News, Wirtschaft, zAufi

Tarifbindung schwindet in Ost wie West

Sachsens Hightech-Gründer leiden unter Risikokapital-Lücken. Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

IAB-Forscher: Nur noch 41 % der Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit Branchentarifvertrag

Nürnberg, 20. Juli 2023. Nur noch 41 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Betrieben, die zu einem Branchentarifvertrag gehören. Tendenz: weiter fallend. Das geht aus der jüngsten Betriebsumfrage des „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit“ (IAB) hervor.

Quote seit 1996 um 23 Prozentpunkte gesunken

Laut IAB-Angaben lag die Tarifbindung in Ostdeutschland im Jahr 2022 nur noch bei 33 Prozent und ist damit seit 1996 um 23 Prozentpunkte gesunken. In Westdeutschland fiel sie im selben Zeitraum um 26 Punkte auf 43 Prozent. Nach einer leichten Stabilisierung während der Corona-Krise hat sich der Abwärtstrend zuletzt auch wieder fortgesetzt.

„Die sinkende Tarifbindung ist weitestgehend auf den Rückgang der Branchentarifbindung in der Privatwirtschaft zurückzuführen“, berichtet IAB-Forscherin Susanne Kohaut. Behörden und andere öffentliche Arbeitgeber halten sich dagegen recht stabil an Tarifverträge.

Auch die betriebliche Mitbestimmung durch Betriebs- und Personalräte sei in Ost- und Westdeutschland rückläufig. „So arbeiteten in den Jahren 2021 und 2022 etwa 43 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat“, berichtet das Institut. Über 40 Prozent würden jedoch in Betrieben arbeiten, die weder tarifgebunden sind, noch über eine gesetzlich verankerte betriebliche Mitbestimmung verfügen. „Aus Sicht der Wissenschaft spricht einiges dafür, dass die betriebliche Mitbestimmung Vorteile mit sich bringt, gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Transformation und die Arbeits- und Fachkräftesicherung“, meint IAB-Forscher Christian Hohendanner. Betriebe mit Betriebsrat wiesen nach seinen Erhebungen im Durchschnitt eine höhere Produktivität auf, hätten weniger Personalfluktuation und böten höhere Löhne sowie mehr Arbeitszeitflexibilität.

Aber auch Beispiele gegen den Trend

Allerdings gibt es auch in Ostdeutschland Entwicklungen gegen den Trend. Beispiel: Die Chipfabrik von Globalfoundries in Dresden, die sich schon seit AMD-Zeiten immer wieder gegen Tarifverträge mit den Gewerkschaften gesperrt hatte, hat inzwischen einen Kurswechsel vollzogen und im April 2023 nun doch einen solchen Vertrag akzeptiert.

Quellen: IAB, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt