Dystopisches Sci-Fi-Märchen aus Litauen punktet mit faszinierender Bildsprache und seinen Akteuren
Mit den „Vesper Chronicles“ hat Plaion ein bemerkenswertes dystopisches Science-Fiction-Märchen aus Litauen fürs deutsche Heimkino veröffentlicht. Das erzählt über das Überleben in einer „Mad Max“-Welt – nur dass hier nicht Atomschläge und Ölknappheit die Zivilisation haben zusammenbrechen lassen, sondern genetische Experimente und Hunger.
Die Story: Mädchen Vesper kämpft für ihren Vater und gegen den Hungertod
Diese Apokalypse überdauert haben Zitadellen, in denen wenige Auserlesene dank fortschrittlicher Biotechnologie ein komfortables Leben führen, umgeben von im Labor gezüchteten Sklaven. Und zu Füßen dieser streng bewachten Festungen vegetieren zerlumpte Überlebende dahin, die sich um jeden Bissen bis aufs Blut bekämpfen. Allein von der Zitadelle können sie Pflanzensamen zum Anbau kaufen – und diese Saat blüht nur ein einziges Mal, denn die Biotechnologen haben deren Erbgut so verändert, dass die Masse der Armen zu ewiger Knechtschaft verdammt ist. Ein einsames Leben abseits diese Siedlungen, in denen das Faustrecht gilt, lebt das Mädchen Vesper (Raffiella Chapman) mit ihrem gelähmten Vater und einer alten Armee-Drohne in einer Waldhütte. Das geht solange gut, bis eines Tages ein Gleiter im Wald abstürzt und Vesper nach dem Unglück eine geheimnisvolle Frau (Rosy McEwen) rettet, die ihr wie ihre persönliche Eintrittskarte in die Zitadelle erscheint…
Ein Wald wie aus einem Grimm-Märchen
Sicher werden dem filmerfahrenen Zuschauer manche Anklänge an „Mad Max“, „Elysion“, „Alita – Battle Angel“ und ähnliche Dystopien auffallen. Und doch ist hat das Regie-Duo Kristina Buozyte und Bruno Samper für dieses allegorische Märchen eine ganz eigene Erzählweise und Bildsprache entwickelt, die gelegentlich auch Anleihen an Videospiele vermuten lässt. Obwohl offensichtlich kein allzu großes Budget zur Verfügung stand, sind den Beiden ätherisch schöne Bilder gelungen. Neben organischen Optik tragen zur Wirkung auch die faszinierenden Drehorte in litauischen Wäldern bei, die schon für sich wirken wie direkt in einem Märchen der Brüder Grimm gewachsen. Und nicht zuletzt haben Buozyte und Samper auch ein gutes Händchen bei der Besetzung bewiesen: Eddie Marsan („Cash Truck“, „21 Gramm“) mimt den machiavellistischen Dorfführer, Rosy McEwen das allem Irdischen entrückte Zitadellen-Wesen. Sehr vielversprechend auch die junge Britin Raffiella Chapman als Vesper, die auf den ersten Blick so zart wirkt und doch nach jedem Rückschlag immer wieder aufsteht.
Werbevideo zu "Vesper" (Plaion):
Regisseure planen Fortsetzung
Als Boni beigefügt ist der DVD ein interessantes Interview, in denen die beiden Regisseure über ihre filmische Vision, die Talentesuche und ihre Pläne für eine Fortsetzung erzählen (wenn denn das Geld dafür zusammenkommt). Außerdem findet sich in der Bonussektion ein Zusammenschnitt aus Konzeptzeichnungen, „B-Roll“-Aufnahmen von den Dreharbeiten sowie eine Kurzdoku über die den Requisitenbau, die Trickeffekte mit gentechnisch manipulierten Pflanzen und die Kostümschneiderei.
Fazit: eine ganz eigene organische Ästhetik
Ein sehenswertes Märchen über neue Klassengesellschaften und das Überleben nach der Gen-Apokalypse. Vesper setzt trotz erkennbarer erzählerischer Vorbilder eigene europäische Akzepte setzt und entwickelt eine faszinierende Ästhetik.
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Kurzüberblick
- Titel: „Vesper Chronicles“
- Originaltitel: „Vesper“
- Genre: Dystopie/Science Fiction
- Produktionsländer und -jahr: Litauen, Frankreich, Belgien 2022
- Regie: Kristina Buozyte, Bruno Samper
- Darsteller: Raffiella Chapman, Eddie Marsan, Rosy McEwen
- Altersfreigabe: FSK 16
- Sprachen: Deutsch, Englisch
- Untertitel: Deutsch
- Laufzeit: 114 Euro
- Preis: Videostrom 12 Euro, Bluray 16 Euro, DVD 14 Euro
Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt
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