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Flüchtlinge sollen doch noch Teil der Arbeitskräftelücke füllen

Viele Handwerksbetriebe haben angesichts voller Auftragsbücher Probleme, neue Kapazitäten aufzubauen: Es fehlen Meister, Gesellen und andere Fachkräfte, während Ungelernte kaum noch gefragt sind. Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

IHK Dresden: Quali-Anfrage, Teilzeit-Jobs und Sprachkurs sollten parallel laufen

Dresden, 30. Oktober 2023. Damit Flüchtlinge schneller eine Arbeit finden, prüfen die Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden, die Arbeitsagentur und weitere Protagonisten in Sachsen ein Pilotprojekt nach bayrischem Vorbild. Das hat die Dresdner IHK angekündigt. Damit wollen die Akteure einerseits den Arbeitskräfte-Mangel in vielen Branchen lindern, anderseits den Flüchtlingen bei der Integration in die deutsche Gesellschaft helfen.

Schon bei der Ankunft sollen Dolmetscher berufliche Fähigkeiten abfragen

Die Idee: Polyglotte Agenturexperten sollen künftig bereits in den Erstaufnahme-Einrichtungen die eintreffenden Asylbewerber in deren Muttersprache nach deren Berufserfahrungen und Qualifikationen befragen. Bisher wird dies oft erst erfasst, wenn hier gebliebene Flüchtlinge nach vielen Monaten ihre Sprach- und Integrationskurse absolviert haben. Das Pilotprojekt könnte insofern die Arbeitsvermittlung beschleunigen, wenn absehbar ist, dass die Flüchtlinge vorerst bleiben. Die deutsche Sprache sollen die Einwanderer dann lernen, während sie bereits in Teilzeit-Jobs arbeiten. Diese berufsbegleitenden Sprachkurse müssten erst aufgebaut und finanziert werden, hätten allerdings den Charme, dass die Schüler während ihrer Arbeit die neuerworbenen Sprachkenntnisse gleich in der Praxis erproben und festigen können.

Ähnliche Konzepte exerzieren laut IHK-Sprecher Lars Fiehler bereits die Bayern vor. Zudem habe es auch anderswo bereits frühere Qualifikations-Befragungen durch freie Träger, also Vereine und Organisationen gegeben. Aber die Gelder dafür seien inzwischen gestrichen.

Fachkräfte-Einwanderung und Bluecard-Zuzug bisher eher dünn

Ein Hintergrund ist der Arbeits- und Fachkräftemangel in der sächsischen Wirtschaft. Über das eigentlich dafür vorgesehene Fachkräfte-Einwanderungsgesetz und die Bluecard-Regeln kommen bisher aber nur etwa 100 Facharbeiter und Akademiker pro Jahr nach Sachsen – weit weniger als gedacht und erhofft. Eine Alternative könnte sein, die Flüchtlinge, die ohnehin schon im Land sind, rascher als bisher arbeiten dürfen und können. Dies setzt aber eben unter anderem voraus, dass diese Menschen einfacher Deutsch lernen können und frühzeitig der Vergleich möglich ist, ob und wie ihre Berufserfahrungen sowie Ausbildungen zu offenen Stellen in der sächsischen Wirtschaft passen.

Viele praktische Hürden

Die Idee, dass Zuwanderer aller Coleur – also auch Flüchtlinge – die deutsche Fachkräfte-Lücke schließen könnten, ist zwar alles andere als neu. Aber in der Praxis funktioniert das bisher nur punktuell. Bisher hapert dies unter anderem an rechtlichen Hindernissen, Personalmangel in Ausländerehörden und Erstbaufnahme-Einrichtungen, Sprachbarrieren, ausreichenden und sinnvollen Sprachkurs-Angeboten und den besonderen Hürden in Deutschland, ausländische Abschlüsse anzuerkennen. Laut IHK und anderen Quellen haben sich zwar einige Unternehmen an der Integration von Flüchtlingen versucht. Einige davon waren damit auch erfolgreich. Andere aber haben vor allem angesichts des hohen bürokratischen Aufwandes und sprachlicher Hürden diese Versuche wieder eingestellt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen; IHK Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt