Filme, zAufi

Doku „Unsere große kleine Farm“ über zwei Städter, die zu Ökobauern wurden

Der blauäugige Hund Todd ist der Auslöser für die Chesters, auf "Unsere große kleine Farm" umzusiedeln. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: "Unsere große kleine Farm"

Der blauäugige Hund Todd ist der Auslöser für die Chesters, auf „Unsere große kleine Farm“ umzusiedeln. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: „Unsere große kleine Farm“

Natur-Kreislaufe dienen als Schwungrad für eine minimalinvasive Landwirtschaft

Reichen etwas Risikokapital und viel Enthusiasmus für ein paar Stadtmenschen aus, um aus 80 Hektar verödetem Land eine blühende, naturnahe Farm zu machen? In der Dokumentation „Unsere große kleine Farm“ geht der US-Farmer John Chester dieser Frage nach. Erschienen ist das anderthalbstündige Plädoyer für eine umweltgerechte Landwirtschaft nun fürs Heimkino.

Ein Hund, Investoren – und viel Enthusiasmus

Ausgangspunkt für das ganze Projekt war der blauäugige Hund Todd, den Molly und John Chester adoptiert hatten. Bald nämlich merkten sie, dass der laut bellende Vierbeiner einfach nicht in eine Winzigwohnung in Los Angelos passte. Und so schmiedete das Ehepaar den Plan, Farmer zu werden: Sie gewannen Investoren, kauften ein verlassenes Zitronen-Gut und holten sich einen Spezialisten für „traditionelle Landwirtschaft“ an Bord.

In einem Jahr wirft die Sau Emma gleich 17 Ferkel. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: "Unsere große kleine Farm"

In einem Jahr wirft die Sau Emma gleich 17 Ferkel. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: „Unsere große kleine Farm“

Diversität als Grundprinzip: Möglichst viele Pflanzen und Tiere ansiedeln, damit sich das Rad dreht

Dessen Konzept baut darauf, möglichst viele verschiedene Bäume, Gemüsesorten, Nutzpflanzen und Tiere auf dem Land anzusiedeln, um ein selbstorganisierendes Ökosystem anzustoßen. Ist dieses „Schwungrad“ erst mal gebaut und angestoßen, erhält es sich – wie in der unberührten Natur – quasi von selbst, so die Idee dahinter: Statt der Zitronen-Monokulturen des Vorbesitzers pflanzen sie Dutzende verschiedene Bäume an. Statt den vertrockneten Boden durch Dünger und maschinelle Dauerbewässerung wiederzubeleben, pflanzen die Chesters bodenförderndes Grünkraut an und kaufen eine technisch ausgefeilte Kompostieranlage, um aus dem Kot ihrer Tiere frischem Mutterboden zu gewinnen.

Molly Chester spielt mit den Hütehunden. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: "Unsere große kleine Farm"

Molly Chester spielt mit den Hütehunden. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: „Unsere große kleine Farm“

Nach langen Experimenten halten sie mit Hunden die hühnerfressenden Kojoten in Schach, die sich daraufhin auf die wurzelfressenden Wühlmäuse stürzen. Sogar Eulen siedeln sie als verbündete Jäger an, schicken ihre Enten auf Schneckenjagd und dergleichen mehr.

Das Schwein Emma (alias: "Die Hässliche") und der Hahn Greasy (alias: "Der Zersauste") haben sich angefreundet. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: "Unsere große kleine Farm"

Das Schwein Emma (alias: „Die Hässliche“) und der Hahn Greasy (alias: „Der Zersauste“) haben sich angefreundet. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: „Unsere große kleine Farm“

Idealismus allein reicht nicht

In seiner Dokumentation verschweigt Chester indes nicht, dass es mit gutem Willen allein nicht getan ist: Die Verluste an Vieh und Obst sind jahrelang zeitweise enorm. Bevor sie auf den Dreh mit den Hunden kommen, schießen die Ökobauern in ihrer Verzweiflung dann doch auf die Kojoten, setzen vor allem auch viel moderne Technik ein, um ihr natürliches „Schwungrad“ in Gang zu bringen.

Werbevideo (Prokino):

Und auch wer Ökolandwirtschaft skeptisch gegenüber steht, kann einfach nicht anders, als diesen anfangs so laienhaften Idealisten, die Jahr für Jahr dazu lernen, voller Sympathie die Daumen zu drücken. Erst nach etwa sieben Jahren etwa war es geschafft, erzählt uns John Chester: Der lokale Kreislauf aus Werden und Vergehen, „Schädlingen“ und Jägern, Wasser und Dung hält sich weitgehend selbst in Gang – wobei es immer wieder auch korrigierender Eingriffe der Farmer bedarf.

Fazit: Sympathisch

Selbst wer mit dem Landleben nichts am Hut hat, dürfte fasziniert von dieser Doku sein, die ganz den Zeitgeist wachsenden ökologischen Bewusstseins in den westlichen Gesellschaften atmet. Manchmal mag da die Texterei im Hintergrund nach amerikanischer Art etwas arg bedeutungsschwanger und dick aufgetragen sein. Auch weiß der Außenstehende natürlich nicht, wieviele Nebeneffekte und Probleme solch eine Landwirtschaft, die stark auf eine Harmonie mit der Natur setzt, im Film womöglich gar nicht erwähnt werden.

Und doch fiebert der Zuschauer ganz automatisch mit diesen enthusiastischen Ex-Städtern mit, die zu Ökofarmern werden. Zudem punktet die Doku mit schönen, detaillierten Tier und Naturaufnahmen, die offensichtlich teils mit Hochgeschwindigkeits-Kameras gedreht worden sind. Nett sind auch stilistische Exkurse in die Trickfilm-Welt. Vor allem ist „Unsere große kleine Farm“ aber eines: ein flammendes Plädoyer für eine minimalinvasive Landwirtschaft sowie ein Appell, der Natur zu vertrauen.

DVD-Hülle von "Unsere große kleine Farm". Foto: Prokino, Szenenfoto aus: "Unsere große kleine Farm"

DVD-Hülle von „Unsere große kleine Farm“. Foto: Prokino, Szenenfoto aus: „Unsere große kleine Farm“

Kurzüberblick:

  • Titel: „Unsere große kleine Farm“
  • Genre: Ökobauern-Doku
  • Produktionsland und -jahr: USA 2019
  • Regie: John Chester
  • Mit: Molly und John Chester, Emma das Schwein, Todd der Hund, Greasy der Hahn und viele andere mehr
  • Preis: DVD 15 Euro, Videostrom: leihen für fünf Euro, kaufen für zwölf Euro
  • Veröffentlichung: 21. November 2019
  • Verleih: Prokino

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt