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Wasserstoff-Quoten für Busse, Bahnen und Taxen in Sachsen gefordert

Sächsische Unternehmen entwickeln derzeit eine Wasserstoff-Straßenbahn, die die Abwärme ihrer Brennstoffzelle besonders effizient verwertet. Grafik: Dall-E (KI-generiert)

Sächsische Unternehmen entwickeln derzeit eine Wasserstoff-Straßenbahn, die die Abwärme ihrer Brennstoffzelle besonders effizient verwertet. Nun fordern Branchenvertreter, dass der Staat solche H2-Verkehrsmittel per Quote oder Förderprogramme in die Praxis überführt, um einen Grundbedarf an Wasserstoff und Wasserstofftechnik in Sachsen zu sichern. Grafik: Dall-E (KI-generiert)

Hydro-Con in Dresden: Freistaat soll für H2-Grundnachfrage sorgen, damit aus Forschungsprojekten Euros werden

Dresden, 25. September 2023. Land und Kommunen in Sachsen sollten ähnlich wie in China Mindestquoten für brennstoffzellen-getriebene Busse, Taxen und Bahnen festlegen, damit die Wasserstoff-Branche im Freistaat aus der Forschungs- und Pilotphase endlich in die breite kommerzielle Nutzung starten kann. Das haben Unternehmer und Forscher im Vorfeld der „Clean Hydrogen Convention“ in Dresden gefordert.

„Alles noch sehr forschungslastig“

„In Sachsen passiert zwar viel rund ums Thema Wasserstoff. Aber das ist alles noch sehr forschungslastig. Was wir brauchen, ist eine stärkere Kommerzialisierung“, erklärte Geschäftsführer Jörg Lässig vom Chemnitzer Maschinenbau-Unternehmen „Sitec Industrietechnologie“, das unter anderem auch Bipolarplatten für Brennstoffzellen und Elektrolyseure herstellt. „Wenn Sachsen da nicht bald ein paar Weichen stellt, besteht die Gefahr, dass das Thema Wasserstoff an uns vorbeizieht.“

Dr.-Ing. Teja Roch vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) zeigt in Dresden die neuartigen Bipolarplatten für Brennstoffzellen-Lasterantriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Dr.-Ing. Teja Roch vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) zeigt in Dresden neuartige Bipolarplatten für Brennstoffzellen-Lasterantriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Wichtig sei es daher, dass die Wirtschaftspolitiker im Land für eine Art Grundbedarf an Wasserstoff (H2) und Wasserstofftechnik sorgen. Daraus könne sich einerseits dann eine H2-Versorgungsinfrastruktur entwickeln, anderseits sorge dies dann sicher auch für größere Serien bei Zulieferern wie Sitec.

Prof. Thomas von Unwerth von der TU Chemnitz mit einer Visualisierung des entstehenden Wasserstoffzentrums im Hintergrund. Foto: Jacob Müller für die TUC

Das Archivfoto zeigt Prof. Thomas von Unwerth von der TU Chemnitz. Foto: Jacob Müller für die TUC

„Müssen das Henne-Ei-Problem lösen“

Auch wenn der Sitec-Chef hier auch aus Eigeninteresse heraus argumentiert – im Kern sind das bedenkenswerte Vorschläge. Von daher schließt sich auch Prof. Thomas von Unwerth von der TU Chemnitz, der zugleich Vorstandsvorsitzender des sächsischen Wasserstoffvereins „Hzwo“ ist, diesen Forderungen aus der Industrie an: „Wir müssen das Henne-Ei-Problem lösen und das kann durch einen politisch erzeugten Grundbedarf an Wasserstoff durchaus gelingen.“ Denn dann würden auch die Wasserstoff-Tankstellen und anderen Infrastrukturen in Sachsen entstehen, die dann wiederum neue Anwendungen ermöglichen. Denn eben das meint von Unwerth mit dem Henne-Ei-Problem: Solange umweltfreundlich erzeugter Wasserstoff zwar politisch gewollt, aber kaum verfügbar – und zudem noch recht teuer – ist, zögern die Unternehmen mit aufwendigen Investitionen in Wasserstoffprojekte, sei es nun für ihre Energieversorgung, Rohstoffversorgung oder Mobilität. Ohne konkrete Nachfrage wiederum werden aber nur wenige Elektrolyseure gebaut oder H2-Leitungen gelegt.

Von China lernen heißt siegen lernen?

Von Unwerth wie auch Lässig verweisen auf Länder wie China, Japan und Südkorea, wo der Staat für solche Grundbedarfe sorge – etwa durch die erwähnten Mindestquoten für Busflotten-Betreiber oder Taxis-Unternehmen, wieviele ihrer Fahrzeuge mindestens elektrisch oder eben durch Wasserstoff angetrieben werden müssen. Und dies gelte nicht nur für Asien: „Mittlerweile sind in London, Berlin, Paris, Madrid und anderswo in Europa bereits Hunderte Wasserstoff-Busse unterwegs“, betont von Unwerth. Daher könne es auch in Sachsen sinnvoll sein, mit solchen Instrumenten zu arbeiten. „Da kann ich mir zum Beispiel gut eine Wasserstoff-Bahn zwischen Leipzig und Chemnitz oder eine Wasserstoff-Straßenbahn in Görlitz vorstellen.“ Zur Erinnerung: Es gibt bereits mindestens ein sächsisches Konsortium, die solche Wasserstoff-Straßenbahnen entwickelt.

Wasserstoff-Leitung im BMW-Werk Leipzig. Foto: BMW

Bisher gibt es erst vereinzelte Wasserstoff-Leitungen in Sachsen wie hier im BMW-Werk Leipzig. Foto: BMW

Feilschen um Anschlüsse ans geplante H2-Kernnetz

Derzeit bemüht sich Sachsen vor allem, direkte Anschlüsse an das geplante deutsche Wasserstoff-Kernnetz zu bekommen, das bis 2032 realisiert werden soll. Letztlich entscheidet die Bundesnetzagentur über Trassenverläufe und Ausspeisungspunkte – wobei der regional absehbare Bedarf eine wichtige Rolle spielen wird.

Hydro-Tagung in Dresden

Über diese und weitere Fragen zur Zukunft der ostdeutschen Wasserstoffwirtschaft wollen Branchenvertreter, Politiker und Forscher heute und morgen während der „Clean Hydrogen Convention“ in der Messe Dresden diskutieren. Auf der Agenda stehen unter anderem neue Technologien, Materialien und automatisierte Fertigungsverfahren für Brennstoffzellen und Elektrolyseure, aber auch mögliche Geschäftsfelder und Förderansätze in der wachsenden Wasserstoffwirtschaft sowie Kooperationen mit den polnischen Nachbarn. Zudem stellen Akteure aus der Lausitz ihre H2-Projekte vor, die der Region neue Perspektiven für die Zeit nach der Braunkohle eröffnen sollen. Dazu gehören beispielsweise ein Wasserstoff-Referenzkraftwerk sowie die Kraftstoff-Synthese im Industriepark Schwarze Pumpe oder auch das „Hydrogen Lab Görlitz“. Begleitend dazu gibt es eine Messe für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien aus.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Hzwo e. V., TUC, Sitec, Bundeswirtschaftsministerium, FNB-Gas, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt