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Markt für Elektrolaster nimmt langsam Fahrt auf

Elektro-Laster sind immer noch ein Nischenprodukt - doch langsam nimmt der Markt für abgasfreie Lkws doch Fahrt auf. Visualisierung: Dall-E

Elektro-Laster sind immer noch ein Nischenprodukt – doch langsam nimmt der Markt für abgasfreie Lkws doch Fahrt auf. Visualisierung: Dall-E

IDTechEx erwartet in 20 Jahren 200 Milliarden Dollar Umsatz mit schweren Stromern

Cambridge, 20. August 2023. Der Markt für Elektro- und Wasserstoff-Laster nimmt langsam Fahrt auf, sind die Analysten des britischen Marktforschungs-Unternehmens „IDTechEx“ aus Cambridge überzeugt. Der Markt für mittelschwere und schwere Elektro-Lkw werde bis 2043 auf 200 Milliarden US-Dollar wachsen, prognostizieren sie.

Die meisten Lkw-Produzenten haben inzwischen mindestens ein Elektro-Modell in Serie

„Fast alle Originalgerätehersteller haben mittlerweile entweder ein batterieelektrisches Modell in Serie oder haben sich dazu verpflichtet, innerhalb des nächsten Jahres mit der Produktion zu beginnen“, schätzt IDTechEx-Technologieanalyst Shazan Siddiqi in seinem Bericht „Electric and Fuel Cell Trucks 2023-2043“ ein. Die nötigen Lieferketten seien inzwischen ausgereift. „Große Tier-1-Zulieferer investieren erhebliche Ressourcen in die Teile-Elektrifizierung und verlagern den Fokus weg von traditionellen Verbrennungsmotor-Antriebssträngen“, meint Siddiqi.

Schwere Laster tragen besonders stark zu schlechter Abgas-Bilanz bei

Zwar sind Dieselantriebe weiter die wirtschaftlich effizienteste Variante für den Gütertransport. Und gerade für schwere Langstrecken-Lkws gibt es bisher keine betriebswirtschaftlich vertretbare Kompromissvariante aus Reichweite, Kosten und dem enormen Gewicht großer Akkus. Auf der anderen Seite wächst aber auch der politische und gesellschaftliche Druck auf Fahrzeughersteller und Spediteure, zu einer umweltfreundlicheren Lösung zu gelangen: „Obwohl die mittelschwere und schwere Lkw-Flotte weniger als 10 % des weltweiten Straßenfahrzeugbestands ausmacht, tragen große Diesel-Lkw-Motoren und eine hohe durchschnittliche jährliche Fahrleistung dazu bei, dass der Lkw-Sektor rund 40 % der Treibhausgasemissionen des weltweiten Transportsektors verursacht“, heißt es in einer Zusammenfassung von IDTechEx. Das entspreche etwa 5,1 % aller weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen. „Dieser unverhältnismäßige Beitrag zu den Emissionen hat Lkw zu einem Ziel für Regierungen gemacht und letztendlich dazu geführt, dass die Fahrzeughersteller auf emissionsfreie Antriebslösungen für den Straßenverkehr umsteigen.“

Der eActros LongHaul vom Daimler. Foto: Daimler Truck AG

Der eActros LongHaul vom Daimler. Foto: Daimler Truck AG

Marktforscher sehen erhebliche Fortschritte seit anderthalb Jahren

Die Analysten sehen immerhin „erhebliche Fortschritte bei der Lkw-Elektrifizierung“ in den vergangenen 18 Monaten: Viele Fahrzeughersteller sind aus dem Prototypen-Stadium heraus gelangt und stellen inzwischen fast alle mindestens einen akku- oder wasserstoff-gespeisten Elektrolaster in Serie her. Dazu gehören beispielsweise Scania, MAN, Daimler, BYD, DAF, Volvo und andere. „Daimler Truck“ zum Beispiel hat einen „eActros“ mit 220 Kilometer Reichweite im Programm und arbeitet an einem „eActros 600“ mit 500 km Reichweite, der 2024 in Serie gehen soll.

Brennstoffzelle für den mobilen Einsatz in Lkws. Visualisierung: Bosch

Brennstoffzelle für den mobilen Einsatz in Lkws. Visualisierung: Bosch

Brennstoffzellen kommen zwar für Langstrecke in Frage – sind aber immer noch zu teuer

Zwar handelt es sich dabei eher um leichtere Elektro-Laster. Die IDTechEx-Experten gehen davon aus, dass bald auch dieselfreie Lösungen für mittlere und schwere Laster gefunden werden – zum Beispiel mit besseren Lade-Infrastrukturen an Autobahnen oder eben über einen Preisverfall bei den Brennstoffzellen. Allerdings sind dabei noch viele Probleme zu lösen: „Trotz der vielversprechenden Technologien wird es eine Herausforderung sein, die Systemkosten zu senken und eine ausreichende Wasserstofftank-Infrastruktur aufzubauen, um das Fahren eines Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugs praktikabel zu machen“, betonen die Analysten. Das selbe gilt für eine Brückenlösung, wie sie beispielsweise MAN erprobt: Laster mit Wasserstoff als Energieträger, die allerdings keine Brennstoffzelle (BSZ), sondern einen Wasserstoff-Motor verwenden – der ist billiger und ausgereifter als die BSZ, sondern allerdings in gewissem Maße auch Abgase ab.

Der Lkw-Prototyp von MAN mit Wasserstoffmotor vor dem Verkehrsmuseum Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Lkw-Prototyp von MAN mit Wasserstoffmotor vor dem Verkehrsmuseum Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Bessere Lade-Infrastruktur bleibt das A und O

In jedem Fall sei es entscheidend, eine leistungsfähigere Infrastruktur zum Aufladen von Elektrofahrzeugen und zum Betanken von Wasserstoff zu installieren, damit sich emissionsfreie Lkws durchsetzen können. „Bei kurzen städtischen Einsatzzyklen, bei denen sich die Batterie eines Elektro-Lkw über einen Tag hinweg nicht entlädt, sollte für die meisten Fahrzeuge eine Depotladung mit geringem Stromverbrauch ausreichen, um die Batterie über Nacht aufzuladen“, so die Überlegung. „Bei manchen Lkw-Fernstreckenanwendungen ist jedoch eine tägliche Kilometerleistung erforderlich, die weit über der Reichweite liegt, die mit einer praktikablen installierten Batteriekapazität erreicht werden kann. In diesen Fällen müssen Gleichstrom-Schnellladegeräte, die speziell für schwere Nutzfahrzeuge entwickelt wurden, sowohl auf Autobahnen als auch an Stellen mit regelmäßigem Be- und Entladen installiert werden, um in weniger als einer Stunde beträchtliche Energie hinzuzufügen.“

Autor: hw

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv, Daimler

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt