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Fraunhofer formt Transferzentrum für Nanoelektronik in Dresden

Prof. Hubert Lakner leitet das Fraunhofer-Photonik-Institut IPMS in Dresden,. zu dem seitr 2012 auch das CNT gehört. Foto. Heiko Weckbrodt

Prof. Hubert Lakner leitet das Fraunhofer-Photonik-Institut IPMS in Dresden und koordiniert das Elektronik-Leistungszentrum von Fraunhofer in Dresden. Foto. Heiko Weckbrodt

Wissenschaftsministerium beteiligt sich an Finanzierung – und hofft auf Hightech-Produkte „Made in Saxony“

Dresden, 22. Oktober 2019. Sensoren für ultrapräzise Werkzeugmaschinen, faltbare Elektronik und Mini-Scanner, die jede Tee-Sorte erkennen können: Die Technologieprojekte, an denen die Partner im Dresdner Leistungszentrum „Funktionsintegration für die Mikro-/Nanoelektronik“ arbeiten, sind zukunftsweisend. Deshalb wollen die Fraunhofer-Gesellschaft und das sächsische Wissenschaftsministerium diese – ursprünglich befristete – Einrichtung fortführen und nun zu einem „Transferzentrum“ weiterentwickeln.

Land, Fraunhofer und Industrie legen 6,25 Millionen Euro pro Jahr zusammen

Die Ingenieure bekommen dadurch die Chance, gemeinsam mit Partnerunternehmen ihre bisherigen Forschungen in praktische Industrieprodukte „Made in Saxony“ umzuwandeln. Jährlich haben sie dafür ein Budget 6,25 Millionen Euro zur Verfügung. Die Finanzierung übernehmen Fraunhofer, der Freistaat Sachsen und die beteiligten Industriepartner.

„Für jedes Projekt das beste Team“

Diese neue Entwicklungsstufe für das Zentrum werde „den Technologiestandort Dresden voranbringen“, prognostizierte Prof. Hubert Lakner, der Direktor des federführenden Fraunhofer-Photonikinstituts IPMS in Dresden. „Das Leistungs- und Transferzentrum vernetzt die Entwicklungs- und Fertigungsressourcen hier vorbildhaft“, ergänzte Elektrotechnik-Prodekan Prof. Karlheinz Bock von der TU Dresden, die ebenfalls in diesem Verbund mitarbeitet. „Dadurch kommt für jedes Projekt das beste Team zusammen.“

Prof. Reimund Neugebauer, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, ist Dresden besonders verbunden: Ab 1975 hatte er an der TU Dresden Maschinenbau studiert. Es sei ihm daher eine besondere Freude gewesen, in der sächsischen Landeshauptstadt das neue Leistungszentrum für Nanoelektronik anzukündigen, sagt er. Foto: Axel Griesch, Fraunhofer

Prof. Reimund Neugebauer, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, ist Dresden besonders verbunden: Ab 1975 hatte er an der TU Dresden Maschinenbau studiert. Foto: Axel Griesch, Fraunhofer

2015 als Gegenentwurf zu Imac und Leti gegründet

Fraunhofer-Präsident Prof. Reimund Neugebauer hatte die Dresdner Hightech-Entwicklungsschmiede im Sommer 2015 gegründet, um einen Nachteil der deutschen Mikroelektronik wett zu machen: In Dresden, München, Karlsruhe und an anderen Standorten gibt es zwar hochspezialisierte Forschungsknoten für verschiedene Elektronikthemen. Doch sie sind über die ganze Bundesrepublik verstreut. Die Schlagkraft eines Halbleiterkonzerns wie Intel oder hochdotierter nationaler Forschungszentren wie Cea-Leti in Frankreich oder Imec in Belgien fehlt dadurch. Das Dresdner Leistungszentrum sollte und soll diesen Nachteil wenigstens teilweise wettmachen, indem es die verstreuten deutschen Ressourcen bündelt.

Große Industriepartner wie Glofo und Huwawei sind an Bord

In der ersten Stufe taten sich dafür die Fraunhofer-Institute IPMS, Enas, Eas und Assid, die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden sowie die Technischen Universitäten in Dresden und Chemnitz zusammen. Dazu kamen Industriepartner wie Globalfoundries, NXP; TDK, X-Fab, Huawei, Siemens Healthcare und andere.

Sensorchip-Entwurf für den kleinen Geldbeutel

Auch neue Firmen sind in diesem Dunstkreis bereits entstanden: Die Sensry GmbH beispielsweise vermarktet die im Leistungszentrum entstandene „Universelle Sensorplattform“, mit der auch kleine Unternehmen ohne eigene Halbleiter-Entwicklungsteams ihre Sensorchips entwerfen können. Die Produktion übernimmt dann für sie die Dresdner Chipfabrik von Globalfoundries.

Das Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS hat auch Spezialchips mit Mikrospiegeln entwickelt. Foto: Heiko Weckbrodt

Hyperscanner erkennen jede Teesorte

Und die IPMS-Ausgründung „Hyperscan“ hat einen Mini-Scanner für Apotheken entwickelt, basierend auf Mikrospiegel-Chips aus Dresden. Mit diesen kleinen Geräten können Apotheker binnen Sekunden die chemische Zusammensetzung von Salben, Arznei-Grundstoffen oder selbstgemischten Tees ermitteln. „Die Geräte können sogar das Anbaugebiet und das Erntejahr der Tees erkennen“, berichtet IPMS-Chef Lakner, in dessen Institut die Mikrospiegel-Chips entwickelt worden waren.

Maschinendoktoren für die Industrie 4.0

Im nun entstehenden Transferzentrum wollen die Partner solche Pfade weiterverfolgen: Aus Projekten sollen Produkte werden. Dazu gehört beispielsweise persönliche digitale Doktoren, die den Gesundheitszustand von Werkzeugmaschinen Tag und Nacht überwachen. Dabei handelt es sich um winzige Sensoren, die direkt in Maschinenwellen integriert werden. Sie messen pausenlos die Temperatur der schnell rotierenden Teile, ihre Vibrationen und die auf sie wirkenden Kräfte. Diese Daten melden sie dann per Funk an den Zentralcomputer der Fabrik – und versorgen sich genauso drahtlos mit Energie. Solche Lösungen werden vor allem in den hochautomatisierten Fabriken der „Industrie 4.0“ gebraucht. Andere Teams entwickeln neuartige Ultraschall-Sensoren für Medizintechnik und Pharmalabore, wieder andere mit Sensoren, die hauchdünn wie eine Folie sind.

Netzwerk von nationaler Bedeutung

Koordinator Lakner hofft, spätestens bei der Überführung solcher Konzepte in die Massenproduktion auch den Bund als Finanzier mit ins Boot holen zu können. Denn was Lakner da formen will, ist mehr als ein Impulsgeber von regionaler Bedeutung: Er will ein nationales Forschungs-Netzwerk für die Mikroelektronik knüpfen, das es mit den Großen der internationale Branche aufnehmen kann.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche, IPMS, Glofo, Leistungszentrum, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt