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„Dark Justice“ im Heimkino: Umweltextremisten im Selbstjustiz-Modus

Jake De Long (Martin McCann) ist eigentlich Programmierer, scheut aber auch vor Waffengewalt nicht zurück. Szenenfoto von Eurovideo aus "Dark Justice"

Jake De Long (Martin McCann) ist eigentlich Programmierer, scheut aber auch vor Waffengewalt nicht zurück. Szenenfoto von Eurovideo aus „Dark Justice“

Luxemburger Politthriller inszeniert den Schauprozess 2.0

Wie weit kann und muss man im Kampf um die Errettung des Weltklimas gehen? Die Hacker-Gruppe im Lehrstück „Dark Justice“, das inzwischen fürs deutsche Heimkino erschienen ist, haben auf diese Frage radikale Antworten gewählt: Die Umweltextremisten entführen Unternehmer und eine Ministerin, die sie der Umweltzerstörung verdächtigen. Dann sperren sie die Vier ohne Essen oder Wasser in einen Schutzraum, foltern mit Lärm und Bilderfluten, übertragen all dies live über ein Online-Spiel in alle Welt. Dann lassen die Zuschauer darüber abstimmen, ob die Verdächtigen schuldig sind. Wie schon zu Stalins Zeiten sind öffentliche Geständnisse der „Angeklagten“ die Sahnehäubchen in diesem Schauprozess 2.0.

Werbevideo (Eurovideo):

Von Schirach lässt grüßen

Insofern bewegt sich der – kürzlich gestorbene – Regisseur Pol Cruchten mit seinem Umwelt-Thriller nahe an Ferdinand von Schirach, der in Lehrstücken wie „Terror“ oder „Gott“ auch schon öfter moralische Dilemmata für Theater und Fernsehen inszeniert hat und dann die Zuschauer über Schuld oder Unschuld abstimmen ließ. Während sich allerdings von Schirach immer bemüht, beiden Seiten gerecht zu werden, lässt der Luxemburger Cruchten in „Dark Justice“ wenig Zweifel offen, wem die Sympathien des Zuschauers gehören sollten. Tenor: ein bisschen Selbstjustiz ist schon okay, wenn man oder frau auf legalen und demokratischen Pfaden nicht weiterkommt. Wer dafür genug „Likes“ in der eigenen Internetblase sammelt, muss einfach recht haben.

Die Umweltextremisten nehmen Unternehmer und eine Ministerin gefangen. Szenenfoto von Eurovideo aus "Dark Justice"

Die Umweltextremisten nehmen Unternehmer und eine Ministerin gefangen. Szenenfoto von Eurovideo aus „Dark Justice“

Auf den Pfaden der Youtube-Beeinflusser

Nun gibt es durchaus ideologietriefende Filme, die dafür wenigstens gut gemacht sind. Aber das trifft auf „Dark Justice“ eben auch nicht zu: Statt sich auf die Entwicklung seiner Story und Akteure zu konzentrieren, setzt Pol Cruchten auf Holzhammer-Didaktik, Glaubens-Bekenntnisse und eine Videoästhetik im Stil der Youtube-Beeinflusser („Influencer“). Und dazu legt seinen Mimen auch noch arg hölzerne Dialoge in den Mund. Das kann man chic finden – oder als filmisch ambitionslosen Agitprop beiseitelegen.

"Dark Justice". Abb.: Eurovideo

„Dark Justice“. Abb.: Eurovideo

Kurzüberblick:

  • Titel: „Dark Justice“
  • Originaltitel: „Justice dot Net“
  • Genre: Umweltthriller
  • Produktionsland und -jahr: Luxemburg und Kanada 2018
  • Deutsche Veröffentlichung: Eurovideo 2021
  • Laufzeit: 87 Minuten
  • Altersfreigabe: FSK 12
  • Regie: Paul Cruchten
  • Darsteller: Martin McCann, Désirée Nosbusch, Pascale Bussières
  • Preis: Videostrom: zehn Euro (Kauf), fünf Euro (Leihen), Bluray: 13 Euro, DVD: acht Euro

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt