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Waschmaschinen erkennen künftig selbst die Klamotten

Der Demo-Aufbau im Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS Dresden zeigt, wie künftige Mikrospiegel-Spektroskope automatisch verschiedene Textilarten berührungslos erkennen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Demo-Aufbau im Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS Dresden zeigt, wie künftige Mikrospiegel-Spektroskope automatisch verschiedene Textilarten berührungslos erkennen. Foto: Heiko Weckbrodt

Scanner-Chips von Fraunhofer Dresden sollen richtiges Waschprogramm für Cashmere, Seide und Feinripp selbstständig ermitteln

Dresden, 26. Juni 2023. Mit Trikorder-Technologie aus Sachsen soll es künftig auch möglich sein, die textile Qualität von T-Shirts und Kleidern berührungslos aus der Distanz zu ermitteln, Waschmaschinen aufzuschlauen, aber auch von außen zu erkennen, wie reif ein Apfel oder eine Banane ist. „Unsere Mikrospektrometer können beispielsweise den Nylonstrumpf von Feinripp-Hemd von Bruce Willis klar unterscheiden“, erklärt Dr. Heinrich Grüger vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) Dresden. Interessant sei dies zum Beispiel für Waschmaschinen-Hersteller, die ihre Geräte dazu bringen wollen, anhand der eingeworfenen Kleider selbstständig das richtige Waschprogramm auszuwählen.

Mit Spiegelchips oder organischer Elektronik zum „Enterprise“-Trikorder

In Dresden verfolgen bereits mehrere Akteure Technologiepfade, die auf Fernanalyse-Geräten ähnlich den „Trikordern“ im TV-Raumschiff „Enterprise“ zielen. Dafür haben das IPMS wie auch die TU Dresden winzig kleine Spektroskopie-Sensoren entwickelt. Auf dieser Basis hatten sie auch schon Unternehmen wie „Hiperscan“ und „Senorics“ ausgegründet, die sich auf besondere Anwendungen wie die Gütekontrolle in Apotheken oder Industriebetrieben spezialisiert haben. Dabei setzt die Uni eher auf Spektroskopie-Sensoren aus organischer Elektronik.

Die Fraunhofer-Photoniker haben dagegen spezielle mikroelektromechanische Systeme (Mems) konstruiert, in deren Innern Dutzende, teils sogar Hunderte Mikrospiegel schwingen. Diese kleinen Spektrometer können zum Beispiel sichtbares Licht oder Infrarot-Strahlen aussenden, bündeln und die vom Ziel-Objekt zurückgeworfenen Strahlen dann auch wieder auffangen und auswerten. Die besondere chemische Zusammensetzung des angestrahlten Kleidungsstücks, Obsts oder Getränks verändert dabei aber die Strahlen etwas, bevor sie den Sensor wieder erreichen. Aus diesem „photonischen Fingerabdruck“ können Computerprogramme dann herauslesen, ob der Pullover da im Laden wirklich aus reiner Cashmere-Wolle gewoben ist, ob der schöne rote Apfel innerlich vielleicht schon überreif ist oder das frisch gebraute Bier wirklich zum Trinken taugt.

KI und Hyperspektraltechnologie kombiniert

Um die Erkennungsraten weiter zu verbessern, kombinieren Heinrich Grüger und sein Team nun auch „Künstlicher Intelligenz“ und Hyperspektral-Technologie in ihrem „Scanning Mirror Mikrospektrometer“ (SMMS). Zur Erinnerung: Die Hyperspektral-Analyse basiert auf früheren Multispektral-Kameras, wie sie das Kombinat Carl Zeiss Jena einst für die Raumstation „Mir“ entwickelt hatte. Das Konzept dahinter beruht auf der Idee, das von einem Objekt abgestrahlte oder reflektierte Licht für eine Inhaltsanalyse in möglichst viele kleine Spektralbänder zu zerlegen.

KI-Roboter mit Hyperspektralaugen könnten alte Klamotten fürs Wieder-Anziehen sortieren

2023 sei an erste „Umsetzungsprojekte“ zu denken, meint Grüger. In etwa drei bis fünf Jahren könne die verbesserte Technologie praxisreif sein. Neben den intelligenten Waschmaschinen sehen die Fraunhofer-Experten auch viel Potenzial in der Wiederverwertung alter Textilien. Dabei steht nicht etwa Recycling im Fokus, sondern eine echte Wiederverwendung („Re-use“) alter Hosen, Röcke und Blusen, so dass sie wieder von Menschen angezogen werden. Wenn nämlich weggeworfene Klamotten durch Maschinen mit Hyperspektral-Augen nach Güte sortiert werden und nicht mehr durch Menschen, dann könnte dies schneller, präziser und kostengünstiger gemacht werden als bisher – und sich in Zeiten steigender Mindestlöhne wieder lohnen.

Mikrospiegel sollen Smartphones in „Trikorder“ verwandeln

Und letztlich liebäugelt man am IPMS auch schon länger mit der Idee, die Mikrospektrometer auch in Smartphones einzubauen. Auf die richtige Größe haben die Ingenieure ihre Spiegel-Mems auch schon geschrumpft. Allerdings werden sie auch die Produktionskosten noch weiter senken müssen, bevor sie einen Elektronik-Riesen davon überzeugen können, solche Chips auch in Computertelefone einzubauen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IPMS, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt