News, Wasserstoffwirtschaft, zAufi

Heiße Wasserspalter nähern sich langsam der Megawatt-Klasse

Hochtemperatur-Elektrolyseur von Sunfire Dresden. Foto: Sunfire

Hochtemperatur-Elektrolyseur von Sunfire Dresden. Foto: Sunfire

Sunfire Dresden nimmt Hochtemperatur-Elektrolyseur mit 220 Kilowatt in Betrieb

Dresden, 7. Februar 2023. Ökostrom-Spitzen aus Solar- oder Windkraftwerken in Form von Wasserstoff zu puffern und bei Bedarf später wieder zu verstromen, klingt eigentlich nach einer guten Idee. In der Praxis allerdings kommen ältere Elektrolyseure und Brennstoffzellen oft auf nur Wirkungsgrade um die 60 Prozent, was für die gesamte Kette heißt: Bis zur Rückverstromung gehen hier bis zu zwei Drittel des eingesetzten Stroms verloren. „Sunfire“ aus Dresden hat nun einen Hochtemperatur-Elektrolyseur in Betrieb genommen, der auf über 85 Prozent elektrischen Wirkungsgrad kommt. Das hat das Dresdner Technologie-Unternehmen heute mitgeteilt.

85 % Wirkungsgrad: Rückverstromung soll weniger Strom verplempern

Die Vorteile liegen auf der Hand: Kommen ähnlich effiziente Brennstoffzellen hinzu, könnte dies den Gesamtwirkungsgrad der Pufferkette auf über 70 Prozent hochtreiben. Zudem kann solch ein Elektrolyseur in einem Zuge gleich noch Synthese-Gas herstellen und damit einen wichtigen Ausgangsstoff für Synthese-Kerosin, -Diesel und andere elektrisch erzeugte Kraftstoffe. Ein besonderer ökologischer Nutzen würde sich ergeben, wenn das dafür benötigte Kohlendioxid zuvor aus der Luft oder aus Industrieabgasen abgeschieden werden würde.

Karlsruher wollen 200 Synthese-Sprit pro Tag erzeugen

Noch ist die Hochtemperatur-Technologie zwar nicht massentauglich, bis hin zu den benötigten Megawatt-Elektrolyseuren ist einige Entwicklungsarbeit zu leisten: Weil der Prozess hier bei über 850 Grad abläuft, sind besonders hitzeresistente und langzeitstabile Materialien sowie ein ausgeklügeltes Betriebsregime notwendig, damit solch ein Hochtemperatur-Elektrolyseur jahrelang durchhält. Die Werkabnahme („Factory Acceptance Test“) für die jüngste Sunfire-Anlage ist aber schon ein wichtiger Schritt hin zum Serieneinsatz dieser Technologie: Funktionierten ursprünglich nur leistungsschwache Prototypen der 10-Kilowatt-Klasse bei solch heißen Wasserspalt- und Synthese-Prozessen, kommt die neue Anlage immerhin auf 220 Kilowatt. Sunfire liefert diesen Elektrolyseur an das „KarIsruher Institut für Technologie“ (KIT), damit die Forscher ihn dort in eine komplexere Anlage integrieren können, die auch flüssige Energieträger herstellt. „Die Projektpartner haben sich zum Ziel gesetzt, im Rahmen mehrerer Kampagnen mit der integrierten Anlage etwa 200 Liter synthetischen Kraftstoff pro Tag zu produzieren“, kündigte Sunfire an.

Kopernikus-Projekt ziel auf stoffliche Ökostrom-Verwertung

Die Ingenieure aus Dresden und aus Karlsruhe gehören zu den Partnern des „Kopernikus“-Projektes. Dieses vom Bundesforschungsministerium geförderte Vorhaben zielt darauf, möglichst mit einheimischen Ausgangsmaterialien Wege zu finden, die schwankenden Stromerträge aus Solar- und Windanlagen hocheffizient in Wasser-, Kunst- und Kraftstoff zu transformieren. Neudeutsch werden solche Prozesse als Power to X beziehungsweise P2X abgekürzt, wobei „X“ hier für Synthesegas, künstlichen Flüssigtreibstoff, Wachs oder andere Stoffe steht.

Die Pilotanlage von Sunfire in Dresden-Reick hat mit der Dieselproduktion aus Luft, Wasser und Ökostrom begonnen. Foto: Sunfire/ Cleantech Media

Die Pilotanlage von Sunfire in Dresden-Reick kann Diesel aus CO2, Wasser und Ökostrom herstellen. Foto: Sunfire/ Cleantech Media

Heiß oder alkalisch: Sunfire ist auf zwei Pfaden unterwegs

Sunfire selbst arbeitet schon seit Jahren an Hochtemperatur-Elektrolyseuren. Das Unternehmen hat selbst auch schon in Dresden eine Pilotanlage gebaut, die aus Ökostrom, Wasser und Kohlendioxid Synthese-Diesel herstellen kann. Seit einiger Zeit verfolgt das Unternehmen aber parallel dazu einen zweiten Technologiepfad, um Wasserstoff aus Wasser abzuspalten. Dafür haben die Dresdner ein Schweizer Unternehmen gekauft, das auf die älteren, bewährten und relativ preiswerten, allerdings auch nicht ganz so effizienten Alkali-Elektrolyseure spezialisiert ist. Mit diesen Alkali-Anlagen realisiert Sunfire die meisten seiner Großaufträge und Umsätze.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Sunfire, BMBF, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt