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Verdrehtes Sandwich spart Strom

Die Eiscreme-Sandwiches stehen symbolisch für das Prinzip gestapelter und in sich verdrehter Supraleit-Kristallschichten: Die Sauerstoffatome, die dem Material Supraleitfähigkeit verleihen, sind in die Struktur eingefroren wie Schokoladenstücke in der Eiscreme. Doch  schmilzt das Eis, bleibt nur strukturloser Matsch zurück - die Supraleitung bricht zusammen. Fotos: IFW Dresden

Die Eiscreme-Sandwiches stehen symbolisch für das Prinzip gestapelter und in sich verdrehter Supraleit-Kristallschichten: Die Sauerstoffatome, die dem Material Supraleitfähigkeit verleihen, sind in die Struktur eingefroren wie Schokoladenstücke in der Eiscreme. Doch schmilzt das Eis, bleibt nur strukturloser Matsch zurück – die Supraleitung bricht zusammen. Fotos: IFW Dresden

Für bessere Quantencomputern setzen Forscher aus Dresden und Harvard auf verdreht gestapelte Supraleit-Kristalle

Dresden, 8. Dezember 2023. Auf dem Weg zu zielgerichtet designten Supraleitern, die auch jenseits extrem tiefer Temperaturen Strom noch verlustfrei leiten, sind Teams vom „Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung“ (IFW) in Dresden und von der Harvard University ein Stück vorangekommen: Sie haben dünne Kristalle aus Kupfer, Sauerstoff, Wismut und weiteren Elementen so in sich verdreht und gestapelt, dass diese Supraleitung auch bei höheren Temperaturen erhalten geblieben ist – wenngleich noch weit unter Raumtemperatur. Das geht aus einer IFW-Mitteilung hervor.

Stapeln bei -90 Grad

Für ihre Versuche setzten S. Y. Frank Zhao, Philip Kim, Nicola Poccia und deren Kollegen sogenannte Cuprate ein, also spezielle Verbindungen von Kupfer mit weiteren Elementen. In deren Kristallen froren sie Sauerstoffatome ein – ähnlich wie Schokosplitter in einer Eiscreme. Diese Kristalle haben sie dann gespalten und bei minus 90 Grad Celsius in einer Argon-Atmosphäre im Winkel von 45 Grad zueinander verdreht und gestapelt. An ihrer Grenzfläche konnten diese „Eiscreme-Schichten“ dann Strom verlustfrei leiten.

Elektronen-Paare flutschen durch die Materie

Möglich war dies, weil sie in diesen speziellen „topologischen“ Strukturen je zwei Elektronen gewissermaßen verheiraten und zu sogenannten „Cooper-Paaren“ zusammentun. Als Paar können sie – anders als normale Elektronen – durch die Kristalle gleiten, ohne irgendwo anzuecken. Zudem tunnelten die Ladungsträger-Paare an der Schnittstelle dieser speziellen Kristall-Konstuktion immer nur in eine Richtung – die Forscher sprechen hier von einem Zeitumkehrsymmetrie-Bruch, weil die Aktion eben nur einseitig möglich ist. Dies wiederum könnte Möglichkeiten eröffnen, mit solchen verdrehten Konstrukten spezielle Schaltungen in künftigen Supraleit-Quantencomputern zu konstruieren.

Bis zu solch eine praktischen Anwendung ist es zwar noch weit hin. Absehbar sind aber bereits mögliche Anwendungen in Quantencomputern, die bestimmte Rechenaufgaben wie etwa Simulationen oder Entschlüsselungen viel schneller als heutige Digitalcomputer lösen können.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IFW, VÖ in „Science“

Wissenschaftliche Publikation:

„Time-reversal symmetry breaking superconductivity between twisted cuprate superconductors“ von S. Y. Frank Zhao, Philip Kim, Nicola Poccia u.a., in: „Science“, 12-2023, Fundstelle im Netz: https://www.science.org/doi/abs/10.1126/science.abl837

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt