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Mobiler Neuro-Rückkoppler für ADHS-Patienten entwickelt

Elektroden, die am Kopf angeheftet werden, messen die Hirnaktivitäten der jungen Patienten, die Aufmerksamkeits-Störungen haben. Wenn sie sich richtig konzentrieren, können sie das hirnstrom-gesteuerte Autorennspiel gewinnen. Foto: Uniklinik Dresden

Die stationäre Variante der Neurofeedback-Therapie setzt das Uniklinikum Dresden bereits seit fast zehn Jahren ein: Elektroden, die am Kopf angeheftet werden, messen die Hirnaktivitäten der jungen Patienten, die Aufmerksamkeits-Störungen haben. Wenn sie sich richtig konzentrieren, können sie das hirnstrom-gesteuerte Autorennspiel gewinnen. Nun haben Mediziner und Ingenieure aus Dresden eine mobile Heimversion entwickelt. Foto: Uniklinik Dresden

Konsortium aus Sachsen sieht neue Chancen für Tele-Therapie auf dem Lande

Dresden, 20. Juli 2023. Um Kindern und Jugendlichen mit starken Konzentrationsproblemen auch auf dem Lande besser helfen zu können, haben Mediziner und Ingenieure aus Dresden ein Neurofeedback-Übungsgerät für den Heimgebrauch entwickelt: das „Neurofeedbacksystem zur digitalen Therapie der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) in Heimanwendung“. Das geht einer Mitteilung des Carus-Consiliums Sachsen (CCS) hervor.

Spezialbox mit EEG-Haube und Tablet gekoppelt

Dieses „Nefah“ besteht aus seiner speziellen Box, einem Tablettrechner für Konzentrationsübungen, einer EEG-Haube, die die Gehirnströme der jungen Patienten bei den Spielen misst, sowie einer App, die die Fortschritte der Kiner und Jugendlichen auswertet und dokumentiert. Diese Daten überträgt die Box dann an die Therapeuten im zuständigen Krankenhaus.

Prof. Christian Beste hat das neurofeedback am Uniklinikum etabliert. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Christian Beste hat das neurofeedback am Uniklinikum etabliert. Foto: Heiko Weckbrodt

System soll für rasche Therapie-Angebote auch in Dörfern sorgen

„Mit der innovativen, telemedizinischen Lösung haben wir nun die Möglichkeit, mehr Betroffenen von ADHS schneller eine Therapie zur Verfügung zu stellen“, betont Prof. Christian Beste, der Leiter der Arbeitsgruppe „Kognitive Neurophysiologie“ im Uniklinikum Dresden. „Gleichzeitig erlangen wir die Chance, die Grundversorgung von Betroffenen im ländlichen Raum zu sichern.“

Uniklinik Dresden setzt stationäre Neurofeedback-Therapie seit 2014 ein

Das Uniklinikum Dresden setzt bereits seit 2014 die „Neurofeedback“-Therapie ein, um junge Patienten mit Aufmerksamkeitsstörungen zu behandeln. Dabei sitzen die Kinder an einem PC, während Sensoren ihre Hirnströme messen. Mit ihren Hirnsignalen können sie dann zum Beispiel ein Auto in einem Computerspiel steuern. Das soll ihnen helfen, sich zu konzentrieren.

Prototyp ist nun fertig

Allerdings stehen nur wenige Neurofeedback-Therapieplätze zur Verfügung – und die befinden sich eben in der Stadt und nicht auf dem Lande. Deshalb haben sich das Carus-Consilum, die Uniklinik Dresden sowie die Dresdner Unternehmen Medicalsyn und Teleconnect zusammengetan. Sie entwickelten ein mobiles Gerät, das solche Hirnsigal-Rückkoppel-Therapien auch daheim erlaubt – zum Beispiel eben in Dörfern, die weit vom Uniklinikum entfernt sind. Ein Prototyp ist nun fertig und kann durch durchgetestet werden. Die Projektpartner hoffen, für diese telemedizinische Innovation bald eine klinische Zulassung zu erwirken.

Schwerstkranke brauchen weiter direkte Therapie

Allerdings kann solch ein Gerät die existierenden Therapieformen nur ergänzen, nicht ersetzen, betonen die Mediziner: „Neurofeedback gibt Betroffenen die Möglichkeit, auch ohne Medikamente mit der Diagnose ADHS umzugehen“, erläutert Prof. Christian Beste. Dabei sei es aber wichtig zu betonen, „dass dies nicht das Allheilmittel ist. Neurofeedback erfordert eine gewisse Grundkonzentration und kann nicht bei Schwersterkrankten angewendet werden.“ Allerdings könne gerade das nun entwickelte Nefah-Gerät jenen helfen, die sich ein Leben ohne ständige Medikamenten-Einnahme wünschen.

System könnte auch jenseits von ADHS helfen

Und die Projektpartner sind überzeugt, dass das Potenzial des neuen Systems mit ADHS nicht erschöpft ist: „Die grundlegenden Prinzipien von Neurofeedback können auch bei Zwangsstörungen oder in der Neurologie, zum Beispiel bei der Schlaganfall-Rehabilitation, angewendet werden“, betonen sie.

Autor: hw

Quellen: Carus Consilium Sachsen, Medicalsyn, UKD

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt