PwC-Studie: Jedes 2. deutsche Unternehmen misstraut jetzt der Cloud
Frankfurt am Main/Berlin, 7. November 2013: Bricht der Hype um Cloud-Computing durch die NSA-Schnüffelaffäre ebenso schnell wieder in sich zusammen wie er entstand? Eine Studie über Wirtschaftskriminalität von des deutschen Ablegers von „PricewaterhouseCoopers“ (PwC) in Frankfurt am Main lässt jedenfalls aufhorchen: Demnach fürchtet sich inzwischen mehr als jedes zweite deutsche Unternehmen vor Betrug und Missbrauch, wenn es seine Daten und Programme in Internet-Rechenzentren ablegt. Vor den Enthüllungen des Ex-Geheimdienstlers Edward Snowden stuften hingegen nur 31 Prozent der befragten Firmen das Cloud-Risiko als „hoch“ oder „sehr hoch“ ein. Für die Analyse hatten PwC und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg deutschlandweit 603 Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten befragt.
15 % der Firmen erwägen Umstieg auf Europa-Technik
Die NSA-Affäre habe in den Unternehmen ihre Spuren hinterlassen, folgern die Analysten. „15 Prozent erwägen sogar eine Umstellung auf europäische IT-Dienstleister, um ihre Daten vor dem Zugriff US-amerikanischer und britischer Geheimdienste zu schützen“, heißt es von PwC. Jedes dritte Unternehmen erwäge die Einführung oder Erweiterung von Verschlüsselungstechnologien beim E-Mail-Verkehr und jedes vierte die Verschlüsselung seiner Mobilfunkkommunikation.
Vertrauensverlust misslich für US-Anbieter, aber Chance für Euro-Cloud
Dieser Vertrauensverlust dürfte vor allem große US-Cloud-Anbietern schaden, die in den vergangenen Monaten und Jahren große Rechenzentren aufgebaut haben, um dem Bedarf nach internetgestützten Computerdienstleistungen zu decken. Umgekehrt könnten europäische Cloud-Firmen davon profizieren. Manche Elektronik-Branchenvertreter fordern inzwischen gar den Aufbau einer deutschen beziehungsweise europäischen Industrie für Netz-Hardware, da Router „Made in USA“ mittlerweile im Verdacht stehen, absichtlich eingebaute Hintertüren für amerikanische Industriespione zu haben.
Bitkom drängt auf Konsequenzen aus Späh-Affäre
Auch der deutsche Hightech-Verband „Bitkom“ forderte heute in Berlin „Konsequenzen aus den Abhör- und Ausspähaktionen ausländischer Geheimdienste“. „Das Vertrauen von Internetnutzern und Unternehmen in die Sicherheit und den Schutz ihrer Daten ist beschädigt“, warnte Bitkom-Präsident Dieter Kempf. „Es ist zu befürchten, dass sich dies nachteilig auf die Nutzung neuer Technologien auswirkt und Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft entsteht.“
Anti-Spionage-Vertrag und Euro-Routing gefordert
So dringt der Verband auf einen „Anti-Spionage-Vertrag“ zwischen Deutschland beziehungsweise der EU und den USA und einen „zumindest europaweiten Schutz für Privatverbraucher vor Ausspähung durch befreundete Geheimdienste“. Zudem sei ein europäisches Routing zu prüfen, sprich: eine rein europäische Abwicklung der innereuropäischen Internet-Datenströme. Kempf: „Ein kollusives Zusammenwirken der nationalen Behörden untereinander und damit eine faktische Aushebelung des verfassungsrechtlich garantierten Fernmeldegeheimnisses und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung darf es nicht geben.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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