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Superschwämme sollen Wasser aus Wüstenluft saugen

Metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) können Wasser aus Luft saugen und dann bei Bedarf wieder freigeben. Grafik: B. Schröder für das HZDR

Metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) können Wasser aus Luft saugen und dann bei Bedarf wieder freigeben. Grafik: B. Schröder für das HZDR

Forscher in Dresden arbeiten an organisch-metallischen Schwämmen, die rettendes Nass automatisch aus der Atmosphäre saugen

Dresden, 6. Januar 2024. Damit Reisende und Bewohner von Wüsten künftig selbst dort nicht verdursten müssen, wo weit und breit kein Tropfen in Sicht ist, forschen sächsische Wissenschaftler-Teams an Möglichkeiten, mit einfachen technischen Geräten das Wasser aus der Luft zu gewinnen. Konkret experimentieren sie derzeit mit Metallschwämmen in organischen Fassungen (MOFs). Diese Superschwämme sind so saugfähig, dass sie sogar das wenige Wasser in Wüstenluft literweise an sich reißen können. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf und der TU Dresden hervor.

Superschwämme könnten 1,3 Liter pro Tag und Kilo gewinnen

„Bei diesen speziellen Materialien handelt es sich um hochporöse Festkörper aus Metallen oder Metall-Sauerstoff-Clustern, die durch Säulen aus organischen Verbindungen modular verbunden sind“, erklärt Dr. Ahmed Attallah vom HZDR-Institut für Strahlenphysik. „Durch diese 3D-Anordnung entstehen Netzwerke von Hohlräumen, die an die Poren eines Küchenschwamms erinnern. Genau diese Hohlräume sind es, die uns interessieren.“ Und weil diese Nanoporen Wasser wie Gase so stark binden können, lassen sie sich womöglich einsetzen, um Wasser aus der Luft zu gewinnen. Denkbar erscheinen den Wissenschaftlern Erträge um die 1,3 Liter Wasser pro Kilogramm MOF und Tag aus Wüstenluft. Die organisch gestützten Metallporen könnten sich aber auch dafür eignen, neue Filter für umweltschädliche Stoffe zu bauen oder Super-Tanks für abgasfreie Wasserstoff-Antriebe zu konstruieren.

Antimaterie hilft bei Porenanalyse und Materialdesign

Bevor aber an serienreife Luftwasser-Sauger zu denken ist, müssen zunächst die Forscher zunächst die Wasserbindungs-Mechanismen der MOFs besser zu verstehen lernen, um daraus Rezepte für besonders effiziente Materialien zu entwickeln. Dafür setzen HZDR und Uni Dresden unter anderem auf Antimaterie-Analysen: Bei der „Positronen-Annihilations-Lebensdauer-Spektroskopie“ (Pals) beschießen sie mit einem Beschleuniger ihre MOS-Proben mit Positronen. Treffen diese Anti-Teilchen in den Materialien auf ihre Gegenstücke, bilden sie gemeinsam mit den Elektronen gelegentlich sogenannte „Positronium-Atome“, in denen beide Teilchen und Anti-Teilchen um ihren gemeinsamen Masseschwerpunkt kreisen. Letztlich zerstreuen sie sich entweder wieder und zerstören sich gegenseitig, wobei sie Gamma-Strahlung freisetzen. Wie lange es dauert, bis sich solch ein Positronium-Atom bildet und selbst zerstört, hängt unter anderem davon ab, wie oft die positiv geladenen Positronen auf ebenfalls positiv geladene Atomkerne treffen und von ihnen abprallen. Und dies wiederum wird von Poren oder anderen Defekten im Atomgitter des untersuchten Materials ab. Anders ausgedrückt: Wenn die Forscher die Zeit zwischen Positron-Beschuss und entstehender Gamma-Strahlung messen, können sie Rückschlüsse auf die Poren-Größe und -Verteilung in ihren MOFs ziehen – und deren Wassersaug-Rate analysieren.

Konzept: MOFs saugen bei Luftkontakt los und geben Wasser bei Wärmezufuhr zum Trinken frei

Derartige Pals-Untersuchungen haben den Dresdner Wissenschaftlern bereits gezeigt, dass bestimmte organisch geformte Gerüste mit eingebautem Zirkonium beziehungsweise Hafnium Wasser aus der Luft recht gut binden können. Nun wollen sie das Materialdesign weiter verbessern. Letztlich soll dies zu Geräten führen, die automatisch bei Luftkontakt Wasser gewinnen und die Flüssigkeit dann bei Wärmezufuhr oder Druckänderungen zum Trinken freigeben.

Prof. Stefan Kaskel. Foto: Fraunhofer IWS

Prof. Stefan Kaskel. Foto: Fraunhofer IWS

Team feilt an Ökobilanz

Allerdings sind zunächst noch viele grundsätzliche Probleme, auch ökologischer Art, zu lösen, betont Chemie-Professor Stefan Kaskel von der TU Dresden: „Um die Wassergewinnung mit MOFs zu erweitern, sollten sie in großen Mengen kostengünstig verfügbar sein. Außerdem erfordern herkömmliche Syntheserouten große Mengen an organischen Lösungsmitteln oder den Erwerb teurer Molekül-Bausteine.“ Daher arbeiten die Teams auch an umweltfreundlicheren Synthese-Verfahren mit möglichst hoher Ausbeute.

Autor: hw

Quellen: HZDR, TUD, Wikipedia

Wissenschaftliche Publikation:

„Unravelling the Water Adsorption Mechanism in Hierarchical MOFs: Insights from In Situ Positron Annihilation Lifetime Studies” von A.G. Attallah, V. Bon, K. Maity, E. Hirschmann, M. Butterling, A. Wagner und S. Kaskel, in: „ACS Applied Materials & Interfaces“ (2023), Fundstelle im Netz / DOI 10.1021/acsami.3c10974

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt