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Fraunhofer Dresden entwickelt Öko-Upgrade für Alu-Hütten

Ein Schmelzer rührt in einem Alu-Ofen. Foto: Lance Cheung, U.S. Department of Agriculture, Wikipedia, CC2-Lizenz

Ein Schmelzer rührt in einem Alu-Ofen. Foto: Lance Cheung, U.S. Department of Agriculture, Wikipedia, CC2-Lizenz

Neue Verbundwerkstoff-Kathode vom Fraunhofer-Institut IFAM soll weltweit 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß pro Jahr einsparen

Dresden, 12. September 2018. China, Russland und weitere Länder betreiben rund um den Erdball energiefressende Alu-Hütten, die das beliebten Leichtmau-Material Aluminium mit hohem Stromeinsatz erschmelzen. Rund 57 Millionen Tonnen Alu produzieren diese Werke weltweit – und erzeugen als Nebenprodukt rund 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid und weitere Gase. Neuartige Elektroden, die das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Dresden gemeinsam mit Industriepartnern entwickelt hat, sollen diese Treibhaus-Emissionen nahezu vollständig beseitigen – was auch ein Beitrag zur ökologischen Stabilität der Erdatmosphäre wäre. „Wir sehen da enormes Einsparpotenzial“, sagte Dr. Thomas Schubert vom IFAM.

Bedarf an Leichtbau-Materialien wächst

Denn auf der anderen Seite steigt der Bedarf an Leichtbau-Werkstoffen wie Alu oder Karbon derzeit besonders stark, da Flugzeuge, Elektro-Autos und andere Maschinen mit weniger Gewicht gefragt sind. Zwar ist Aluminium gar kein seltenes Metall. Der US-Amerikaner Charles Martin Hall und der Franzose Paul Héroult entwickelten bereits 1886 einen Prozess, um aus Aluminiumoxid-Mineralien das pure Metall zu gewinnen. Doch der Einsatz anstelle von Stahl ist vor allem eine Kosten- und Verarbeitungsfrage.

Das Schaubild zeigt den Aufbau eines Elektrolyse-Ofens für die Aluminium-Gewinnung. Grafik: Andreas Schmidt, Wikipedia, CC0-Lizenz

Das Schaubild zeigt den Aufbau eines Elektrolyse-Ofens im klassischen Hall-Heroult-Verfahren für die Aluminium-Gewinnung. Grafik: Andreas Schmidt, Wikipedia, CC3-Lizenz

Sauerstoff frisst Graphit-Elektroden auf – und sorgt für Treibhausgas

Ingenieure haben die Hall- Héroult-Methode zwar immer weiter verfeinert, das Grundprinzip und die Nachteile sind indes die gleichen geblieben: Das Aluoxid wird mit einer speziellen Beimischung aus Alu, Fluor und Natrium gemixt und in eine Elektrolyse-Wanne geschüttet. Dort liegt eine Spannung an, die das Gemisch schmilzt, und in seine Haupt-Bestandteile Alu und Sauerstoff trennt. Das flüssige Aluminium fließt zum Boden und dient dort als Kathode (Minus-Pol für den Strom). Der Pluspol, also die Anode, hängt über dem Bad und besteht aus Graphit – also letztlich Kohlenstoff.

Hoher Energiebedarf und Treibhausgas-Ausstoß

Problem Nummer 1 bei diesem Prozess ist der hohe Energieverbrauch. Deshalb spielt Deutschland mit seinen hohen Strompreisen in der Welt-Alu-Produktion nur eine kleine Rolle. Die deutschen Technologiefirmen sind vielmehr dankbare Abnehmer für das Leichtbaumaterial. Problem Nummer 2 sind die Graphit-Elekroden: Sie lösen sich fortwährend auf, weil sie sich mit dem Sauerstoff aus dem Aluoxid verbinden. Dabei entstehen Kohlendioxid und -monoxid. Schon Paul Héroult hatte seinerzeit an einem alternativen Anodenmaterial geknobelt, aber erfolglos: Kaum ein Werkstoff hielt der heißen, aggressiven Alu-Mix-Schmelze lange stand – bisher.

Verbundmaterialien halten aggressiver Alu-Schmelze stand

Nun aber haben die Dresdner im Zuge des EU-geförderten Projektes „Agral“ gemeinsam mit Industriepartnern ein neues Anodenmaterial entwickelt, das dieser Alu-Hitze-Hölle standhält: Um einen Kern aus einer Nickellegierung legen die Ingenieure eine drei bis fünf Millimeter dicke Cermit-Schicht aus Nickel-Eisenoxid-Keramik und weiteren Materialien. Zu erwarten sei, dass diese Verbundwerkstoff-Anoden ein Jahr halten werden, schätzte Thomas Schubert ein. „Dann müssen sie ersetzt werden.“

Konkurrenten tun sich für Öko-Upgrade zusammen, Apple schießt Geld zu

Schädliche Abgase aus diesem neuen Prozess seien nicht bekannt, allerdings werde der Energieverbrauch um etwa zehn Prozent steigen. Darin sieht der Fraunhofer-Experte kein grundlegendes ökologisches Problem, da viele Alu-Hütten weltweit an Flüssen gebaut wurden und ihren Strom aus Wasserkraft beziehen. In etwa vier bis fünf Jahren könne die neue Anode marktreif sein, meint Thomas Schubert. Die Technologie aus Sachsen erscheint global agierenden Konzernen jedenfalls so erfolgverheißend, das sich selbst Wettbewerber und ein bekannter Technologiekonzern für solch ein Öko-Upgrade in den Aluhütten zusammentun: Die australisch-britische Bergbaugesellschaft „Rio Tinto“ und der konkurrierende US-Konzern „Alcoa“ haben nun ein Gemeinschaftsunternehmen „Elysis“ gegründet, das diese Dresdner Superanode mit Apple-Förderung ausentwickeln und kommerzialisieren soll.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt