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Senorics Dresden entwickelt Tricorder à la Enterprise

Senorics-Verkaufschef Robert Langer zeigt beim "NKF-Summit 2019" in Dresden den Prototypen eines mobilen Universalscanners in Aktion. Das Gerät kann derzeit die Textilstoffe in T-Shirts und Hemden erkennen. Künftig soll das Tricorder-ähnliche Gerät auch die Nährstoffe in Speisen erkennen. Foto: Heiko Weckbrodt

Senorics-Verkaufschef Robert Langer zeigt beim „NKF-Summit 2019“ in Dresden den Prototypen eines mobilen Universalscanners in Aktion. Das Gerät kann derzeit die Textilstoffe in T-Shirts und Hemden erkennen. Künftig soll das Tricorder-ähnliche Gerät auch die Nährstoffe in Speisen auflisten. Foto: Heiko Weckbrodt

Ingenieure der TU Dresden arbeiten an mobilen Scannern für Speisen, Klamotten und Bier

Dresden, 20. März 2019. Da dampft sie nun vor uns auf dem Tisch in einer Hinterhof-Garküche in Saigon – eine undefinierbare Suppe, die im Hinterkopf vor allem den Gedanken wachsen lässt: Was hat uns die Köchin da gerade mit routiniertem Schwung in die Schale geschüttet? Was ist da wohl alles drin? Die Frage wird sich wohl schon mancher Vielreisende gestellt haben, um sich dann doch auf die „Surprise“ einzulassen. Für all jene jedoch, die Überraschungen nicht mögen, ist nun technologische Hilfe unterwegs: Die Dresdner Uni-Ausgründung „Senorics“ arbeitet an Hand-Scannern, die durch bloßes „Draufhalten“ erkennen, „was da drin ist.“

Ein Prototyp durchleuchtet bereits T-Shirts

Das klingt nach Science Fiction, nach den wundersamen „Tricordern“ auf dem TV-Raumschiff „Enterprise“. Doch tatsächlich ist es bis zu diesen Alleserkennern gar nicht mehr so weit. „Unsere Geräte können zum Beispiel schon klar erkennen, ob ein T-Shirt, das ihnen ein Straßenhändler feilbietet, wirklich aus Baumwolle besteht, aus Nylon, Polyester oder anderen Textilien“, erklärt Senorics-Verkaufschef Robert Langer. Später sollen weitere Fähigkeiten dazukommen: In Zukunft werden die mobilen Scanner zum Beispiel Diabetikern verraten, ob die ihnen aufgetafelten Köstlichkeiten vielleicht doch Zucker enthalten, Fitness-Fans erhalten dann die Nährstoffe in einer Speise aufgelistet. Hobby-Brauern könnte das Gerät helfen, ihre Biere zu analysieren. Auch hat die Technologie das Potenzial, beispielsweise beim Apotheken-Besuch in Urlaubsländern durch einen schnellen Scan zu überprüfen, welche Wirkstoffe da tatsächlich in den bunten Pillen auf dem Tresen stecken.

Das Prinzip dahinter

Dafür setzen die Senorics-Ingenieure eine an für sich altbekannte Analyse-Technik ein, die bisher aber für mobile Konsumelektronik viel zu teuer und zu schwer war: In Forschungsinstituten, an Riesenteleskopen und in großen Industrielaboren können große Spektroskopie-Anlagen beispielsweise herausbekommen, welche Elemente in fernen Sternen brodeln oder ob eine neue Produktionsmarge Fremdstoffe enthält. Wenn die Untersuchungsobjekte – wie eben Sonnen – nicht selbst leuchten, regen die Geräte sie zunächst dazu an und analysieren dann die Spektralfarben im zurückgestrahlten Licht. Und diese Technik haben die Dresdner nun so miniaturisiert, dass sie auch in mobile Geräte passt, womöglich später gar in Smartphones integriert werden kann.

Prof. Karl Leo. Foto: privat

Prof. Karl Leo. Foto: privat

Mini-Spektoskopie aus organischer Elektronik

Möglich macht das organische Elektronik, die Wissenschaftler um Professor Karl Leo am Institut für Angewandte Physik (IAP) der Technischen Universität Dresden (TUD) entwickelt haben. Entsprechend elektrisch angesteuert, strahlen die winzigen Leuchten zunächst Infrarotlicht auf T-Shirts, Speisen oder andere Objekte. Dadurch energetisch angeregt, beginnen die organischen Moleküle in den Objekten leicht zu schwingen. Sie senden daraufhin selbst Licht aus – das je nach konkreter Atomverbindung eine ganz eigene, besondere farbliche Zusammensetzung hat. Diese spezielle Lichtsignatur empfängt dann ein organischer Sensor. Der Scanner kann daraus die Inhaltsstoffe im Untersuchungsobjekt ableiten.

Das Senorics-Gründerteam: Dr. Ronny Timmreck, Robert Langer, Dr. Robert Brückner und Dr. Matthias Jahnel begutachten im Labor die Nir-Sensoren. Foto: Senorics

Das Senorics-Gründerteam: Dr. Ronny Timmreck, Robert Langer, Dr. Robert Brückner und Dr. Matthias Jahnel begutachten im Labor ihre Nahinfrarot-Sensoren. Foto: Senorics

2017 aus TU Dresden ausgegründet

Mitte 2017 war die Technologie soweit entwickelt, dass die Marschrichtung nun hieß: „Raus aus dem Labor, rein in die Anwendung im Alltag“, erzählt Robert Langer. Projektleiter Dr. Ronny Timmreck und seine Mitstreiter heuerten am IAP ab und gründeten ihre Firma „Senorics“. Die hat inzwischen zwölf Mitarbeiter. Anfangs wollte sich Timmreck vor allem auf intelligente Pflaster konzentrieren, die die Wundheilung überwachen. Wegen der Zulassungshürden von Medizintechnik bäckt das Team nun aber erst mal kleinere Brötchen: Die Ingenieure machen derzeit aus Prototypen marktreife Scanner und suchen dafür Kunden und Industriepartner. „Wir haben hier eine Plattformtechnologie entwickelt, die für ganz viele Branchen interessant ist“, betont Verkaufschef Langer.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt