McKinsey rechnet für 2030 mit Billionen-Markt im All / Uni Chemnitz sieht parallel auch Rüstung im Weltraum wachsen
Chemnitz/New York, 11. November 2024. Private Raumfahrt und neue Raumfahrt-Staaten haben ein heißes Rennen um den kalten Weltraum ausgelöst – vor allem um den kommerziell vielversprechenden Erdorbit. Das haben Forscher der TU Chemnitz und der Unternehmensberatung „McKinsey“ aus New York eingeschätzt: Sie erwarten in naher Zukunft Billionen-Umsätze in der Weltraumwirtschaft, rechnen aber auch mit der Möglichkeit von orbitalen Kriegen.
Kosten für Raketenstarts stark gesunken – „New Space“-Rennen entbrannt
„Während die Kosten für den Zugang zum Weltraum lange Zeit unerschwinglich hoch waren, haben massiv gesunkene Startkosten einen rasant expandierenden kommerziellen Raumfahrtsektor unter dem Schlagwort ‚New Space‘ entstehen lassen, in dem private Unternehmen innovative Produkte und Dienstleistungen im, für den oder mit dem Weltraum für in erster Linie kommerzielle Kunden entwickeln“, betont Dr. Antje Nötzold vom Lehrstuhl für „Europäische Regierungssysteme im Vergleich“ an der TU Chemnitz. „Bereits 2020 erwirtschaftete New Space weltweit rund 500 Milliarden US-Dollar und expandiert mit jährlichen Wachstumsraten von neun Prozent rasant weiter.“
Bessere Satellitendaten können Ernteerträge steigern, gegen Waldbrände helfen und Versicherungen entlasten
Für das Jahr 2030 prognostizieren derweil die „McKinsey“-Analysten eine Billion US-Dollar Marktvolumen. „Der Weltraum bietet Wachstumschancen in allen Sektoren, von der Halbleiterindustrie über die Landwirtschaft bis hin zu Energie und Versicherungen“, betonen sie. Auf den Felder beispielsweise könnten Satellitendaten die Ernteerträge steigern, Versicherer und Energieversorger könnten damit nahende Risiken besser abschätzen. Behörden und Feuerwehren wiederum nutzen die Sensordaten aus dem Orbit teilweise schon heute, um Waldbrände, Küstenerosion und andere Umweltprobleme in den Griff zu bekommen.
Anfangs mischten nur USA und SU mit – heute sind es viel mehr staatliche und private Akteure
Mittlerweile ist ein „zweites Weltraumrennen“ im Gange, das nicht mehr wie im Kalten Krieg im Wesentlichen nur von den Supermächten USA und Sowjetunion sowie den Europäern ausgetragen wird, sondern von viel mehr Akteuren: Private Unternehmen wie SpaceX haben inzwischen bemerkenswerte Markterfolge erzielt, anderseits mischen aber auch China, Indien, ja sogar Länder wie Nordkorea mit. Und damit wachsen neben den wirtschaftlichen Chancen im Weltraum auch neue Sicherheitsprobleme.
Neue Rüstungsspirale dreht sich bereits im All
Der „neue Systemkonflikt“ und der Technologiewettbewerb würden zunehmend im Weltraum ausgetragen, schätzen die Chemnitzer Forscher ein. „Die damit einhergehende breite Entwicklung von Fähigkeiten, um Objekte im Weltraum zu täuschen, zu beeinträchtigen oder zu zerstören, hat aufgrund des inhärenten Dual-Use-Charakters aller Weltraumsysteme eine Debatte über die Sicherheit der jeweiligen Kapazitäten im Weltraum ausgelöst“, berichtet Antje Nötzold. Inzwischen drehe sich bereits eine neue Rüstungsspirale bei diesen sogenannten ‚Counterspace-Fähigkeiten‘“. Letztlich könne sich der Erdorbit und der nahe Kosmos ringsum in einen „neue Kriegsschauplatz“ verwandeln.
Deutscher Raumkommandeur stellt in Sachsen orbitale Sicherheitsstrategie vor
→ Was Deutschland in diesem Weltraumrennen realistischerweise erreichen kann, darüber wollen zwei Experten am 18. Januar 2024 in öffentlichen Vorträgen an der TU sprechen: Generalmajor Michael Traut, Kommandeur des Weltraumkommandos der Bundeswehr, und Sabine von der Recke von der „German Offshore Spaceport Alliance“ (GOSA) wollen ab 18.30 Uhr in der TUC-Unibibliothek über das wirtschaftliche Potenzial und die militärische Bedeutung der „vierten Domäne der Menschheit“ neben Land, Wasser und Luft referieren. Sie stellen aber auch die Pläne für neue Weltraum-Bahnhöfe in oder nahe Europa sowie die „Nationale Sicherheitsstrategie“ Deutschlands vor.
Autor: hw
Quellen: TUC, McKinsey, Oiger-Archiv
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