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Virtueller Erstflug

Noch bevor der erste Prototyp gebaut ist, wollen die Dresdner DLR-Ingenieure für jedes neue Flugzeug zuerst "virtuelle Zwillinge" für den Erstflug am Supercomputer entwerfen. Foto: DLR

Noch bevor der erste Prototyp gebaut ist, wollen die Dresdner DLR-Ingenieure für jedes neue Flugzeug zuerst „virtuelle Zwillinge“ für den Erstflug am Supercomputer entwerfen. Foto: DLR

DLR eröffnet in Dresden ein Institut für Softwaremethoden zur Produkt-Virtualisierung

Dresden, 3. August 2017. Um die deutsche Luftfahrt-Industrie und andere Technologiebranchen mit hohem Innovationsdruck konkurrenzfähiger zu machen, hat das „Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt“ (DLR) heute ein spezielles Software-Forschungszentrum in Dresden gegründet: Das „DLR-Institut für Softwaremethoden zur Produkt-Virtualisierung“ (ISOPROV) soll auf Hochleistungs-Rechnern computergenerierte virtuellen Labore aufbauen, in denen Ingenieure künftig Flugzeuge, Autos und andere Hightech-Produkte schneller, umweltfreundlicher und billiger entwickelt können. Ganz nebenbei bekommt Dresden dadurch einen neuen Supercomputer.

Einzigartiger Kooperations-geist in Dresden

„Die Einrichtung des DLR-Institutes auf unserem Campus ist ein Erfolg und eine Bereicherung für die TU Dresden, aber auch für die Stadt Dresden und den Freistaat Sachsen“, schätzte TU-Rektor Prof. Hans Müller-Steinhagen ein. Das DLR werde ihre Standort-Entscheidung nicht bereuen: „Hier ist der Geist der Zusammenarbeit zwischen universitären und außeruniversitären Forschern sehr stark“, betonte er. „Diesen ,Dresden Spirit‘ finden Sie so schnell nicht woanders wieder.“

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Das Puzzle fügt sich zusammen

Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), der beim DLR und beim Bund lange nach diesem Institut geangelt hatte, sieht im Zuschlag für Dresden eine große Chance für die gesamte, bisher eher kleinteilige Hochtechnologie-Wirtschaft im Freistaat: Das neue Institut könne wie eine Brücke zwischen Forschung, hochspezialisierten Luftfahrt-Zulieferern, industrienahen Software-Schmieden und der globalen Luftfahrtindustrie wirken. „Die einzelnen Puzzleteile fügen sich zu einem großen Gesamtbild“, meint auch Frank Schönefeld, der im sächsischen Hightech-Branchenverband „Silicon Saxony“ die Arbeitsgruppe „Software Saxony“ leitet.

DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. Foto: Heiko Weckbrodt

DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. Foto: Heiko Weckbrodt

DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke: „Das neue Dresdner DLR-Institut wird dafür die relevanten Forschungskompetenzen im Bereich Software bündeln und langfristig den Weg zum virtuellen Erstflug im Rechner bereiten.“

„Virtueller Zwilling“ begleitet in Zukunft jedes Flugzeug bis zur Verschrottung – und darüber hinaus

Leitprojekt wird ein „virtuelles Flugzeug“ sein. Dies ist ein neues Konzept, um Luftfahrzeuge in Zukunft durchgängig digital zu entwickeln. Dabei wird jedes Flugzeug zunächst – teils auch mit Datenbrillen – komplett als Computersimulation entworfen, getestet, probegeflogen und dokumentiert. Diese „digitalen Zwillinge“ begleiten das spätere reale Luftfahrzeug ein ganzes Flugzeugleben lang. Bis zur Verschrottung speichert der digitale Zwilling auch alle aktuellen Sensordaten, Reparaturen und entstandenen Abfälle, um jeden Fehler rückverfolgbar zu machen. „Das wäre ein echter Wettbewerbsvorteil für die europäische Industrie“, betonte DLR-Vorstandsmitglied Rolf Henke. „Wir sehen hier in Dresden die Exzellenz konzentriert, um das zu schaffen. Wir werden das aber auch regelmäßig durch internationale Experten prüfen lassen.“ Später wollen die Ingenieure diese neuen digitalen Entwicklungsverfahren auf andere Branchen wie die Automobilindustrie übertragen.

Freistaat steckt 17 Millionen Euro in neues DLR-Softwareinstitut in Dresden

Um die hochfliegenden Pläne an der Elbe zu unterstützen, schießen Bund und Land für die laufenden Kosten im DLR-Institut jährlich 8,3 Millionen Euro zu – wobei der Bund mit 90 Prozent die Hauptlast trägt. Der Freistaat wiederum hat dem DLR die Standortentscheidung für Dresden mit rund 17 Millionen Euro Anschubfinanzierung versüßt, zahlbar in vier Raten bis Ende 2020.

Gründungsdirektor Dr. Nobert Kroll (53) leitet das neue „DLR-Institut für Softwaremethoden zur Produkt-Virtualisierung“ (ISOPROV) in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Gründungsdirektor Dr. Nobert Kroll (53) leitet das neue „DLR-Institut für Softwaremethoden zur Produkt-Virtualisierung“ (ISOPROV) in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Supercomputer-Komplex im Dresdner Süden wächst

Rund 14 Millionen Euro davon will Gründungsdirektor Dr. Norbert Kroll für einen Supercomputer mit 10.000 bis 15.000 Rechnerkernen ausgeben, der vor allem für die Flugzeugsimulationen gebraucht wird. Der wird neben dem Hochleistungscomputer der TU Dresden im Lehmann-Zentrum an der Nöthnitzer Straße installiert. Zudem erwäge das DLR derzeit, weitere Supercomputer gleich noch mit nach Dresden zu verlagern, informierte der 53-jährige Mathematiker und Luftfahrt-Ingenieur Kroll, der auch die Abteilung für „Numerische Verfahren“ am DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Braunschweig leitet. Dann würde an der Nöthnitzer Straße einer der leistungsfähigsten Rechner-Komplexe von ganz Deutschland entstehen.

Finaler Standort an der Technologiemeile Süd

Das Institut selbst startet mit zunächst drei Mitarbeitern auf dem TU-Nebencampus an der August-Bebel-Straße. Mitte 2018 wechselt das Team nach Dresden-Plauen.

Geplant sind 3 Abteilungen:

1.) Hochleistungsrechnen (neue Algorithmen und Speichermodelle)

2.) Simulationen (multi-disziplinäre Produktanalyse)

3. Big Data (Analyse großer Datenmengen, Cybersicherheit)

Voraussichtlich im Jahr 2020 zieht das ISOPROV in das neue Lehmannzentrum II an der Nöthnitzer Straße um. Dann soll es auch seine Sollstärke von 70 Mitarbeitern erreicht haben.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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