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Algenfarm als Benzinproduzent

Hanna Ojanen von Carbo Culture (links), Jason Cole von Macrocarbonund Philipp Hahn von Enadyne haben sich für die zweite Runde im Wettbewerb „Carbon-to-Value“ der Bundessprungagentur qualifiziert. Foto: Felix Adler für Sprind

Hanna Ojanen von Carbo Culture (links), Jason Cole von Macrocarbon und Philipp Hahn von Enadyne haben sich für die zweite Runde im Wettbewerb „Carbon-to-Value“ der Bundessprungagentur qualifiziert. Foto: Felix Adler für Sprind

Bundes-Sprungagentur verteilt sieben Millionen Euro für neue Ansätze, CO2 aus der Umwelt zu saugen

Bremerhaven/Leipzig, 26. April 2023. Die Kraftstoffe für unsere Schiffe, Flugzeuge und Schwerlaster wird künftig womöglich nicht mehr aus Erdöl gewonnen, sondern aus gewaltigen Algenfarmen im Ozean. Und diese Farmen sollen sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Neben dem umweltfreundlicheren Sprit-Nachschub könnten die Algen nämlich auch bereits in die Umwelt entwichenes Kohlendioxid (CO2) wieder binden. Das sieht das Konzept des jungen Unternehmens „Macrocarbon“ vor – und damit hat es diese Ausgründung des Alfred-Wegener-Instituts Bremerhaven auch in die nächste, mit insgesamt sieben Millionen Euro dotierte Runde im Wettbewerb „Carbon-to-Value“ (auf Deutsch etwa: „Wert aus Kohlenstoff“) geschafft, den die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) in Leipzig ausgeschrieben hat. Den Algenfarmern winken nun rund 2,3 Millionen Euro, um ihre Idee bis zum Herbst 2024 weiter in Richtung Praxisreife voranzutreiben. Das geht aus einer Mitteilung der Bundes-Sprungagentur hervor.

Projektleiter: CO2-Ausstoß vermeiden reicht nicht

„Um einen gravierenden Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur zu begrenzen, reicht es nicht aus, künftige CO2-Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren“, erklärt Sprind-Projektbeauftragter Jano Costard, warum die Agentur diese Herausforderung international ausgeschrieben hat. „Wir müssen zusätzlich eine große Menge CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernen. Mit diesem Innovationswettbewerb wollen wir neuen Verfahren zum technischen und kommerziellen Durchbruch verhelfen, die CO2 aus der Atmosphäre entnehmen und anschließend langfristig in werthaltigen Produkten speichern.“

Schnellwachsende Alge „Sargassum“ entzieht Ozean das Kohlendioxid

Und Macrocarbon setzt dabei eben auf die Alge „Sargassum“. Die wächst nämlich im Ozean enorm schnell, entzieht dem Meerwasser dabei CO2. Diese Algen haben laut Macrocarbon ein weit größeres Speicherpotenzial für CO2 als Bäume. „Zudem werden keine kostbaren Landflächen oder Frischwasser für die Kultivierung benötigt“, heißt es in einem Exposé der Sprungagentur. „Das Unternehmen ist in der Lage, das durch die Algen gebundene CO2 zu Rohstoffen für die Chemieindustrie wie beispielsweise Naphta weiterzuverarbeiten.“ Eine entsprechende Anlage ist vor der Mittelmeerinsel Gran Canaria geplant. Das damit gewonnene Rohbenzin lässt sich dann weiter veredeln – etwa zu Kraftstoffen, Kunststoffen oder anderen Chemieprodukten.

Enadyne Freiberg setzt auf Plasma-Katalyse-Reaktoren

Daneben hat die Bundesprungagentur zwei weitere Unternehmen ausgewählt, eigene Konzepte für die CO2-Bindung weiterzuentwickeln. Dazu gehört „Enadyne“ aus dem sächsischen Freiberg: „Mehr als 4000 Gigatonnen überschüssiges CO2 sind bereits in die Atmosphäre gelangt“, argumentieren die Gründer. „Und jedes Jahr kommen weltweit 30 bis 40 Gigatonnen hinzu. Um dieser Entwicklung in überschaubarer Zeit Herr zu werden, wird es nicht ausreichen den Ausstoß an Emissionen lediglich zu reduzieren. Ein kontinuierlicher Abbau von CO2 – oder besser – die sinnvolle und profitable Nutzung von CO2 als Rohstoff ist notwendig.“ Und dafür hat die Ausgründung der Bergakademie Freiberg spezielle Plasmareaktoren konstruiert, die Kohlendioxid aus biologischen Quellen in Methanol, Ethylen und andere Kohlenwasserstoffverbindungen für die Chemieindustrie umwandeln.

Pflanzenkohle aus Bioabfall

Weitere 2,3 Millionen Euro gehen an „Carbo Culture„: Das in Finnland, England und in den USA ansässige Unternehmen will Kohlenstoff aus Bioabfällen in Pflanzenkohle umwandeln. Die lässt sich dann als Dünger oder als Beigabestoff für Beton verkaufen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Sprind, Carboculture, Enadyne, Oiger-Archiv

Zum Weiterlesen:

Plasmareaktoren aus Sachsen sollen Biosprit-Preis unter 1 Euro drücken

Medizin und Speisen aus der Algenfabrik

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt