die Flüssigkeiten durch eine Membran (dunkelgrün) getrennt werden. Durch die Membran wandern die Ladungsträger, dadurch können die Elektroden (schwarz) dort Strom abgreifen oder einspeisen. Grafik: Heiko Weckbrodt

Der Aufbau von Redox-Flow-Batterien

Anders als in den heute üblichen Lithium-Ionen-Akkus sind in Flüssigbatterien die Energiespeicher und die Energiewandler räumlich getrennt. RFB speichern und wandeln Energie durch zwei flüssige Elektrolyte, die in externen Tanks gelagert sind. Pumpen wälzen diese Flüssigkeiten in getrennten Kreisläufen in eine Reaktionszelle. Auch dort bleiben die beiden Stoffe getrennt, tauschen ihre Ladungsträger durch eine trennende Membran aus und liefern dadurch Strom beziehungsweise speichern ihn.

Projektmanager Thomas Dautert prüft die Einschub-Akkus im Batterie-Großspeicher der Drewag in Dresden-Reick. "Notfalls könnten wir damit einen Vier-Personen-Haushalt 200 Tage lang mit Strom versorgen", sagt er. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektmanager Thomas Dautert prüft die Einschub-Akkus im Batterie-Großspeicher der Drewag in Dresden-Reick. Heutige Batterie-Großspeicher basieren meist auf Lithium-Ionen-Akkus. Foto: Heiko Weckbrodt

Nachteile der Flussbatterie

Die Nachteile der Flüssigbatterien: Wegen ihrer aufwendigen Bauweise mit Pumpen, Rohren und Tanks eignen sie sich kaum als kleine Akkus etwa für Elektroautos oder Notebooks. Außerdem ist ihre Energiedichte niedriger als die von Lithium-Ionen-Akkus. Sie kommen meist nur auf ein Speichervermögen von 25 bis 50 Wattstunden pro Liter Elektrolyt-Flüssigkeit – Pumpen und Behälter noch nicht eingerechnet. Zum Vergleich: Dieselkraftstoff erzielt etwa 10.000 Wattstunden pro Liter, Bleiakku-Elektrolyte erreichen zirka 80 Wattstunden.

Vorteile der Flussbatterie

Die Vorteile: RFBs sind fast beliebig vergrößerbar, können insofern auch sehr viel Energie zwischenspeichern, wenn man größere Tanks einsetzt. Sie eignen sich dadurch besser als Lithium-Ionen-Akkus dafür, große Energieschübe aufzunehmen und zum Beispiel die Lieferschwankungen von Solar- und Windkraftwerken in den Netzen auszugleichen. Auch sind sie wegen ihrer flüssigen Bauweise weitgehend brandsicher. Ihre Elektrolyte sind gut wiederverwertbar. Zudem lassen sich die Energieträger recht einfach nachtanken, wenn im konkreten Anwendungsfall eine schnelle Wiederaufladung wichtig ist. Nicht zuletzt haben Flussbatterien eine lange Lebensdauer.

Technologie ursprünglich in Braunschweig entwickelt

Entwickelt wurde das Flüssigbatterie-Konzept bereits 1954 durch den deutschen Chemiker Walther Kangro an der TU Braunschweig. Wegen der geringen Energiedichte und aufwendigen Bauart konnten sie sich aber lange nicht im großen Stil durchsetzen. Inzwischen haben viele Forscher die Technologie verbessert, insbesondere durch den Einsatz von Vanadium – das allerdings nicht ganz billig ist.

Weltweit sind Flussbatterien für 70 Megawatt beziehungsweise 250 Megawattstunden installiert

Inzwischen sind laut IDTechEx-Recherchen weltweit Flüssigbatterien mit einer Gesamtleistung von etwa 70 Megawatt Leistung beziehungsweise 250 Megawattstunden Energiespeichervermögen installiert. Weitere Megawatt-Installationen seien bereits angekündigt, etwa in China, Südafrika, Korea, Australien und in der EU.

Jena-Batteries und BASF entwickeln gemeinsam neue Elektrolyte für organische Redox-Flow-Batterien (RFB), wie sie hier in Corntainer-Form im Foto zu sehen sind. Foto: BASF und Jena-Batteries

Jena-Batteries und BASF entwickeln gemeinsam neue Elektrolyte für organische Redox-Flow-Batterien (RFB), wie sie hier in Corntainer-Form im Foto zu sehen sind. Foto: BASF und Jena-Batteries

Innovatives organisches Prinzip in Jena erforscht

Gerade in Europa und speziell in Deutschland gibt es auch einige vielversprechende Ansätze für Weiterentwicklungen und Alternativen zur Vanadium-Flüssigbatterie (VRFB). Die Friedrich-Schiller-Universität Jena beispielsweise hat ein vielversprechendes Konzept entwickelt, um Vanadium und andere teure Metalle durch organische Stoffe und Salzlösungen zu ersetzen. Inzwischen ist daraus das Unternehmen „Jena-Batteries“ entstanden, das unter anderem derzeit gemeinsam mit BASF großtechnische Lösungen für diese Bauart entwickelt. Auch das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal, das Fraunhofer-Institut Umsicht aus Oberhausen und weitere Forschungseinrichtungen arbeiten daran, die RFBs zu verbessern.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv, Uni Jena, Jena-Batteries, BASF, Fraunhofer-ICT, TU Dresden, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt