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Hirnkrebs-Matrix im Visier

Prof. Nils Cordes leitet die Strahlenbiologie im Dresdner "Oncoray"-Zentrum. Er erforscht unter anderem die biologischen Zelleigenschaften von Glioblastomen. Foto: Rainer Weisflog für das HZDR

Prof. Nils Cordes leitet die Strahlenbiologie im Dresdner „Oncoray“-Zentrum. Er erforscht unter anderem die biologischen Zelleigenschaften von Glioblastomen. Foto: Rainer Weisflog für das HZDR

Dresdner Onkologen schwächen Zell-Gerüste, bevor sie die Strahlenkanone starten

Dresden, 25. April 2023. Um Hirntumore besser zu behandeln und Patienten mehr Lebenszeit zu erkaufen, wollen Dresdner Radioonkologen in Zukunft die Klebematrix dieser Krebsgeschwulste vorab schwächen. Speziell haben sie sich dabei die sogenannten Glioblastome vorgeknöpft – eine besonders bösartige Hirnkrebs-Variante, die den Erkrankten nach dem Befall oft nur noch Monate oder höchstens anderthalb Jahre Lebenszeit lässt. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der Hochschulmedizin Dresden und ihrer gemeinsamen Krebsforschungseinrichtung Oncoray hervor.

Glioblastoms sondern besonders viele Stütz-Matrix-Proteine ab

„Die Behandlung eines Glioblastoms ist schwierig“, erklärt der Strahlenbiologe Prof. Nils Cordes vom „Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie“ (Oncoray). Operationen seien riskant, weil das Tumorgewebe von sensiblen Hirnstrukturen umgeben sei. Deshalb nutzen die Dresdner Oncoray-Experten in solchen Fällen oft auch ihre Protonen-Kanone, die Krebsgeschwüre im Kopf besonders präzise bekämpfen kann. Allerdings stecken Glioblastome eine Strahlenbehandlung oft besser weg als gesundes Gewerbe, weil sie besonders viele Matrixproteine produzieren. Und die wiederum erzeugen eine Art Stützskelett für den Tumor, an den sich Metastasen leicht anheften können.

Kombinierte Matrix-, Strahlen- und Chemotherapie geplant

Daher haben die Onologen nun beschlossen, erst mal diese Klebematrix mit Antikörpern oder Peptiden zu schwächen, bevor sie die Strahlenkanone in Stellung bringen. Konkret hemmen sie dabei das Oberflächenprotein „Integrin α2“. Dies könne dabei helfen, dass Tumorzellen eine Strahlen-, Chemo- oder Molekur-Therapie schlechter überleben. „Wir wollen in einem nächsten Schritt in Labor-Experimenten herausfinden, wie effizient der Einsatz von Integrin α2-Hemmern bei einer kombinierten Strahlen- und Chemotherapie ist“, kündigte Nils Cordes an.

Laut Oncoray erkranken jährlich rund 8000 Menschen in Deutschland an Hirntumoren. An Glioblastomen leiden vor allem Senioren zwischen 50 und 70 Jahren.

Quelle: HZDR, Hochschulmedizin Dresden

Wissenschaftliche Publikation:

I. Korovina, A. Vehlow, A. Temme, N. Cordes: Targeting integrin α2 as potential strategy for radiochemosensitization of glioblastoma, Neuro-Oncology, 2023 (DOI: 10.1093/neuonc/noac237)

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt