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Autochipfirma baut in Dresden weiter aus

Der scheidende und der neue Chef: Klaus Hermann (links) und Peter Gulden im Indie-Labor an der Zeppelinstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Der scheidende und der neue Chef: Klaus Hermann (links) und Peter Gulden im Indie-Labor an der Zeppelinstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Neue Labore ausgerüstet – weitere Millioneninvestitionen steht auf der Agenda

Dresden, 30. August 2023. Das Auto-Chipunternehmen „Indie“ will seinen Dresdner Standort weiter ausbauen. Das haben Klaus Hermann und Peter Gulden – der scheidende und der neue Chef von Indie Deutschland – heute angekündigt. Die geplanten Investitionen sollen den Chipentwurf und das Schaltkreis-Testzentrum in der sächsischen Landeshauptstadt stärken.

Drei Millionen Euro für Schaltkreis-Prüfzentrum

Demnach möchten die Mikroelektroniker demnächst weitere drei Millionen Euro in neue Prüf- und Testtechnik für Automobil-, Industrie- und Radarschaltkreise stecken, wenn die kalifornische Konzernmutter zustimmt. Außerdem ist geplant, die Belegschaft in Dresden binnen anderthalb Jahren von derzeit 35 auf dann rund 50 Chipdesigner, Qualitätsingenieure und andere Spezialisten auszubauen. „Damit wäre dann eine gewisse kritische Masse für die langfristige Entwicklung des Standorts erreicht“, ist Hermann überzeugt.

Der Robolab von Robotron im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Robolab von Robotron im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee. Foto: Heiko Weckbrodt

Erst Gast bei Robotron, dann bei Ardenne

Der Physiker und Halbleiter-Experte Klaus Hermann hatte das Dresdner Chip-Entwicklungs- und Prüfzentrum 2020 als Tochterunternehmung der US-Autoelektronikfirma „Indie Semiconductor“ gegründet. Was mit einem Mini-Team im Robotron-Inkubator „Robolab“ begann, nimmt inzwischen immer größere Dimensionen an: Ab Herbst 2021 zog Indie Deutschland in größere Büros im Waldschlösschenareal um und mietete bei „Ardenne“ rund 120 Quadratmeter Laborfläche an der Plattleite auf dem Weißen Hirsch an. Weitere 60 Quadratmeter Labore hat sich das Unternehmen in diesem Sommer gleich nebenan an der Zeppelinstraße gesichert. In Summe investierte die Firma allein in die Labor-Ausrüstungen rund drei Millionen Euro.

Teststation in einem Indie-Labor auf dem Weißen Hirsch in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Teststation in einem Indie-Labor auf dem Weißen Hirsch in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Neben Schaltkreis-Entwurf spielt Testzentrum einen wachsende Rolle

Die Hauptgründe dafür: Gründer Hermann – der einst an der hiesigen Uni Physik studiert hatte – hält viel vom Hightech-Standort Dresden. Vor allem aber sind sowohl die Belegschaft wie auch die Aufgaben in den vergangenen drei Jahren deutlich gewachsen. Einerseits entwirft das Dresdner Team die kundenspezifischen Autoschaltkreise – sogenannte Asics – für sämtliche Indie-Kunden in Europa.

Testingenieure heizen den Autochips im Zeitraffertempo ein

Anderseits hat das Unternehmen in der sächsischen Landeshauptstadt ein anspruchsvolles Test- und Prüfzentrum aufgebaut, das sämtliche Chips der gesamten Indie-Gruppe auf Herz und Nieren kontrolliert: Mit speziellen Öfen, Analysekammern, Messtechnik und Chemielaboren testet das Team hier, wieviel Hitze die neuesten Indie-Schaltkreise aushalten, wie zuverlässig sie funktionieren, wieviel Energie sie verbrauchen oder warum sie versagt haben, wenn doch mal etwas schiefgelaufen ist. Die bereits erwähnten neuen Millioneninvestitionen sollen in neue Test-Geräte fließen, um die besondere Qualitätskontroll-Expertise von Indie Dresden weiter auszubauen.

Radarchip-Firmen in München und Frankfurt/Oder übernommen

Nicht zuletzt hat die deutsche Tochter inzwischen selbst Töchter und Enkelinnen bekommen: 2022 übernahm Indie Deutschland die Radarchip-Firma Symeo mit 67 Mitarbeitern. Und die kaufte wiederum die 40-köpfige Elektronikfirma „Silicon Radar“ auf, deren Wurzeln letztlich bis zum VEB Halbleiterwerk Frankfurt/Oder zurückreichen. Geleitet wird dieses neuen Technologie-Konglomerat von Dresden aus.

Mikroelektronik-Senior freut sich schon sehr auf … Langeweile

Und hier in der sächsischen Landeshauptstadt steht wiederum gerade eine Staffelstab-Übergabe an: Gründer Hermann ist mittlerweile 68 Jahre alt und will künftig mehr Zeit mit seinen Enkeln verbringen. „Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn ich ruhig schlafen kann und das erste Mal seit langer Zeit wieder mal Langeweile haben“, verrät der Mikroelektronik-Senior mit einem Augenzwinkern.

Nachfolger Peter Gulden hat dicke Bretter zu bohren

Sein Nachfolger Peter Gulden ist studierter Elektrotechnik-Ingenieur und erst 51 Jahre alt und war war zuletzt Symeo-Geschäftsführer. Als neuer Chef von Indie Deutschland wird er sicher keine Langeweile haben: Millioneninvestitionen müssen vorbereitet, fähige Köpfe für die Ausbaupläne gefunden werden. Wohl bald wird auch die Suche nach einem noch größeren Domizil für Indie in Dresden auf Guldens Agenda stehen. Und nicht zuletzt muss er für all dies die Ressourcen bei der Muttergesellschaft in Kalifornien locker machen. Denn bei den Amerikanern gilt das selbe Prinzip wie in der Weltwirtschaft im Ganzen: Nur die besten Standorte, die immer am technologischen Ball bleiben, setzen sich beim Wettstreit um Investitionsmittel und Aufstieg oder Stagnation und Abstieg durch.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Auskünfte Hermann und Gulden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt