Vor allem Industrie sorgt dafür, dass BIP im Freistaat wohl „nur“ um 0,2 % sinkt
Dresden, 5. Juli 2023. Die sächsische Wirtschaft agiert in der derzeitigen Rezession etwas erfolgreicher als die Unternehmen im Rest von Ostdeutschland. Das geht aus der aktuellen Konjunkturprognose von Ifo Dresden hervor. Demnach schrumpft das Bruttoinlandsprodukt im Freistaat in diesem Jahr nur um moderate 0,2 Prozent, während die Wirtschaftsleistung in ganz in Ostdeutschland insgesamt um 0,4 Prozent schrumpft. Für 2024 sagen die Forscher dann wieder einen Zuwachs um 1,2 Prozent in Sachsen voraus.
Baugewerbe bleibt auf Talfahrt
Vor allem die Industrie steht in Sachsen recht robust da und wächst sogar um zwei Prozent. Dem stehen die schweren Einbrüche im Baugewerbe gegenüber, das in diesem Jahr um 2,3 % und im kommenden Jahr um 3,9 % schrumpfen dürfte. „Derzeit sehen wir eine gespaltene Konjunkturentwicklung“, schätzt Ifo-Dresden-Vize Prof. Joachim Ragnitz ein. „Die Industrie startete stark ins Jahr 2023. Hierfür verantwortlich ist unter anderem der Hochlauf der Produktion von Elektrofahrzeugen und anderen elektronischen Komponenten wie Batterien in einigen ostdeutschen Bundesländern.“ Bei den Dienstleistern mache sich hingegen die anhaltend hohe Inflation dämpfend bemerkbar. Und die Bauunternehmen kämpfen mit Bauprojekt-Stornierungen, wachsenden staatlichen Auflagen, steigenden Zinsen, Lohn- und Materialpreisen.
Mehr Kaufkraft und Investitionen für 2024 erwartet
Für das kommende Jahr seien dann wieder Wachstumsimpulse zu erwarten: Ragnitz rechnet mit weniger Inflation und – wegen hoher Lohnabschlüsse – mit wachsender Kaufkraft, die dann auch wieder Handel und Dienstleistungssektor in Sachsen und Ostdeutschland beleben dürften. Auch die Industrie könne mit mehr Aufträgen rechnen, wenn sich die Weltwirtschaft so wie erwartet im kommenden Jahr erholt und neue Investitionen anstehen. Mit einem Umschwung im Baugewerbe rechnet der Ökonom hingegen vorerst nicht: Weder Zinsen noch Baukosten dürften auf absehbare Zeit wieder sinken.
„Höhepunkt der Erwerbstätigkeit erreicht“
Einen langfristigen Abwärtstrend sehen die Analysten auch am Arbeitsmarkt: Sie rechnen zwar nicht unbedingt mit höheren Arbeitslosenquoten, aber weniger besetzten Stellen. Gründe sind der demografische Wandel und der wachsenden Fachkäftemangel. Dies dürfte sich zunehmend auch als Wachstumsbremse herauskristallieren. „Sachsen und Ostdeutschland haben den Höhepunkt der Erwerbstätigkeit erreicht“, ist Ragnitz überzeugt. Anders ausgedrückt: Von nun an geht’s bergab.
Ökonom sieht Sachsens Fachkräfte-Akquise im Ausland skeptisch
Dass Sachsen durch seine Fachkräfte-Akquise im Ausland dieses Problem lösen kann, glaubt der Wirtschaftsforscher eher nicht: „Ich bin pessimistisch, dass es gelingen wird, die erwünschte Zuwanderung nach Sachsen zu organisieren“, unkt Ragwitz. Auswege aus dem Arbeitskräfte-Dilemma sieht er eher in Digitalisierung und Automatisierung. „Sinnvoller wäre es wahrscheinlich, die Unternehmen hier dazu zu befähigen, mit weniger Leuten auszukommen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Ifo Dresden
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