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Zukunft der Bäcker liegt in der Spezialisierung

"Mein Herz schlägt für die Konditorei, für die feinen süßen Sachen", sagt Thomas Heller, der sich als Meister in beiden  Sparten bewiesen hat: als Bio-Bäcker wie als Konditor. Foto: Heiko Weckbrodt

„Mein Herz schlägt für die Konditorei, für die feinen süßen Sachen“, sagt Thomas Heller, der sich als Meister in beiden Sparten bewiesen hat: als Bio-Bäcker wie als Konditor. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Dresdner Bio-Konditor Heller: Nur durch Innovationen wird Sachsens Bäckerszene Bestand haben

Dresden 2. September 2016. Für viele Sachsen steht es völlig außer Zweifel: Sachsen und leckere Kuchen, das gehört einfach zusammen. Doch wenn sich die Bäckerszene hierzulande in all ihrer Breite und Vielfalt dauerhaft behaupten will, dann geht das nur durch Spezialisierung. Davon ist Konditor- und Bäckermeister Thomas Heller aus Dresden überzeugt. „Darin liegt die Zukunft“, meint er. „Die einen spezialisieren sich auf Hochzeitstorten, die nächsten auf besondere Pralinen, andere ziehen eine Kexerei auf wie Kollege Walther – eine Superidee übrigens.“

Bio-Pralinen galten den Kunden anfangs als „Luxus im Quadrat“

Und auch Thomas Heller hat mit seiner Mannschaft an der Wilhelm-Frank-Straße ganz besondere Attraktionen jenseits von Brot & Brötchen ersonnen und damit weit über Dresden hinaus für Furore gesorgt: Der heute 49 Jahre alte Meister war weit und breit der erste, der laktose-freies Bio-Eis sowie Bio-Torten, -Desserts, -Stollen und -Pralinen anbot. „Anfangs gab es einige Skepsis, weil ,Bio’ als ,teuer’ galt, und Bio-Konditorwaren als Luxus im Quadrat“, sagt Heller. „Aber inzwischen kommen die Leute von weither, um unsere Bio-Produkte zu kaufen.“

Konditor-Azubine Romy Otto bereitet hier ein laktosefreies Erdbeer-Eis zu - eine Spezialität der Dresdner Konditorei Heller. Foto: Heiko Weckbrodt

Konditor-Azubine Romy Otto bereitet hier ein laktosefreies Erdbeer-Eis zu – eine Spezialität der Dresdner Konditorei Heller. Foto: Heiko Weckbrodt

Eis aus Hafermilch erfunden

Auf die Idee mit dem milchfreien Eis für Allergiker sei er bei einer Plauderei mit einem befreundeten Koch gekommen, verrät der Konditor: Der habe ihm erzählt, dass sich Hafer-Vollkornmehl auch mit kalter Flüssigkeit klumpenfrei anrühren lässt. Aus diesem Konzept entwickelte Heller dann Eissorten auf Hafermilch-Basis, die selbst Laktose- und Soja-Allergiker vertragen.

Die Bäckerei setzt auf Zutaten aus der Region und aus ökologischem Landbau. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Bäckerei setzt auf Zutaten aus der Region und aus ökologischem Landbau. Foto: Heiko Weckbrodt

„Mit Fertigmischungen können wir uns geschmacklich nicht abheben“

Doch bis zu solchen Lebensmittel-technologischen Raffinessen war es indes für den Meister, der bereits im Alter von 24 Jahren die elterliche Bäckerei übernahm, ein weiter Weg. Wie so viele Kollegen habe auch er nach der Wende erst mal „das Chemie-Zeug“ ausprobiert, das damals westdeutsche Vertreter wie sauer Bier in ostdeutschen Backbetrieben angepriesen hatten, räumt Heller ein. „Aber wir haben schnell gemerkt: Mit solchen Fertigmischungen können wir uns geschmacklich nicht abheben.“

Preise auf Messen eingeheimst

Also setzte Heller auf hochwertige Zutaten aus der Region, die nach kontrollierten ökologischen Standards entstanden. Bio-Brote gab da schon. Aber in der süßen Welt der Konditor-Leckereien waren Qualitätsnormen wie „Bio“ und „Öko“ damals noch Exoten. Und so heimsten die Dresdner bald auch auf überregionalen Messen Preise ein, wurden mit Bestellungen aus dem Großhandel überhäuft, vor allem nach Bio-Eis.

Am Großen Rad gedreht – und Lehrgeld gezahlt

Damals habe er viel Lehrgeld bezahlt, erzählt Heller. Weil sich die Order-Mengen plötzlich verhundertfachten, expandierte die ursprünglich so kleine Familienbäckerei aus Leubnitz-Neuostra drastisch. Heller mietete sich in den Gründerhof an der Großenhainer Straße ein, installierte dort große Produktionsanlagen, um die Bestellungen aus dem Großhandel abzuarbeiten. „Damals haben wir Tag und Nacht gearbeitet, selbst Oma und Opa mussten ran.“

Und dann der Knall: Große Ketten strichen die Dresdner Spezialitäten aus dem Sortiment und die Hellers hatten plötzlich massive Überkapazitäten und Kosten. „Das waren schwere Jahre“, erinnert sich Thomas Heller.

Auch junger Flüchtling weil bei Heller lernen

Doch das Unternehmen fing sich wieder, kam aus dem Mietvertrag heraus, baute statt dessen den angestammten Sitz an der Leubnitz-Neuostra noch etwas aus – und verabschiedete sich von allen überregionalen Großhandels-Abenteuern. Seit 2010 hat sich der Umsatz der Bäckerei auf 1,25 Millionen Euro verdoppelt. Und die Belegschaft ist seither um fast ein Drittel auf 21 Mitarbeiter inklusive vier Azubis gewachsen. Darunter ist auch ein junger Flüchtling, der kürzlich als Lehrling bei den Hellers angefangen hat.

"Wir machen Slow Food, nicht Fast Food", betont Heller. "Bei uns kann der Teig eine ganze nacht reifen." Foto: Heiko Weckbrodt

„Wir machen Slow Food, nicht Fast Food“, betont Heller. „Bei uns kann der Teig eine ganze Nacht reifen, bevor er wieterverarbeitet wird.“ Foto: Heiko Weckbrodt

Konditor denkt an Brotspezialitäten-Laden

Im kommenden Weihnachtsgeschäft will nun der Konditor erproben, wie Bio-Schnittpralinen bei der Kundschaft ankommen. Auch über weitere Spezialisierungen wie einen „Brotladen“, der sich ganz und gar auf originelle Brotsorten und -Aufstriche konzentriert, denkt der Meister nach.

Als nächstes kommen elektrische Bäckermobile

Selbst im Transport setzt der Familienbetrieb auf ökologische Vorbildwirkung: Derzeit liefern die Hellers ihr Bio-Eis und andere Spezialitäten mit Erdgas-Fahrzeugen aus, die Zukunft aber ist elektrisch: „Zusammen mit einem hiesigen Ingenieurbüro wollen wir eine Art Elektro-Sprinter bauen lassen, die ihre Akkus über eine Solaranlage hier bei uns nachladen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Buchecken in Kurzporträt:

  • Name: Biokonditorei Bucheckchen, Thomas Heller
  • Sitz: Dresden-Leubnitz-Neuostra
  • Gründung: 1961
  • Geschäftsfelder: Öko-Konditorei, -Bäckerei und –Eisproduktion
  • Belegschaft: 21 Mitarbeiter inklusive vier Azubis
  • Umsatz: 1,25 Millionen Euro (2015)
  • Mehr Infos im Netz: biokonditorei.de
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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