Ökonomen: Besser eigenen Stärken stärken als Briefkasten-Firmen anzulocken
Dresden, 21. Juni 2018. Eine Sonderwirtschaftszone, wie sie jüngst in der Debatte um den Braunkohleausstieg für die Lausitz vorgeschlagen wurde, würde der Region wahrscheinlich kaum helfen. Das haben Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest und Prof. Joachim Ragnitz vom Ifo-Institutsteil Dresden eingeschätzt. „Auf die Lausitz kommt ein Schock zu“, sagte Fuest bei einem Besuch in Dresden. „Aber eine Sonderwirtschaftszone mit niedrigen Steuersätzen würde wahrscheinlich vor allem dazu führen, dass sich viele Briefkastenfirmen in der Lausitz ansiedeln würden.“
Konflikte mit EU wären programmiert
Ragnitz sieht zudem juristische Konflikte: „Eine solche Zone mit niedrigen Steuern würde Probleme mit dem EU-Beihilferecht verursachen“, meint er. Auch eine große Strukturkommission sei kaum eine Lösung. Besser sei es, wenn die lokalen Akteure selbst Zukunftsperspektiven für die Zeit nach der Braunkohle-Verstromung entwickeln würden. „Dabei sollte die Lausitz ihre Stärken weiterentwickeln. Ich sehe das zum Beispiel Chancen in der Energieforschung, Ernährungswirtschaft und im Maschinenbau“, sagt Ragnitz. „Auch über eine stoffliche Verwertung der Braunkohle könnte man nachdenken.“ Letztere Technologie sei aber immer noch nicht ausgereift, und: „Das würde allerdings bedeuten, dass die Lausitz weiter Braunkohle fördert und hätte weitere Landschaftszerstörung zur Folge.“
Konzepte für Zeit nach der Braunkohle gefragt
Zum Hintergrund: Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte kürzlich bei einem Bürgerforum in Hoyerswerda die Idee diskutiert, mit Blick auf den drohenden Braunkohle-Ausstieg in der Lausitz Zonen mit niedrigen Steuersätzen einzurichten, um dort Firmenansiedlungen zu befördern.
Experimente mit Sonderwirtschaftszonen in Asien
Mit ähnlichen Sonderwirtschaftszonen – allerdings unter ursprünglich planwirtschaftlichen Vorzeichen – hatte bereits China in den 1980ern experimentiert. Und erst vor wenigen Tagen hatten solche Pläne in Vietnam zu wütenden Protesten geführt.
Autor: Heiko Weckbrodt
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