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„Spreetec Next“: 3D-Impulse für die Lausitz

Filigrane und komplexe Strukturen aus dem 3D-Drucker sind zum bei diesem Aerospike-Raketentriebwerk, das das Fraunhofer IWS gemeinsam mit dem Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden aus einem Metallpulverbett erzeugt. Foto: Christoph Wilsnack für das Fraunhofer-IWS

Filigrane und komplexe Strukturen aus dem 3D-Drucker sind zum bei diesem Aerospike-Raketentriebwerk, das das Fraunhofer IWS gemeinsam mit dem Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden aus einem Metallpulverbett erzeugt. Foto: Christoph Wilsnack für das Fraunhofer-IWS

Fraunhofer-Strahlinstitut IWS Dresden installiert europaweit einzigartigen Industrie-3D-Drucker

Dresden, 27. Oktober 2023. Wasserstoff-Brennkammern, kompliziert geformte Turbinenteile sowie viele andere Komponenten und Werkzeuge entstehen in vielen Hightech-Branchen immer häufiger in industriellen 3D-Druckern statt in der Fräse oder im Schmiedewerk. Denn diese „additiven Fertigungsanlagen“ können aus Aluminium, Titan, Nickel, Eisen, Kupfer und anderen metallischen Pulvern schichtweise auch komplexe Teile herstellen, die mit klassischen Methoden kaum oder gar nicht machbar werden.

Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden hat sich nun einen europaweit einzigartigen industriellen 3D-Drucker angeschafft. Die additive Fertigungsanlage des chinesischen Herstellers „Farsoon“ kann besonders große Bauteile erzeugen. Das IWS will mit solchen Hightech-Maschinen helfen, neue Wertschöpfungsketten in der Lausitz zu etablieren und Innovationen in der sächsischen Industrie befeuern.

Projektleiter Prof. Christoph Leyens vom Fraunhofer-IWS Dresden mit einer "Smart Box", also einem industriellen 3D-Drucker für Metall-Werkstücke. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektleiter Prof. Christoph Leyens vom Fraunhofer-IWS Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Neue Wertschöpfungsketten für die Zeit nach der Kohle

„Mit solcher Anlagentechnik kann sich der ostdeutsche Mittelstand mit Hilfe des Fraunhofer-IWS besondere Alleinstellungsmerkmale erarbeiten“, betont Institutsleiter Prof. Christoph Leyens. So wollen die Fraunhofer-Ingenieure beispielsweise gemeinsam mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) im Verbundvorhaben „Spreetec Next“ in der Lausitz neue Fertigungsprozesse und Produktlinien für die Zeit „nach der Kohle“ etablieren. Auch neue Geschäftsmodelle für die Reparatur schwer verfügbarer landwirtschaftlicher, energietechnischer oder industrieller Ersatzteile sind damit absehbar. „Vor allem in der Transformationsregion Lausitz geben Projekte wie ,Spreetec Next’ der regionalen Wirtschaft neue Impulse.“

Die chinesische Hightechfirma "Farsoon" ist unter anderem auf solche industriellen Groß-3D-Drucker spezialisiert. Foto: Farsoon

Die chinesische Hightechfirma „Farsoon“ ist unter anderem auf solche industriellen Groß-3D-Drucker spezialisiert. Foto: Farsoon

Wie funktioniert die Additive Fertigung im Pulverbett?

Bei der laserbasierten Additiven Fertigung im Pulverbett schmilzt ein Laserstrahl in einer Gasumgebung feine Metallteilchen auf. Aus dieser Schmelze erzeugt die Anlage nach einem Computermodell Schicht für Schicht das gewünschte Bauteil. So lassen sich Komponenten aus Titan, Kupfer und anderen Metallen beziehungsweise aus deren Legierungen generieren.

Auch richtig große Bauteile werden druckbar

Zwar verfügen inzwischen bereits einige Betriebe über 3D-Drucker. Doch diese Geräte sind in ihren Fähigkeiten meist limitiert: Sie sind beispielsweise lediglich auf Kunststoff-Prototypen spezialisiert, können nur vergleichsweise kleine metallische Komponenten erzeugen oder zwar große, aber dafür eher weniger komplex geformte Bauteile mit anderen Fertigungsverfahren wie dem Auftragschweißen. Moderne 3D-Drucker wie die am Fraunhofer IWS mischen indes die Karten neu: Die neue Anlage kann per „Additive Manufacturing“ (AM) sogar Bauteile generieren, die bis zu 62 mal 62 mal 110 Zentimeter messen.

„Damit bietet diese Anlage ganz neue Möglichkeiten, selbst sehr große Bauteile mit komplexer Geometrie in hoher Qualität additiv zu fertigen“, erklärt Dr. Lukas Stepien, der am IWS die Gruppe für Pulverbettverfahren und Drucken leitet. „Damit eröffnet sie Einsatzchancen für den industriellen 3D-Druck in noch mehr Branchen und Anwendungen.“

Auch als Ersatzteil-Generator für Bauern interessant

Vorstellbar ist beispielsweise ein dezentrales Additive Manufacturing dort, wo oft neue Komponenten und Werkzeuge für kleine Losgrößen gebraucht werden oder Ersatzkomponenten nur schwer zu beschaffen sind. Interessant ist das unter anderem für den Automobilbau, die Luft- und Raumfahrt, die Energieanlagenwirtschaft und den Werkzeugbau. Derartige AM-Großanlagen können künftig auch die schnelle Ersatzteilbeschaffung für hochwertige Landmaschinen im Agrarsektor erleichtern.

Innovationszentrum für regionalen Strukturwandel entsteht in der Lausitz

Im Zuge von „Spreetec Next“ wollen die Projektpartner bis 2029 in der Lausitz ein Innovationszentrum etablieren, das den regionalen Strukturwandel stärkt. Das IWS Dresden bringt hier seine besondere Expertise in der additiven Fertigung, der Prozessentwicklung sowie der Werkstoff- und Bauteilanalytik ein. Die Brandenburger Uni widmet sich vor allem der Grundlagenforschung für die AM-Prozesse. Geplant ist, in der Lausitz dauerhaft ein gemeinsames Labor von Fraunhofer und BTU einzurichten, um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Das Team soll dann kleine und mittelständische Unternehmen aus der Transformationsregion beim Einsatz fortgeschrittener Technologien rund um die additive Fertigung beraten, Beschäftigte solcher Betriebe weiterbilden und das Wachstum eines industriellen Kerns für 3D-Druck in der Lausitz unterstützen.

Was ist „Spreetec Next“?

Das Verbundvorhaben „Neue Fertigungstechnologien für Komponenten und Systeme der dezentralen Energietechnik“ (Spreetec Next) zielt darauf, neue ressourcensparende Fertigungstechnologien für Komponenten und Systeme in der Energieerzeugung, -wandlung und -speicherung zur Praxisreife zu führen. Das können beispielsweise wasserstoffbetriebene Turbinen und Brennstoffzellen, Wärmetauscher oder hybride Photovoltaik- und Solarthermieanlagen sein. Auch neue Werkstoffe, Digitalisierungsansätze und Kreislauf-Prinzipien für diese Anwendungen stehen auf der Projektagenda.

Die Federführung hat die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) übernommen. Als Partner sind das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP aus Potsdam und das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS aus Dresden dabei. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das auf sieben Jahre angelegte Vorgaben mit 52,44 Millionen Euro.

Autor: hw

Quellen: IWS Dresden, Farsoon

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt