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Schwimmende Autarkie: Kubistisches „Autartec“-Haus im Bergheider See ist fertig

Das Autartec-Haus schwimmt im Hafen des Bergheider Sees in Brandenburg. Architektonisch wirkt es wie verschmolzende Prismen. Foto: Fraunhofer IVI

Das Autartec-Haus schwimmt im Hafen des Bergheider Sees in Brandenburg. Architektonisch wirkt es wie verschmolzende Prismen. Foto: Fraunhofer IVI

Unter Dresdner Fraunhofer-Regie haben Ingenieure haben einen Prototypen für ein schwimmendes, selbstversorgende Gebäude errichtet

Dresden/Finsterwalde, 16. April 2019. Leben wir in Zukunft in schwimmenden Häusern auf ehemaligen Tagebau-Seen und versorgen uns selbst mit Strom, Wärme und Wasser? Ob und wie solch eine autarke Lebensweise funktionieren kann, haben Ingenieure aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg nun praktisch erprobt: Sie haben seit 2014 unter Führung des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) auf dem Bergheider See nahe Finsterwalde ein schwimmendes „Autartec“-Haus gebaut. Nun ist das kubistische Gebäude fertig.

Neueste Leichtbau- und Ressourcen-Technologien aufs Wasser gebracht

Am Fuße der früheren Förderkranbrücke F60 demonstrieren die Erbauer inmitten der Lausitzer Seenlandschaft neueste Technologien für sich selbst versorgende Siedlungen und schwimmende Leichtbau-Architektur. Und sie wollen damit auch zeigen, wie eine durch jahrzehntelangen Braunkohle-Tagebau veränderte Landschaft eine neue Bestimmung bekommen kann.

Das Autartec-Haus mit der Tagebauch-Förderbrücke F60 im Hintergrund. Foto: Fraunhofer IVI

Das Autartec-Haus mit der Tagebauch-Förderbrücke F60 im Hintergrund. Foto: Fraunhofer IVI

Karbonbeton, Solarkollektoren und grüne Fassaden kombiniert

Um das „Autartec“-Haus zu errichten, verwendeten die Forscher und Ingenieure unter anderem superleichten Karbonbeton, wie er in Dresden entwickelt worden ist. Auch haben sie Energiespeicher auf Mineralbasis sowie Akku-Wände integriert. Dazu kommen moderne Steuertechnik und Wasseraufbereitungsanlagen. Eine begrünte Fassade sorgt für die Kühlung, solarthermische Kollektoren auf dem Dach gewinnen Heizwärme. Außerdem sollen 57 Quadratmeter Solarmodule auf anderen Fassaden den Strombedarf des Hauses decken. Der Technologiedemonstrator bietet auf einem 175 Quadratmeter großen Ponton auf zwei Geschossen den Platz für eine vierköpfige Familie oder eine WG.

Erklärfilm zum „Autartec“-Haus
(Video: Fraunhofer):

Der Bergheider See ist ein ehemaliges Loch des Braunkohle-Tagebaus Klettwitz. Die Grube lief von 2001 bis 2014 mit Grundwasser voll.

Professor Matthias Klinger vom Fraunhofer-IVI in Dresden. Foto. Heiko Weckbrodt

Professor Matthias Klinger vom Fraunhofer-IVI in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

An dem Konsortium und dem schwimmenden Autarkie-Haus waren neben dem IVI auch das Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS aus Dresden, die Technischen Universitäten Dresden und Cottbus-Senftenberg und weitere Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft beteiligt.

Ganze Autartec-Siedlung soll entstehen

„Unsere Vision ist, eine ganze Siedlung mit autartec-Häusern für junge, gut ausgebildete Menschen zu gründen, die die autartec-Technologien vor Ort weiterentwickeln, die Häuser samt der Technik hier auch produzieren und mit ihren Familien im ländlichen Raum dem demographischen Wandel mal wieder einen positiven Akzent verleihen“, erklärte IVI-Chef Prof. Matthias Klingner auf Oiger-Anfrage. Das jetzt fertiggestellte erste Haus werde auch bewohnt und soll als lebendiges Beispiel helfen, die darin verbauten Technologien nun zu vermarkten. „Eine bessere Akquisitionsplattform wie das sehr attraktive, am Bergheider See perfekt gelegene Autartec-Haus kann man sich schwer vorstellen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt