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Studie: Abkopplung von China kostet Deutschland 5% Wirtschaftsleistung

Foto: Axel Buchwitz

IfW Kiel: Wenn wir uns jetzt schon langsam entkoppeln, wird es weniger schmerzhaft

Kiel, 22. Februar 2024. Eine abrupte Abkopplung von China würde Deutschlands Wirtschaft kurzfristig um rund fünf Prozent schrumpfen lassen, vergleichbar mit den Folgen der Finanz- oder Corona-Krise. Langfristig wäre mit einem Verlust auf etwa 1,5 Prozent pro Jahr zu erwarten. Das hat das Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel eingeschätzt. Womöglich sei es besser, die Handelsbeziehungen zu China schrittweise und behutsam zurückzufahren, meinen die Ökonomen.

IfW-Präsident: Wir haben genug Widerstandskraft

„Der Handel mit China bringt uns Wohlstand und ist kurzfristig praktisch nicht zu ersetzen“, räumt IfW-Präsident Moritz Schularick ein. „Ein Bruch hätte hohe Kosten für Deutschland. Dennoch besitzt unser Land gesamtwirtschaftlich genug Widerstandskraft, um selbst solch ein extremes Szenario zu überstehen.“

Erneuter Zerfall der Welt in Machtblöcke simuliert

Für ihre Analyse modellierte die Forschungsgruppe einen Zerfall der Weltwirtschaft in verfeindete Handelsblöcke. Dabei stehen sich die Europäische Union samt USA und G7-Staaten auf der einen und China mit seinen Verbündeten, insbesondere Russland, auf der anderen Seite gegenüber. Alle direkten Handelsbeziehungen zwischen den beiden Blöcken würden gekappt. Außerdem gäbe es noch eine Gruppe neutraler Staaten, etwa Brasilien, Indonesien oder die Türkei, mit denen beide Blöcke weiterhin Handel treiben. In diesem Szenario würde Deutschlands Wirtschaftsleistung bricht im ersten Jahr um bis zu fünf Prozent absacken.

Russischer Lieferstopp halb so wild?

Die IfW-Ökonomen sehen in ihrem Szenario Parallelen zur neuen deutsch-russischen Eiszeit. Für sie ist eine fortwährende Abkopplung der westlichen Staaten aus dem Welthandel offensichtlich eine ernsthaft zu erwägende Option – ungeachtet aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kosten sowie der Auswirkungen auf die Preis- und Energiekosten-Steigerungen für die deutschen Bürger: „Die deutsche Politik hat sich bei der Frage, ob sich Deutschland einen Lieferstopp russischer Energie leisten kann, von Interessengruppen mit überzogenen Warnungen verunsichern lassen“, glaubt Schularick. „Unsere aktuellen Berechnungen sollen der Politik im Umgang mit China wissenschaftliche Fakten als Entscheidungsgrundlage liefern, wenn es etwa um die Frage geht, mit welchen ökonomischen Maßnahmen Deutschland oder die EU etwa auf eine Invasion Chinas in Taiwan reagieren soll oder kann.“

Forscher erhoffen sich von vorauseilender Entkopplung bessere „geoökonomische Verhandlungsposition des Westens“

„Ob und wie stark sich Deutschland vom Handel mit China lösen will, ist eine politische Entscheidung“, betont IfW-Forschungsdirektor Julian Hinz. „Sie ist vor allem mit der Frage verbunden, ob die geoökonomische Verhandlungsposition des Westens beziehungsweise Deutschlands durch enge Handelsverbindungen mit China gestärkt oder geschwächt wird.“

Auf jeden Fall könne man China mit einer Abkopplung stark schaden, prognostizieren die Kieler Ökonomen: „In allen simulierten Szenarien sind die Kosten für China in Relation zur Wirtschaftskraft deutlich, nämlich um rund 60 Prozent, höher als für Deutschland.“

Autor: KI Oiger-News

Quelle: IfW Kiel

Wissenschaftliche Publikation:

„Was wäre wenn? Die Auswirkungen einer harten Abkopplung von China auf die deutsche Wirtschaft“ von David Baqaee, Julian Hinz, Benjamin Moll, Moritz Schularick, Feodora A. Teti, Joschka Wanner und Sihwan Yang, in: Wirtschaftspolitische Beiträge IfW Kiel, 2023, Fundstelle im Netz hier

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt