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Wie das Hirn die Schockstarre vor dem Unbekannten überwindet

Wie kommt das Gehirn mit völlig unbekannten Situationen zurecht? Visualisierung: Dall-E

Wie kommt das Gehirn mit völlig unbekannten Situationen zurecht? Visualisierung: Dall-E

Dresdner Forschungsprojekt zum „Unbekannten Unbekannten“ soll auch KIs schlauer machen

Dresden, 19. Januar 2024. Dresdner Hochschul-Medziner wollen endlich herausbekommen, wie das menschliche Gehirn eigentlich mit völlig unerwarteten Problemen zurecht kommt, für die es keinerlei Erfahrungswerte hat – wie etwa bei abrupten Katastrophen. Dafür wollen sie in einem neuen Forschungsprojekt „Explorationen des unbekannten Unbekannten“ (UU) Experimente in Virtuellen Realitäten (VR), Hirnstrom-Messungen, Hirnstimulationen und andere Methoden kombinieren. Das hat die TU Dresden angekündigt. Die Forscher hoffen, mit ihren Befunden unkreative „Künstliche Intelligenzen“ schlauer zu machen und Prognosen über das Verhalten von Menschen etwa bei künftigen Pandemien und anderen Desastern anstellen zu können.

Prof. Christian Beste. Foto: TU Dresden

Prof. Christian Beste. Foto: TU Dresden

Wie handeln, wenn keine Lösung bekannt ist?

„Es gibt bisher keine theoretischen Grundlagen dafür, warum Menschen in UU-Situationen handeln, wie sie handeln“, erklärt Professor Dr. Christian Beste, der im Uniklinikum die Arbeitsgruppe für „Kognitive Neurophysiologie“ leitet. „Die Ergebnisse könnten nicht nur zu einem tieferen Verständnis des menschlichen Verhaltens führen, sondern auch Grundlagen für andere Wissenschaftsbereiche, wie künstliche Intelligenz (KI), schaffen. Momentan ist KI nicht wirklich intelligent, weil im Wesentlichen nur auf bestehende Lösungsrepertoires zurückgegriffen wird. Dies ist in Situationen des UU nicht möglich.“

Volkswagen-Stiftung fördert Vorhaben als „Hochrisikoprojekt“

Rein theoretisch wäre zu erwarten, dass auch Menschen in völlige Schockstarre verfallen, wenn sie mit völlig unerwarteten Situationen konfrontiert werden, für deren Bewältigung es keine „Rezepte“ aus der Vergangenheit gibt. Tatsächlich aber zeigt die Erfahrung, dass sich viele Menschen recht rasch aus solch einem Unsicherheits-Patt lösen und doch Handlungsstrategien entwickeln. Wie aber gelingt dem Gehirn diese Leistung? Eben dieser Frage wollen die Dresdner Wissenschaftler nun interdisziplinär nachgehen. Weil völlig offen ist, ob bei diesen Versuchen viel Greifbares herausspringt, anderseits aber Antworten auf die aufgeworfenen Fragen sehr nützlich für Medizin, KI-Entwicklung und viele andere Sektoren wären, fördert die Volkswagen-Stiftung das Dresdne Vorhaben als „Hochrisikoprojekt“.

„Bemerkenswerter Schritt in unbekannte Territorien“

Die Wissenschaftler selbst knüpfen große Hoffnungen an die geplanten Experimente: „Die Untersuchung zu ,Unbekannten Unbekannten’ ist ein bemerkenswerter Schritt in unbekannte Territorien“, betont Medizin-Dekanin Prof. Esther Troost. „Dieser Forschungsansatz verspricht nicht nur ein tieferes Verständnis des menschlichen Verhaltens, sondern eröffnet auch neue Optionen für zukünftige Anwendungen in der Medizin.“

Autor: hw

Quelle: Hochschulmedizin Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt