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Europa auf Schaukelkurs zwischen China und USA

Foto: Axel Buchwitz

Deutsche Ökonomen raten EU zu „wechselnden Allianzen“

München, 21. November 2019. Auf eine Schaukel- und Ausgleichspolitik zwischen China und den USA würden viele deutsche Ökonomen am liebsten Europa einschwören: Sie sehen im aktuellen Handelskrieg zwischen den zwei größten Volkswirtschaften der Welt keinen vorübergehenden Konflikt, sondern einen Auftakt für einen langfristigen Konflikt der beiden Dominanzmächte des 21. Jahrhunderts. Europa solle sich da nicht auf eine Seite stellen, sondern eher das Zünglein an der Waage spielen. Das geht aus einer Expertenumfrage des Wirtschaftsforschungs-Instituts Ifo aus München hervor.

Beide Seiten ziehen alle Propaganda-Register

Die EU solle als Gegengewicht zu beiden Ökonomien agieren, fordert beispielsweise Antonia Reinecke von der Fern-Universität Hagen. Doris Fischer von der Universität Würzburg empfiehlt „wechselnde Allianzen für verschiedene Ebenen“. Inzwischen reiche der Konflikt zwischen den USA und China weit über Handelsfragen hinaus und beinhalte ebenso das gesellschaftliche Werte- und das politische System. Derzeit sei ein Kampf um die Meinungshoheit zu beobachten, in dem „von beiden Seiten die Propagandaregister gezogen werden“.

China hat die USA und Europa an Exportstärke längst überholt. Grafik: Antonia Reinecke, WTO, Ifo

China hat die USA und Europa an Exportstärke längst überholt. Grafik: Antonia Reinecke, WTO, Ifo

Weder Kuschelkurs noch Juniorpartnerschaft

Europa dürfe weder auf Kuschelkurs mit China gehen noch sich auf eine Juniorpartnerschaft mit der USA fixieren, argumentiert derweil Xuewu Gu von der Uni Bonn. Auf weltpolitischer Ebene wäre es für Europa optimal, wenn Brüssel die gleiche Rolle wie Washington und Beijing spielen würde. Um die beiden Weltmächte in diese Richtung zu bewegen, brauche Europa allerdings eine wirkungsvolle Hebelkraft und sollte gleichermaßen Distanz zu den USA wie zu China halten.

Margot Schüller vom Giga-Institut für Asien-Studien in Hamburg sieht in der Förderung und dem Ausbau von Forschung und Innovation Europas Weg zur Stärkung seiner Position im Konflikt zwischen den USA und China.

Ex-Außenminister Fischer sieht Dupol China-USA nahen

Auch der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) hatte in seinem Buch „Der Untergang des Westens“ davor gewarnt, dass das 21. Jahrhundert ein „chinesischen Jahrhundert“ werden könne. Womöglich werde die Welt aber auch von einem Duopol aus USA und China dominiert. Zwischen diesen Polen drohe Europa zur Bedeutungslosigkeit abzusinken – wenn die EU nicht stärker werde und sich zu einer Art „Vereinigten Staaten von Europa“ weiterentwickele.

Autor: hw

Quellen: Ifo, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt